Patientensicherheit: Notaufnahme: Vermeidung unnötiger Katheterisierung

10.10.2014 | Service

Erhebliche Verhaltensänderungen bei unangemessenen Katheterisierungen in der Notaufnahme können mit einigen Maßnahmen wie etwa der Schulung der Mitarbeitenden in relativ kurzer Zeit erzielt werden. Damit befasst sich das aktuelle von der Schweizer Stiftung für Patientensicherheit erstellte „Paper of the Month“.

Fakih et al. berichten in ihrer Studie (Annals of Emergency Medicine 2014; Vol. 63, Nr. 6, 761-768) von einem Qualitätsprojekt, bei dem die Rate von unangemessenen Katheterisierungen in der Notaufnahme reduziert und der Anteil der ärztlichen Verordnungen für die Katheterisierung erhöht werden sollte. In der sieben Monate dauernden Beobachtungszeit in 18 Notfallaufnahmen in den USA wurden mehr als 13.000 Patienten in die Studie aufgenommen. In den vier Projektphasen wurden auch die Daten erhoben:

  1. Baseline (sieben Tage): Hier wurde ohne Intervention der Status quo der bei eintretenden Patienten neu gelegten Harnkatheter erhoben.
  2. Präimplementierung (sieben Tage): Anpassung der offiziellen Guidelines an lokale Verhältnisse und Training der Mitarbeitenden (Pflege und Ärzte)
  3. Implementierung (14 Tage): In dieser Zeit wurde das Personal kontinuierlich über angemessene Indikationen sowie richtige Techniken zur Katheterisierung geschult. Datenerhebung hinsichtlich Katheterisierung, Indikationen sowie der ärztlichen Verordnungen.
  4. Postimplementierung (sechs Monate): Die kontinuierliche Schulung wurde ergänzt um regelmäßiges Daten- Feedback zur Rate unangemessener Katheterisierungen. Während dieser Phase wurden an jeweils einem Tag im Monat die notwendigen Daten erhoben, um die Nachhaltigkeit der Intervention zu bestimmen.

Entsprechendes Material für die Implementierung und Schulung wurde zur Verfügung gestellt. In jeder Notaufnahme wurden weiters für die Schulung und Implementierung verantwortliche Ärzte und Pflegefachpersonen benannt, sogenannte „Champions“.

Ergebnisse

Vor der Intervention (baseline) wurde bei 9,1 Prozent der über die Notaufnahme eingetretenen Patienten ein Harnkatheter gelegt: 74 Prozent davon mit angemessener Indikation und 86,4 Prozent mit ärztlicher Verordnung. In der Postimplementierungsphase wurde bei 5,4 Prozent der Patienten ein neuer Harnkatheter gelegt (Reduktion zur baseline: 3,76 Patienten). 92 Prozent davon hatten eine angemessene Indikation und 88 Prozent eine ärztliche Verordnung. Eine signifikante Reduktion der Katheterisierungsraten konnte in kleinen, mittleren und großen Spitälern beobachtet werden. Spitäler, in denen die Rate der Katheterisierungen bereits zu Beginn unter fünf Prozent lag, erzielten keine Reduktionen.

Die Studie zeigt, dass durch die lokale Adaption von nationalen Guidelines, die Bezeichnung von internen „Botschaftern“ (Champions) und die Schulung der Mitarbeitenden erhebliche Verhaltensänderungen in der Praxis der unangemessenen Anwendungen von Harnkathetern bereits in der Notaufnahme erzielt werden können. Beeindruckend ist insbesondere, wie groß der in relativ kurzer Zeit erzielte Effekt ist. Die langfristige Nachhaltigkeit muss allerdings noch untersucht werden. Es wurde auch nicht erhoben, ob die Häufigkeit von unangemessenen Katheterisierungen auf den Stationen im Vergleich stieg und ob die Häufigkeit von unerwünschten Ereignissen reduziert werden konnte.

Gleichwohl zeigt die Studie, dass es sinnvoll ist, dem Problem des Einsatzes von Harnkathetern ohne Indikation bereits auf der Notaufnahme zu begegnen, da viele hier gelegte Katheter häufig auf den Stationen beibehalten werden, oft über einen unvertretbaren Zeitraum mit steigendem Risiko für Infektionen und andere unerwünschte Ereignisse. Selbstverständlich muss weiterhin auch auf den peripheren Stationen und in Pflegeeinrichtungen die Notwendigkeit von neu zu legenden oder bereits liegenden Kathetern regelmäßig kritisch geprüft werden.

Quelle: Schweizer Stiftung für Patientensicherheit/
Prof. Dr. David Schwappach
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24656760

Weitere Beiträge aus der Reihe „Paper of the Month“ gibt es unter www.cirsmedical.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2014