Styriamed.net: Pri­mary Health Care auf Steirisch

25.05.2014 | Politik


Als stei­ri­sche Ant­wort auf die im Zuge der Gesund­heits­re­form geplan­ten Pri­mary Health Care-Zen­tren bezeich­net Chris­toph Schweig­ho­fer, trei­bende Kraft hin­ter Styriamed.net, das Pro­jekt. Fast 200 Ärzte und sechs Kran­ken­häu­ser koope­rie­ren in fünf regio­na­len Netz­wer­ken in der Stei­er­mark; die Aus­wei­tung schrei­tet voran.
Von Marion Huber

Wie Koope­ra­tion im Gesund­heits­we­sen zum Nut­zen der Pati­en­ten gelebt wer­den kann, zeigt Styriamed.net: ein Netz­werk aus Ärz­ten und Kran­ken­häu­sern in der Stei­er­mark, das seit mitt­ler­weile fünf Jah­ren funk­tio­niert – und immer wei­ter wächst. Der Leit­satz: „Inter­es­sierte und qua­li­fi­zierte nie­der­ge­las­sene Ärzte und Spi­tä­ler zu ver­bin­den“ und so eine Ver­bes­se­rung der Zusam­men­ar­beit im ambu­lan­ten Bereich sowie eine Stär­kung der Koope­ra­tion aller Part­ner im Gesund­heits­sys­tem zu errei­chen. Dass das gelun­gen ist, berich­tet Jörg Garz­a­rolli, Obmann der Kurie Nie­der­ge­las­sene Ärzte der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark: „Fünf Jahre nach Start des Pro­jekts sind heute fast 200 Ärzte und sechs Kran­ken­häu­ser Teil der Erfolgsgeschichte.“

Begon­nen hat alles im Jahr 2009: Auf Initia­tive der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark hin wur­den regio­nale Ärz­te­ver­bünde gegrün­det; zunächst in den Bezir­ken Hart­berg und Leib­nitz. „Ent­stan­den ist die Idee aus dem Bedürf­nis her­aus, vom Ein­zel­kämp­fer im nie­der­ge­las­se­nen Bereich zu einer vir­tu­el­len Gemein­schafts­pra­xis zu wer­den“, schil­dert Chris­toph Schweig­ho­fer, Obmann-Stell­ver­tre­ter der Kurie Nie­der­ge­las­sene Ärzte und zustän­di­ger Refe­rent in der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark, die Anfänge.

Heute sind es schon fünf Regio­nen – Hart­berg-Fürs­ten­feld, Leib­nitz, Leo­ben, Weiz und Bruck an der Mur –, in denen Ärzte und Spi­tä­ler in Netz­wer­ken ihre Ter­mine, Öff­nungs­zei­ten und Befunde unter­ein­an­der koor­di­nie­ren. Und damit nicht genug: Mit wei­te­ren Regio­nen bezie­hungs­weise deren Bezirks­ärz­te­ver­tre­tern lau­fen zur­zeit Gesprä­che. Garz­a­rolli dazu: „Der­zeit fin­den Son­die­rungs­ge­sprä­che mit drei wei­te­ren Regio­nen statt, die Inter­esse an einer Ver­bund­grün­dung bekun­det haben.“ Ziel von Schweig­ho­fer: das Pro­jekt auf die ganze Stei­er­mark auszurollen.

Von­sei­ten der Kran­ken­häu­ser sind in Hart­berg das Lan­des­kran­ken­haus Hart­berg und das Mari­en­kran­ken­haus Vorau Mit­glie­der des regio­na­len Ärz­te­ver­bunds; in Leib­nitz nimmt das Lan­des­kran­ken­haus Wagna teil; in Leo­ben, in Weiz und im Bezirk Bruck an der Mur die jewei­li­gen Lan­des­kran­ken­häu­ser. Die 186 nie­der­ge­las­se­nen Ärzte in den Ver­bün­den decken ins­ge­samt 15 Fach­rich­tun­gen ab: von der All­ge­mein­me­di­zin über Innere Medi­zin bis zur Uro­lo­gie. Dem Netz­werk Hart­berg- Fürs­ten­feld gehö­ren 44 Ärzte an, in Bruck sind es 28, in Leib­nitz 37 sowie 42 in Leo­ben und 35 in Weiz.

Nicht nur, dass sich das Netz­werk Styriamed.net immer wei­ter aus­brei­tet, auch der Sta­tus der ein­zel­nen Ver­bünde ent­wi­ckelt sich: Mit Hart­berg-Fürs­ten­feld und Weiz (seit April 2014) sind zwei der Regio­nen bereits eigen­stän­dige Ver­eine, die Koope­ra­ti­ons­ver­träge mit der Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark geschlos­sen haben. Dabei ver­bin­den die Netz­werke nie­der­ge­las­sene Fach­ärzte und All­ge­mein­me­di­zi­ner, Kas­sen­ärzte und Wahl­ärzte sowie Kran­ken­häu­ser. Grund­sätz­lich sol­len mit­tel­fris­tig auch andere medi­zi­ni­sche Berufs­grup­pen ein­be­zo­gen wer­den, wie Garz­a­rolli erklärt. Die „Zukunfts­vi­sion“ von Schweig­ho­fer geht noch wei­ter: Styriamed.net soll ein­mal eine soge­nannte „Com­mu­nity of Prac­tice“ wer­den, ähn­lich wie im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Raum. In die­ser „Com­mu­nity of Prac­tice“ seien alle ein­ge­bun­den, die im Gesund­heits­be­reich Exper­ten sind, „aber immer unter der Füh­rung der Ärzte“, wie Schweig­ho­fer betont.

Anfäng­li­che Skepsis

Wie allem Unbe­kann­ten sei man aber auch dem Pro­jekt Styriamed.net zunächst skep­tisch gegen­über gestan­den, wie Schweig­ho­fer schil­dert. Befürch­tun­gen der Ärzte hätte es vor allem dahin­ge­hend gege­ben, sich durch die Auf­nah­me­kri­te­rien für das Netz­werk zusätz­lich Arbeit auf­zu­bür­den. „Das haben wir jetzt noch ein­mal ent­schärft, denn das soll kein Hin­de­rungs­grund für die Kol­le­gen sein, bei­zu­tre­ten“, so der zustän­dige Referent.

Zwar ist jeder Arzt in den Regio­nen will­kom­men, ein Teil der Netz­werke zu sein – er muss dafür aber gewisse Kri­te­rien erfül­len. Dazu zäh­len etwa das ÖÄK-Fort­bil­dungs­di­plom ebenso wie das Eva­lu­ie­rungs­zer­ti­fi­kat der ÖQMed sowie eine schul­me­di­zi­nisch geführte Pra­xis bezie­hungs­weise eine alter­na­tiv­me­dizi-nische Pra­xis mit ÖÄK-Diplom. Tech­nisch müs­sen eine elek­tro­ni­sche Befund­über­mitt­lung, eine eigene und regel­mä­ßig ein­ge­se­hene E‑Mail-Adresse der Ordi­na­tion sowie eine Hot­line für „Styriamed.net“-Mitglieder gege­ben sein. Vor­aus­set­zung ist auch die Bereit­schaft, Öff­nungs­zei­ten und Urlaube mit Kol­le­gen zu koordinieren.

Was Styriamed.net aus­macht? „Eine sehr viel bes­sere Kom­mu­ni­ka­tion unter den Teil­neh­mern und ein dadurch opti­mier­ter Ser­vice für die Pati­en­ten“, nennt Garz­a­rolli als die bei­den Grund­steine des Erfolgs. Außer­dem erge­ben sich dadurch Syn­er­gie­ef­fekte für Ärzte und teil­weise auch Aus­la­ge­run­gen aus dem Kran­ken­haus. Nicht zuletzt sorgt die Zusam­men­ar­beit in den Ver­bün­den für ein bes­se­res Ver­ständ­nis des nie­der­ge­las­se­nen Bereichs für das Spi­tal – und umge­kehrt. Für den stei­ri­schen Kuri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte ist Sty­ria­med. net damit vor allem eines: „ein abso­lu­tes Vor­bild in Sachen Koope­ra­tion“. Im Mit­tel­punkt des Netz­werks steht dabei immer der Haus­arzt, wie Schweig­ho­fer ergänzt, denn „bei ihm lau­fen alle Fäden zusam­men“. Er sieht Styriamed.net als „stei­ri­sche Ant­wort“ auf das mit der Gesund­heits­re­form geplante Modell der Pri­mary Health Care: „Wir leben seit fünf Jah­ren das, was der Haupt­ver­band jetzt for­dert – und das sogar auf einem höhe­ren Niveau.“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 10 /​25.05.2014