Richard Piaty – eine Erin­ne­rung: Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer 1974 – 1986

10.09.2014 | Politik


Richard Piaty wurde am 24. Sep­tem­ber 1927 in Wien gebo­ren. Nach einer schwie­ri­gen Kind­heit im Bur­gen­land stu­dierte Richard Piaty an den Uni­ver­si­tä­ten Wien und Graz Medi­zin und wurde 1954 zum Dok­tor der gesam­ten Heil­kunde pro­mo­viert. Nach der medi­zi­ni­schen Aus­bil­dung im Kran­ken­haus der Barm­her­zi­gen Brü­der in Eisen­stadt und im Lan­des­kran­ken­haus Graz ging Dr. Richard Piaty an das Kran­ken­haus Fürs­ten­feld, wo er Pri­ma­rius der Inter­nen Abtei­lung und schließ­lich auch Direk­tor die­ses Kran­ken­hau­ses wurde. 1992 ging Pri­ma­rius Piaty in Pension.

Seine poli­ti­sche Lauf­bahn begann Richard Piaty als Vor­sit­zen­der der Hoch­schü­ler­schaft der Uni­ver­si­tät Graz. 1962 – mit 35 Jah­ren – wurde Dr. Piaty Prä­si­dent der Stei­ri­schen Ärz­te­kam­mer. Diese Funk­tion hatte er bis 1989 – also 27 Jahre – inne. Von 1974 bis 1986 war Prim. Piaty Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer. Prä­si­dent a.D. Prim. Dr. Richard Piaty ver­starb am 29. Juli 2014.

Soweit die Fakten.

Wer aber war Richard Piaty? Als lang­jäh­ri­ger Weg­ge­fährte Richard Pia­tys in der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer ver­su­che ich, dem Anspruch, eine Erin­ne­rung – kei­nen Nach­ruf! – zu schrei­ben, gerecht zu wer­den. Meine Erin­ne­run­gen sind natür­lich sub­jek­tiv, viel­leicht haben andere Men­schen Richard Piaty anders gese­hen – ich weiß es nicht.

Las­sen wir ihn vor­erst selbst zu Wort kommen:

Piaty über die Finan­zie­rung des öster­rei­chi­schen Gesund­heits­we­sens:
„Das erin­nert an die Geschichte von dem Zigeu­ner, der sei­nem Pferd das Fres­sen abge­wöh­nen wollte. Kurz vor Errei­chen des Ziels starb lei­der das Tier.“

Piaty über das Gesund­heits­mi­nis­te­rium und seine Kom­pe­ten­zen:
„Der Gesund­heits­mi­nis­ter sollte bes­ser ein Mar­ke­ting­fach­mann sein, denn er muss dau­ernd leere Schach­teln verkaufen.“

Piaty über die Finanz­po­li­tik des Staa­tes:
„Nie­mand wirt­schaf­tet so teuer wie der Staat, nie­mand wirt­schaf­tet so unge­schickt wie der Staat und nie­mand ver­schwen­det die Gel­der der Bür­ger so sehr wie der Staat.“

Die 70er-Jahre des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts waren wohl die Zei­ten der gro­ßen Män­ner in der öster­rei­chi­schen Innen- und Gesund­heits­po­li­tik, zu denen unzwei­fel­haft auch Präs. Piaty gehörte. Bun­des­kanz­ler war in die­ser Zeit Bruno Krei­sky, viele der älte­ren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen unter Ihnen wer­den sich noch an die Namen Karl Seka­nina, Franz Mil­len­dor­fer, Adolf Czet­tel, Rudolf Sametz, Alois Dra­ga­sch­nig und andere erin­nern, die damals eine wesent­li­che Rolle in der öster­rei­chi­schen Gesund­heits­po­li­tik gespielt haben. Präs. Pia­tys Bekannt­heits­grad war immens, seine legen­dä­ren Fern­seh­auf­tritte sorg­ten immer für sehr kon­tro­ver­si­elle Dis­kus­sio­nen in der Öffent­lich­keit und in den Medien.

Ich habe nie­mals wie­der einen Men­schen ken­nen­ge­lernt, der so feste und uner­schüt­ter­li­che Über­zeu­gun­gen für viele Berei­che des Lebens und des ärzt­li­chen Beru­fes hatte wie Richard Piaty. Kom­pro­misse waren nicht seine Sache, die Frei­heit des ärzt­li­chen Beru­fes inner­halb und außer­halb der Kran­ken­häu­ser war ihm ein wesent­li­ches Anlie­gen, die er ohne Wenn-und-Aber ver­tei­digte. Ver­ständ­nis für geg­ne­ri­sche Argu­mente blieb ihm viel­fach ver­sagt, viel­leicht eine Schwä­che, die aber seine Größe wohl auch ausmachte.

Bei unse­rem letz­ten Zusam­men­tref­fen vor einem Jahr haben wir über Gott und die Welt gespro­chen. Richard Piaty war etwas – aber nicht viel! – mil­der gewor­den, die Land­wirt­schaft in Feh­ring, die er zuletzt betrieb, hat ihn ganz in Anspruch genom­men und ihn wohl auch andere Per­spek­ti­ven des Lebens erken­nen las­sen. Zum ers­ten Mal habe ich ihn auch lie­be­voll über seine Fami­lie, ins­be­son­dere seine Enkel­kin­der, spre­chen gehört – eine neue Erfah­rung, war doch Richard Piaty kaum für Per­sön­li­ches zugäng­lich gewesen.

Noch immer war Richard Piaty aber an aktu­el­len stan­des- und berufs­po­li­ti­schen Fra­gen inter­es­siert und hat seine poin­tierte Mei­nung zu ver­schie­de­nen Pro­ble­men geäußert.

Über Gott und die Welt haben wir gespro­chen: Für Richard Piaty gab es über­haupt kei­nen Zwei­fel, dass unser Leben nicht mit dem kör­per­li­chen Tod auf die­ser Erde endet. Auch in die­sem Glau­ben war Richard Piaty uner­schüt­ter­lich und kompromisslos.

Prä­si­dent Piaty war ein gro­ßer Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer. Wir alle, die ihn gekannt und sein Wir­ken gese­hen haben, geden­ken sei­ner mit Hoch­ach­tung und Dankbarkeit.

Dr. Rei­ner Brett­en­tha­ler
Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer 2003 – 2007
Refe­rent für Inter­na­tio­nale Ange­le­gen­hei­ten der ÖÄK

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 17 /​10.09.2014