Radiologische Versorgung im Pinzgau: Abschied vom Stellenplan?

10.10.2014 | Politik

Zwei Kassenplanstellen für Radiologie im Salzburger Pinzgau sollen aufgelassen und deren Leistungen in das Krankenhaus Zell am See eingelagert werden. So jedenfalls sieht der Plan der Salzburger GKK, des Landes Salzburg und des a.ö. Krankenhauses aus. Die Ärztekammer Salzburg sieht zunächst den Stellenplan, letztlich aber das Gesamtvertragssystem als solches in Frage gestellt. Von Agnes M. Mühlgassner

Begonnen hat alles im Jahr 2012, als das Land Salzburg und die Salzburger GKK die GÖG (Gesundheit Österreich Forschungs- und Planungs-GmbH) beauftragten, für den Salzburger Pinzgau ein „Versorgungskonzept“ für den Fachbereich Radiologie auszuarbeiten. Laut gültigem Stellenplan, der im Jahr 2011 abgeschlossen wurde und bis 2016 gilt, sind im Pinzgau zwei §2-Kassenstellen für Radiologie vorgesehen: eine in Saalfelden, eine in Zell am See.

Der von der GÖG bereits im Juni 2013 fertig gestellte Bericht wurde allerdings erst ein halbes Jahr später der Ärztekammer – sie war bei der Erstellung nicht eingebunden – präsentiert. Bereits vier Tage später – und ohne weitere Diskussion – wurde von Seiten der zuständigen GKK mitgeteilt, dass man sich dazu entschlossen habe, „mit Auslaufen der Verträge der beiden niedergelassenen Radiologen diese nicht mehr neu zu besetzen …, sondern die Versorgung in örtliche Krankenanstalten zu verlagern …“. Als Hauptgrund für diese Entscheidung wird „die bessere Nutzung der in den Krankenhäusern ohnehin vorhandenen technischen Infrastruktur“ genannt.

Den GÖG-Bericht hat Prof. Leo Chini vom Forschungsinstitut für freie Berufe an der Wirtschaftsuniversität Wien einer Prüfung unterzogen. Die Entscheidung der GKK, die Radiologie-Kassenstellen nicht mehr neu besetzen zu wollen, entspreche nur „teilweise“ dem Ergebnisbericht der GÖG. Schon bei der Präsentation des Berichts hätte GÖG-Mitarbeiter Stephan Mildschuh festgehalten, dass es sich aufgrund der unzureichenden Datengrundlage und der fehlenden Prüfungen zu den Bereichen Versorgungssicherheit, Qualität, Erreichbarkeit, Finanzierung und Akzeptanz „um keinen konkreten Umsetzungsvorschlag der GÖG handelt“. Fazit von Chini: „Die Entscheidung der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 13. Dezember 2013 kann sich daher nicht darauf berufen, dass sie einer entsprechenden Umsetzungsempfehlung der GÖG gefolgt wäre.“

Als „einzig denkbaren Ansatzpunkt“ im Landes-Zielsteuerungsvertrag sieht Chini lediglich das strategische Ziel „6.2. Versorgungsdichte in allen Versorgungsstufen bedarfsorientiert anpassen“ sowie durch das operative Ziel „Leistungserbringung für ausgewählte tagesklinische Leistungen im Bundesland Salzburg entsprechend ‚Best Point of Service‘ in adäquaten nicht stationären Versorgungsformen forcieren“. Diese Maßnahmen hätten jedoch laut Ziel-Steuerungsvertrag gemäß dem „Best Point of Service“ (wo die jeweils richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort mit einer optimalen medizinischen und pflegerischen Qualität gesamtwirtschaftlich möglichst kostengünstig erbracht wird) zu erfolgen. Insbesondere diese Kriterien seien laut Chini „im Rahmen der Studie nicht geprüft worden, weil der entsprechende Auftrag bis heute nicht erteilt wurde“. Und weiter: Die Salzburger GKK kann sich somit nicht auf den Landes-Zielsteuerungsvertrag als Entscheidungsgrundlage berufen“, so sein Resümee.

Wenn auch die Salzburger GKK einen Antrag der beiden Vertragsradiologen auf Gründung einer dislozierten Gruppenpraxis mit den Standorten Saalfelden und Zell am See unter Hinweis auf die GÖG-Studie quasi abgelehnt hat (sie könne die Gründung einer Gruppenpraxis nach dem Gesamtvertrag nicht ablehnen, verbindet dies aber mit dem Hinweis, dass sie bei Ausscheiden eines Gesellschafters der Neuausschreibung nicht zustimmen werde), könnte eine Gruppenpraxis – allerdings unter anderen Rahmenbedingungen – durchaus eine Lösung sein, wie der Kammeramtsdirektor der Ärztekammer Salzburg, Johannes Dock, erklärt. „Wenn sich die Gesamtvertragsparteien unter Einbindung des Landes und des Krankenhauses Zell am See darauf einigen, dass die bestehenden Einzelverträge der Fachärzte für Radiologie auslaufen und in eine neue Gruppenpraxis übergeführt werden, situiert in den Räumlichkeiten des Krankenhauses Zell am See“. Dabei könnten die Gesellschafter der Gruppenpraxis durchaus auch ein Anstellungsverhältnis zum Krankenhaus haben und würden in der Gruppenpraxis über den Kassenvertrag jene Leistungen abgerechnet werden, die im Zuge einer Überweisung von niedergelassenen Ärzten erfolgen – also keine radiologischen Leistungen, die intern im Krankenhaus anfallen.

Mit diesem Kompromissvorschlag der Ärztekammer, so der Präsident der Ärztekammer für Salzburg, Karl Forstner, könne „Rechtssicherheit für alle“ geschaffen werden. Zwischen Ärzten und Krankenhaus müsste außerdem geklärt werden, welcher Teil des Kassenhonorars für die Benützung der Geräte, Räumlichkeiten, kassenärztlichen Tätigkeit während der Anstellung etc. an das Krankenhaus abgeführt werden müsse. Für die Spitalsärzte könnte die Kombination aus kassenärztlicher Tätigkeit plus Anstellung interessant sein. Auch das Land Salzburg hätte einen Vorteil: Infolge der Zusammenlegung der radiologischen Leistungsanbieter käme es zu einer Reduktion der Standorte. Die angestrebte Einsparung von 20 Prozent könnte insofern erzielt werden, indem Salzburger GKK und Ärztekammer Salzburg – gemäß Gesamtvertrag – wegen der Situierung im Krankenhaus einen „Synergieabschlag“ vereinbaren, so Forstner.

Vorbedingungen

Was es dazu an Rahmenbedingungenbedarf? Einer grundsätzlichen Vereinbarung beispielsweise über die Landeszielsteuerungskommission beziehungsweise Gesundheitsplattform zwischen Land, Gemeinde Zell am See (als Rechtsträger des Krankenhauses Zell am See), Salzburger GKK sowie Ärztekammer, dass die niedergelassene radiologische Versorgung im Pinzgau durch eine neu zu gründende Gruppenpraxis sicherzustellen ist. Auch müsste eine grundsätzliche Vereinbarung zwischen GKK und Ärztekammer Salzburg getroffen werden, wonach die beiden im Stellenplan vorgesehenen Planstellen für Einzelpraxen für Fachärzte für Radiologie in eine Vertrags-Gruppenpraxis umzuwandeln sind.

Dass der Bedarf an einer solchen radiologischen Versorgung durch niedergelassene Kassenvertragsfachärzte für Radiologie gegeben ist, steht für die Ärztekammer Salzburg außer Zweifel und grundsätzlich werde der Bedarf nach kassenradiologischer Versorgung auch von der SGKK nicht in Frage gestellt, wie Forstner betont. Käme es hingegen zur Umsetzung des Vorschlages von Salzburger GKK und Land Salzburg sei es „eine völlig andere Situation, da die Sozialversicherung nicht den Bedarf in Abrede stellt, sondern mit einer öffentlichen Krankenanstalt ‚ein neuer Spieler‘ auf den Plan tritt. Das hätte nicht nur über die Grenzen des Bundeslandes Salzburg hinaus auch österreichweite Auswirkungen, sondern „damit wird das Verhältnis zwischen Kammer und Sozialversicherung, also letztlich das Gesamtvertragssystem grundsätzlich in Frage gestellt“, so Forstner resümierend.

Radiologie im Pinzgau – die Hintergründe

Der in Zell am See niedergelassene Kassenradiologie führt zusätzlich ein CT-Institut (eine private Krankenanstalt) – zusammen mit dem Primarius der Radiologie des Krankenhauses Zell am See. In diesem Institut – es ist im Großgeräteplan enthalten und hat Kassenverträge mit der Salzburger GKK für CT – werden sowohl Untersuchungen von stationären Patienten des Krankenhauses Zell am See als auch von extramuralen (ambulanten) Patienten, die zugewiesen werden, durchgeführt.

Bereits vor Jahren hat dieser niedergelassene Kassenradiologe in Zell am See eine Ausweitung auf MR-Untersuchungen – analog den CT-Untersuchungen – beantragt. Dies wurde jedoch bislang vom Land, der Salzburger GKK und dem Krankenhaus abgelehnt mit dem Hinweis auf einen Bericht des Rechnungshofs, der die besondere ökonomische Lösung im MR-Bereich (= Kassenvertrag für die Ambulanz im Krankenhaus Zell am See) lobte und sogar die Aufkündigung/Überführung der bestehenden CT-Kooperation vorschlägt. Dies scheint auch der Grund, warum Land und GKK unter Ausschluss der Ärztekammer Salzburg die GÖG mit der Studie zur „Zukunftsstrategie für die radiologische Versorgung im Salzburger Pinzgau“ beauftragte.

Es gibt noch eine weitere Facette: Der Verwaltungsdirektor des Krankenhauses Zell am See ist gleichzeitig auch Geschäftsführer der Privatklinik Ritzensee (Saalfelden). In dieser Funktion hat er ein Schreiben an die niedergelassenen Ärzte im Pinzgau gerichtet, wonach, „die Privatklinik Ritzensee nunmehr die Möglichkeit erhalten habe, für extramural zugewiesene Patienten ambulante radiologische Leistungen direkt mit Krankenkassen abzurechnen“; entsprechende Kassenverträge seien abgeschlossen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2014