Fortbildung und Pharmaindustrie: Transparente Strukturen

15.08.2014 | Politik

Mehr Transparenz in die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und pharmazeutischer Industrie soll der von der Pharmig, dem Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs, kürzlich beschlossene Verhaltenscodex bringen.
Von Agnes M. Mühlgassner

Insgesamt 19 Seiten umfasst der seit Anfang Juli 2014 gültige Pharmig-Verhaltenscodex. Ziel ist es, „dass die pharmazeutische Industrie ihre Verantwortung im Gesundheitswesen in einer professionellen Weise erfüllen kann und zu- gleich hohe ethische Standards der pharmazeutischen Industrie eingehalten werden“ – wie es in der Einleitung heißt. Neben allgemeinen Grundsätzen über Arzneimittel geht es dabei um Werbung für Arzneimittel, Information und Werbung über das Internet, Veranstaltungen für Angehörige von Fachkreisen wie zum Beispiel Ärzte, um Transparenz ebenso wie um die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen, zu Gewinn- spielen, Mitarbeiter in pharmazeutischen Unternehmen, Klinische Prüfungen sowie Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz. Der Pharmig-Verhaltenscodex gilt für alle Informations-, Werbe- und Marketingaktivitäten für Arzneimittel, für Werbung in Print und elektronischen Medien, Aussendungen und Veranstaltungen.

Offenlegung erstmalig für 2015

Die Offenlegung aller Leistungen erfolgt einmal jährlich, spätestens sechs Monate nach dem Ende des Berichtszeitraumes; erstmals für das Kalenderjahr 2015. Die Offenlegung selbst erfolgt auf einer öffentlich zugänglichen Homepage in der Verantwortung der pharmazeutischen Unternehmen.

„Damit wird nun auch in Österreich Realität, was international bereits weit verbreitet ist“, erklärt dazu ÖÄK-Vizepräsident Karl Forstner. Schon jetzt sei es bei internationalen Kongressen üblich, dass die Redner gleich zu Beginn ihrer Ausführungen klar legten, mit welchen Pharmafirmen sie zusammenarbeiten. Speziell in einer Zeit, in der sich die öffentlichen Geldgeber immer mehr zurückziehen, „macht es Sinn, dass die Pharmaindustrie Sponsoring betreibt unter anderen, transparenten Spielregeln“. Hat es diese Transparenz bislang nicht gegeben? Forstner dazu: „Gemessen an dem, was hier jetzt Regelwerk sein wird, wird es künftig unvergleichlich klarer erkennbar sein, dass es eine Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pharmaindustrie gibt.“ Und weiter: „Die Zusammenarbeit per se ist nicht der Fehler, sondern der Fehler besteht darin, wenn konkrete Entscheidungen der Ärzte dadurch beeinflusst werden.“ Außer Frage stehe daher für ihn auch, dass die Zusammenarbeit zwischen Pharmaindustrie und Ärzten „auch weiterhin bestehen muss“. In der klinischen Forschung etwa sei es „unabdingbar“, dass die potentiell neuen Substanzen von den forschenden pharmazeutischen Firmen zur Verfügung gestellt würden und „dann natürlich von den in den Kliniken tätigen Ärzten verwendet werden. Das macht ja auch Sinn“, betont Forstner.

Was der ÖÄK-Vizepräsident ausdrücklich betont: „Es geht bei diesem Verhaltenscodex nicht darum, dass alle Verbindungen zwischen Pharmaindustrie und Ärzten abgebrochen werden, sondern darum, diese Verbindungen transparent zu machen.“ Diese Transparenz fördere in einer Beziehung das Vertrauen; etwas, was in einer funktionierenden Arzt-Patientenbeziehung „am wichtigsten ist“, so Forstner. „Wir Ärzte wehren uns permanent, wenn es finanzielle Restriktionen von Seiten der Politik gibt. Und wir haben uns auch zu wehren, dass es Abhängigkeiten von wirtschaftlichen Interessen Dritter gibt“, so sein Resümee.

Peter Niedermoser, Präsident der Österreichischen Akademie der Ärzte, bringt es auf einen einfachen Nenner: „Wir schaffen Transparenz.“ Man hätte sich mit den Vertretern der Pharmaindustrie darauf geeinigt, das Sponsoring „auf neue Beine“ zu stellen. Was nicht heißt, dass es nicht auch schon bislang strenge Regelungen gegeben hat – sowohl im Bereich der Pharmaindustrie als auch im ärztlichen Bereich. „Hier haben wir schon seit Jahren den Code of Conduct“, wie Niedermoser betont.

Vielmehr sei es darum gegangen, einige Dinge transparenter zu machen – etwa bei einer Einladung zu einem Kongress. Wird zum Beispiel im Spitalsbereich ein Mitarbeiter einer Abteilung zu einem Fachkongress ins Ausland eingeladen, entscheidet nach der Zustimmung des ärztlichen Leiters der Primar der jeweiligen Abteilung, wer diese Einladung annimmt. Die Pharmafirma kann dann die Kosten für den Flug, die Übernachtung sowie die Kongressgebühr für den Teilnehmer übernehmen. Was jetzt neu daran ist: „Dass das alles auf der Homepage der betreffenden Firma bekannt gemacht wird“, so Niedermoser.

Auch auf Informationsveranstaltungen auf Bezirksebene wirkt sich der Pharmig-Verhaltenscodex aus. Diese Treffen – in den meisten Bundesländern in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer veranstaltet – können auch künftig von Pharmafirmen unterstützt werden. Der Vortragende kann weiterhin ein Honorar erhalten – natürlich mit der damit verbundenen Offenlegung seiner möglichen Beziehung zu den entsprechenden Firmen – und im Anschluss ist es auch möglich, dass die Pharmafirma zu einem Buffet einlädt – und zwar „in einer Form, die einer üblichen Einladung entspricht“, wie Niedermoser betont. Auch das wird künftig alles auf der Homepage der unterstützenden Pharmafirma offengelegt.

Auswirkungen auf das DFP

Welche Auswirkungen hat der Pharmig-Verhaltenscodex auf Fortbildung im Rahmen des DFP (Diplom-Fortbildungs-Programm) der ÖÄK? Niedermoser dazu: „Hier gibt es ganz klare Richtlinien, die schon bis jetzt für die DFP-Akkreditierung von Fortbildung Geltung hatten und die natürlich auch weiterhin gelten.“

Dass die Vorwürfe in puncto verstecktes Sponsoring somit der Vergangenheit angehören, davon ist Niedermoser überzeugt, denn, „nun wurde eine transparente Regelung geschaffen, wie die finanziellen Flüsse aussehen, wer welche Gelder für welche Veranstaltung bekommt“.

Tipp:
Den Pharmig-Verhaltenscodex in voller Länge gibt es unter www.pharmig.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2014