Landmedizin: Basisversorgung sichern

25.01.2014 | Politik

Die ÖÄK-Kampagne unter dem Motto „Landmedizin: Ärztliche Versorgung sichern!“ geht in die nächste Phase. So wurde vor kurzem in einem Brief an alle Abgeordneten des Nationalrats, Gesundheitspolitiker, Bürgermeister und andere lokale und regionale Politiker auf die dramatische medizinische Versorgungssituation aufmerksam gemacht.
Von Agnes M. Mühlgassner

Während der Sommermonate, im Vorfeld zur Nationalratswahl 2013, startete die Bundeskurie niedergelassene Ärzte ihre Kampagne zur Sicherung der ärztlichen Versorgung auf dem Land. Mit drei Kernforderungen wandte man sich damals an die wahlwerbenden Gruppen und deren Vertreter:
1) Bessere Finanzierung für längere Öffnungszeiten
2) Beseitigung von rechtlichen Hürden für Hausapotheken
3) Familienfreundliche Arbeitsbedingungen für Hausärzte und Hausärztinnen

Mit dem jetzt ausgesandten Schreiben wurden alle Politiker nochmals dazu eingeladen, diese Anliegen der Bundeskurie niedergelassene Ärzte zu unterstützen. „Im Wahlkampf war die Gesundheit ja bedauerlicherweise kein Thema“, wie Gert Wiegele, Leiter des Referats für Landmedizin und Hausapotheken in der ÖÄK, festhält. Deswegen habe man sich dazu entschlossen, sich direkt an die Nationalratsabgeordneten sowie die Politiker auf lokaler und regionaler Ebene zu wenden. Wiegele weiter: „Viele Bürgermeister wissen mittlerweile, was es heißt, wenn die Stelle des Allgemeinmediziners nicht mehr nachbesetzt werden kann. Und sie bekommen dann den Unmut der Bevölkerung auch direkt zu spüren.“

Den Briefen an die Politiker wurde auch ein vierseitiger Folder beigelegt, in dem die wichtigsten Argumente dieser Initiative zusammengefasst und übersichtlich dargestellt sind. Wiegele: „Die landärztliche Hausapotheke sichert vielen Ärzten das wirtschaftliche Überleben.“ Bekanntlich ist ab dem Jahr 2018 der Weiterbestand von vielen ärztlichen Hausapotheken gefährdet. Wiegele weiter: „Mit dem jetzt gültigen Apothekengesetz kann das im Extremfall so weit gehen, dass es in einem Ort zwar eine Apotheke, aber keinen Arzt mehr gibt.“ Allerdings wurde noch vor der Wahl im Nationalrat festgehalten, dass bis 2015 eine langfristige und tragfähige Regelung für die Medikamentenversorgung im ländlichen Raum geschaffen werden soll. Für Wiegele ist ganz klar: „Die Lösung für das Problem ist das duale System der Medikamentenversorgung. In Zukunft sollen Ärzte und Apotheker Medikamente abgeben können.“ Schon jetzt geht die Zahl der ärztlichen Hausapotheken zurück: Waren es 2006 noch 964, gibt es derzeit noch 885 Ordination mit Hausapotheke.

Künftig müsse die Mehrarbeit von Ärztinnen und Ärzten abends und an den Wochenenden „endlich“ honoriert werden, betont Wiegele. Hier seien zusätzliche Kassenhonorare ebenso gefragt wie ein Landarztzuschlag. Limitierungen und Degressionen müssten abgeschafft werden.

Auch mit dem Thema Arbeitsbedingungen für Landärzte werde man sich auseinandersetzen müssen, ist Wiegele überzeugt. So hat erst kürzlich eine unter Vorarlberger Turnusärzten durchgeführte Befragung ergeben, dass für 82 Prozent eine Tätigkeit als Hausarzt nicht in Frage kommt. Hier gehe es um familienfreundliche Arbeitsbedingungen etwa durch die Schaffung eines lebbaren Gruppenpraxis-Gesetzes, Time-Sharing-Praxen – speziell für Frauen, geeignete Formen der Vertretung und auch entsprechende Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Best point of service: Hausarzt

Schon allein aufgrund der demographischen Entwicklung bei den Ärzten – in den nächsten fünf Jahren geht jeder vierte Landarzt in Pension, in zehn Jahren jeder zweite – zeichnet sich eine Verschlechterung der medizinischen Versorgung am Land ab. „In Kärnten beispielsweise gehen in den nächsten zehn Jahren sogar 67 Prozent der niedergelassenen Allgemeinmediziner in Pension“, verdeutlicht Wiegele die Dramatik der Entwicklung. Die Antwort auf die Frage, wo denn der „Best point of service“ ist, liegt für Wiegele auf der Hand: „Der ist immer dort, wo der Patient die Behandlung und die Therapie aus einer Hand bekommt: bei seinem Hausarzt. Und genau das wollen wir auch für die Zukunft sicherstellen.“

„Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln“, ist auch der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der ÖÄK, Johannes Steinhart überzeugt. „Wenn von Seiten der Politik jetzt nicht endlich Maßnahmen gegen den Ärztemangel auf dem Land gesetzt werden, darf man sich eigentlich nicht mehr über den Ansturm auf die Spitalsambulanzen wundern. Oder aber es ist von der Politik so gewünscht, dass künftig die medizinische Versorgung nur noch in großen Zentren stattfindet. Dann soll sie das den Menschen aber auch in dieser Deutlichkeit sagen.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2014