Kommentar – Dr. Lukas Stärker: Arztberuf pro futuro: Attraktivierung erforderlich

25.06.2014 | Politik

Soll der Arztberuf in Zukunft wieder attraktiv sein, ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen nötig. Zahlreiche konkrete Empfehlungen dazu, wie dies möglich ist, enthält u.a. die aktuelle Ärzte-Bedarfsstudie. Von Lukas Stärker*

In letzter Zeit häufen sich Meldungen über einen Ärztemangel. Wurden einschlägige Hinweise von Kammerfunktionären vor einigen Jahren von der Politik noch als nicht relevant abgetan, so wird dieses Thema nun ernster genommen. Ein Rückgang bei Stellenbewerberinnen und -bewerbern ist spürbar. Dies ist jedoch nicht überraschend, sondern war vielmehr vorhersehbar.

Lösung

Die Lösung liegt auf der Hand: Eine Attraktivierung des Arztberufes ist geboten. Dies umfasst einerseits mehr Wertschätzung von Seiten der Dienstgeber beziehungsweise von der Sozialversicherung, eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie die Außerstreitstellung der Führungsrolle der Ärztinnen und Ärzte bei der Patientenbehandlung. Österreich muss für Ärztinnen und Ärzte so attraktiv werden, dass diese gerne im Land arbeiten.

Ärzte möchten Patienten behandeln und betreuen und nicht mit administrativen Tätigkeiten zugeschüttet werden. Ein sinnvoller und motivierender Ärzte- Personaleinsatz in Spitälern ist daher geboten. Damit hätte man zwei Fliegen auf einen Schlag: Die Kernressource „Arzt“ wäre besser eingesetzt, der Mangel daher geringer und die Ärztinnen und Ärzte wären motivierter. Bei Kassenärzten wäre eine Durchforstung der Sozialversicherungsadministration und eine Modernisierung der Leistungskataloge angesagt. Und hinsichtlich Jungärztinnen und Jungärzte: Warum kann das klinisch-praktische Jahr nicht so attraktiv gestaltet werden, dass Jungärztinnen und Jungärzte danach im gleichen Spital gerne auch noch ihre Allgemeinmedizin- oder Facharztausbildung absolvieren? Komplett kontraproduktiv sind Überlegungen von Spitalsträgern, dem Mangel durch ein zusätzliches „Auspressen“ der vorhandenen Ärztinnen und Ärzte begegnen zu können.

Konkrete Maßnahmen

Auch die konkret für eine konstruktive Lösung erforderlichen Maßnahmen sind bekannt: So enthält etwa die aktuelle Ärztebedarfsstudie „Ärztinnen und Ärzte: Bedarf und Ausbildungsstellen 2010 bis 2030“ der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) aus dem Jahr 2012, an der auch die ÖÄK mitgewirkt hat, einen umfangreichen Empfehlungsteil mit folgenden konkreten Maßnahmen (ab Seite 102, insb 107ff):

1) Attraktivität in den Spitälern steigern

  • Reduzieren der administrativen Belastung – weniger aktive Dokumentationsarbeit, dafür mehr Zeit für ärztliche Tätigkeiten,
  • Ausbildungsgerechte Verwendung der Jungmediziner/innen;
  • Administrative und arztfremde Tätigkeiten sollen von geeignetem Personal verrichtet werden;
  • Sinnvoller Personaleinsatz nach Qualifikation
    • ärztliches Personal: Medizin
    • diplomiertes Pflegepersonal: Pflege und mitverantwortlicher Tätigkeitsbereich
    • Pflegehelfer: einfache Grundtätigkeiten
      • Stationssekretärinnen/-sekretäre: Administration
      • Hilfsdienste
  • Steuerung des Zustroms zu Spitalsambulanzen;
  • Verbesserte tagesklinische Betreuung statt stationärer Aufnahme;
  • Etablierung familienfreundlicher Ausbildungsmodelle und Arbeitsbedingungen, Umsetzung entsprechender Teilzeitmodelle;
  • Schaffung beziehungsweise Erhalt von Karrieremöglichkeiten in den Spitälern, transparente und gender- & diversitygerechte Verteilung der Ausbildungsstellen;
  • Sicherstellung eines verantwortlichen Leiters pro Organisationseinheit vor Ort;
  • Abbau des Missverhältnisses zwischen Arbeitsleistung und Gehalt (ein vernünftiges Gehalt ist derzeit nur durch Verrichtung möglichst vieler Nachtdienste erreichbar)
    • Einhaltung der gesetzlichen Arbeitszeithöchstgrenzen (KA-AZG, ARG …)
    • Etablierung von Systemen zur innerbetrieblichen Mitarbeitermotivation;
  • Erhalt der Arbeitsfähigkeit und Schaffung von Arbeitszeitmodellen für ältere Spitalsärztinnen und Spitalsärzte.

2) Attraktivität im niedergelassenen Bereich steigern

  • Niederlassung attraktiver machen: Sicherstellung eines adäquaten Einkommens und adäquater Arbeitsbedingungen speziell in peripheren Gebieten (u. a. bereits frühes „Werben“ um Jungärztinnen/ Jungärzte wie zum Beispiel in Deutschland durch „Landarztstipendien“ während der Ausbildung, verstärkte Förderung von Lehrpraxen in Landarztordinationen);
  • Reduktion des administrativen Aufwands;
  • Unterstützung bei der Eröffnung einer Ordination (Vereinfachen baulicher Vorschriften, anwenderfreundliche Bürokratie, mehr Service, „One-Stop-Shop“);
  • Arbeitsbedingungen verbessern – insbesondere am Land (24-Stunden-Verfügbarkeit wird erwartet, sich verschärfende Haftungsproblematik);
  • Zusammenschluss zu mono- und multidisziplinären Gruppenpraxen erleichtern.

Nur konkret passiert ist diesbezüglich noch nichts. Nun sind Politik und Krankenanstaltenträger hinsichtlich der Umsetzung gefordert!

*) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2014