Bereit­schafts­dienst in Kärn­ten: „Wir kön­nen nicht mehr“

10.05.2014 | Politik


In Kärn­ten kön­nen die All­ge­mein­me­di­zi­ner die 24-Stun­den-Betreu­ung inclu­sive nächt­li­che Bereit­schafts­dienste nicht mehr gewähr­leis­ten. Nach­dem die Wogen auch bei der Lan­des­po­li­tik hoch­ge­gan­gen sind, scheint es inzwi­schen eine Lösung mit einer Kom­bi­na­tion aus Bereit­schafts- und Tele­fon­dienst zu geben.
Von Marion Huber

Sie kön­nen und sie wol­len nicht mehr“, so beschreibt Gert Wie­gele, Lei­ter des Refe­rats für Land­me­di­zin und Haus­apo­the­ken in der ÖÄK, wie es den nie­der­ge­las­se­nen Ärz­tin­nen und Ärz­ten in Kärn­ten geht. Kon­kre­ter Anlass­fall, wieso die Situa­tion nun eska­liert, ist der ärzt­li­che Bereit­schafts­dienst in der Zeit von 22 Uhr bis sechs Uhr morgens.

Bis­lang wurde der Bereit­schafts­dienst durch einen Ver­trag zwi­schen Ärz­te­kam­mer und Land gere­gelt und von der Ärz­te­kam­mer – unter ihrer Ver­ant­wor­tung – orga­ni­siert. „Diese Ver­ant­wor­tung kön­nen wir nicht mehr über­neh­men, weil wir die 24-Stun­den-Betreu­ung nicht mehr sicher­stel­len kön­nen“, sagt All­ge­mein­me­di­zi­ner Wie­gele. Des­halb müsse der Ver­trag neu for­mu­liert oder im schlimms­ten Fall gekün­digt wer­den. In der Kärnt­ner Lan­des­po­li­tik gin­gen dar­auf­hin die Wogen hoch. Gegen­über einer Kärnt­ner Tages­zei­tung etwa meinte Gesund­heits­lan­des­rä­tin Beate Prett­ner: „Es gibt einen auf­rech­ten Ver­trag der Ärz­te­kam­mer mit dem Land, und der ist zu erfül­len.“ Diese Kri­tik von Sei­ten der Poli­tik ist für Wie­gele nicht nach­voll­zieh­bar: „Es ist skan­da­lös, dass man den Ärz­ten jetzt die Schuld für etwas gibt, das andere her­bei­ge­führt haben.“ Seit Jah­ren warne die Ärz­te­kam­mer schließ­lich davor, dass die Ver­sor­gung schwie­rig wird, wenn die Ärzte vom Land ver­schwin­den – und sei bis­lang immer igno­riert wor­den, kri­ti­siert Wie­gele: „Jetzt, wo die Situa­tion schla­gend wird, schreien alle auf und sind dar­über empört, dass die Ärzte nicht mehr können.“

In Kärn­ten gehen in spä­tes­tens zehn Jah­ren etwa zwei Drit­tel der Land­ärzte in Pen­sion; knapp ein Drit­tel von ihnen ist schon heute über 60 Jahre alt. Wie­gele denkt wei­ter: Kann etwa in einem Dreier-Spren­gel durch eine – wie Wie­gele es for­mu­liert – „blöde“ Haus­apo­the­ken-Situa­tion eine Kas­sen­stelle nicht nach­be­setzt wer­den, ist es plötz­lich nur noch ein Zweier-Spren­gel – und die Dienst­pläne wür­den noch strin­gen­ter. „Da bei­ßen sich meh­rere Kat­zen in den Schwanz“, unter­streicht der Allgemeinmediziner.

Wie man die Ärzte ent­las­ten kann? „Indem man die Zahl der Dienste oder die Bean­spru­chung in den Diens­ten redu­ziert“, führt Wie­gele aus. Wie oft ein Arzt Bereit­schaft hat, hängt von der Arzt­dichte in einem Gebiet ab. In einem Spren­gel mit drei Ärz­ten hat zum Bei­spiel im Schnitt jeder Arzt jeden drit­ten Tag und jedes dritte Wochen­ende Bereit­schaft. „In Urlaubs­zei­ten oder bei Krank­heit eines Kol­le­gen steigt der Auf­wand ent­spre­chend an“, weiß Wie­gele. Er selbst ist in einem Spren­gel mit sie­ben Ärz­ten tätig und kommt im Quar­tal auf 13 bis 14 Nacht­dienste. „So kann es aber nicht wei­ter­ge­hen – im Sinne der Gesund­heit der Ärzte und im Sinne der Pati­en­ten-Gesund­heit“, sagt Wiegele.

Mit­ten in der Dis­kus­sion dar­über, wie künf­tig der ärzt­li­che Bereit­schafts­dienst inder Nacht orga­ni­siert wer­den soll, prä­sen­tierte das Land Kärn­ten eine neue Idee, der die Ärzte laut Wie­gele „durch­aus posi­tiv gegen­über ste­hen“: „Man will plötz­lich die Ver­ant­wor­tung der Bereit­schafts­dienste nicht mehr in der Hand der Ärz­te­kam­mer las­sen son­dern wie in Ober­ös­ter­reich eine eigene Orga­ni­sa­tion gründen.“

Ab 22 Uhr: Telefondienst

Eine Lösung scheint in Sicht. Sie wurde kürz­lich in einer von einem Profi mode­rier­ten Sit­zung mit denen, die die Bereit­schafts­dienste ein­tei­len und den Bezirks­ärzte-Ver­tre­tern erar­bei­tet. Was dabei geplant ist? Unter der Woche soll wie bis­her von 12.00 bis 22.00 Uhr der Bereit­schafts­dienst durch bis zu 48 Ärzte im gesam­ten Bun­des­land sicher­ge­stellt wer­den. „Die Zeit von 22.00 Uhr bis mor­gens soll mit einem Tele­fon­dienst über­brückt wer­den“, so Wie­gele. Im Dienst­rad rotie­rend, soll ein Arzt in der Tele­fon­zen­trale Anrufe anneh­men und medi­zi­ni­sche Fra­gen abklä­ren. Der Bereit­schafts­dienst wird dann durch weni­ger Ärzte abge­deckt und ein Haus­be­such nur noch in Akut­fäl­len durch­ge­führt. Der Arzt in der Zen­trale kann im Not­fall Ret­tung, Not­arzt oder – wenn wirk­lich ein Haus­arzt vor Ort gebraucht wird – jenen Arzt alar­mie­ren, der im Spren­gel Bereit­schaft hat. Jeden­falls müsste – schon allein aus geo­gra­phi­schen Grün­den – wei­ter­hin in jedem Spren­gel ein Kol­lege erreich­bar sein, so Wie­gele: „Man kann Spren­gel nicht zusam­men­le­gen, weil es nicht trag­bar wäre, dass der Kol­lege mit Bereit­schaft etwa im Gail­tal 50 Kilo­me­ter von einem Tal-Ende zum ande­ren fährt.“

Ob und wie die­ser Vor­schlag der Ärz­te­kam­mer vom Land bezie­hungs­weise der Sozi­al­ver­si­che­rung auf­ge­nom­men wird, ist laut Wie­gele unklar. Sicher ist aber, dass die Arbeits­gruppe, die im Rah­men des Lan­des­ziel­steue­rungs­ver­trags ohne­hin für den „haus­ärzt­li­chen Bereit­schafts­dienst“ vor­ge­se­hen sei, jetzt end­lich tagt. „Schon seit Mona­ten for­dern wir, dass wir Ärzte als Exper­ten und unmit­tel­bar Betrof­fene dazu ein­ge­la­den wer­den. Das hat man uns jetzt end­lich ver­spro­chen“, freut sich Wie­gele über einen wei­te­ren Hoff­nungs­schim­mer am Horizont.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 9 /​10.05.2014

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