HNO: Tipps aus der Praxis

25.10.2014 | Medizin

Viele praxisrelevante Informationen aus dem Bereich der Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde bei Kindern gab es kürzlich bei einer Veranstaltung in Wien.
Von Marion Huber

So groß das Tätigkeitsfeld der Schulärztinnen und Schulärzte ist, so groß war auch das Interesse an der Schulärzte-Tagung, zu der das Referat für Schulärzte der ÖÄK zusammen mit der Österreichischen Akademie der Ärzte Anfang Oktober in Wien eingeladen hatte.

So gab etwa Univ. Prof. Renate Skoda Türk, Vorstand der HNO-Abteilung am Sozialmedizinischen Zentrum Ost in Wien, den anwesenden Schulärzten Tipps zu einer häufigen HNO-Erkrankung: der akuten Otitis media. Handelt es sich dabei auch primär häufig um eine virale Infektion, geht sie meist mit einer bakteriellen Sekundärinfektion einher. Klingt diese nicht nach zwei Tagen ab, „muss man lange genug Antibiotika in ausreichend hoher Dosierung verabreichen“, betonte sie. Unter „lange genug“ versteht die Expertin mindestens sieben bis zehn Tage, um schwerwiegende Komplikationen zu vermeiden. Bei einer rezidivierenden Otitis media sei an eine Adenotomie sowie eine Parazentese mit dem Einbringen eines Paukenröhrchens zu denken. Wichtig in dieser Zeit: das Ohr trocken halten. Wenn es auch äußerst unwahrscheinlich sei, dass etwa beim Schwimmen Wasser in den Gehörgang oder das Paukenröhrchen gelangt, könnten Kinder eine Otoplastik verwenden. Skoda Türk dazu: „Das macht aber nur dann Sinn, wenn die Otoplastik von einem Hörgeräte-Akustiker genau angepasst ist.“

Tonsillotomie vs. Tonsillektomie

Eine weitere Frage, auf die Skoda Türk näher einging: wann Tonsillotomie, wann Tonsillektomie? War es früher üblich, im Zuge einer Adenotomie – sie ist zum Beispiel indiziert, wenn eine Tubenventilationsstörung oder ein Sero(muco)-tympanon vorliegen – die Tonsillen ebenfalls auch gleich zu entfernen, sei das heute „out“, weiß die Expertin. „Die Entscheidung, ob eine Tonsillotomie oder eine Tonsillektomie vorgenommen wird, richtet sich nach der Indikation“, bekräftigt Skoda Türk. So wird bei einer Tonsillenhyperplasie die Tonsillotomie vorgezogen; eine Tonsillektomie dagegen wird laut Österreichischer HNO-Gesellschaft dann empfohlen, wenn fünf oder mehr Tonsillitiden in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Jahren sowie sieben oder mehr Tonsillitiden innerhalb eines Jahres aufgetreten sind.

Skoda Türk gab zwei Dinge zu bedenken: Einerseits sind Infekte im ersten Kindergartenjahr praktisch nicht zu zählen, weil es „da normal ist, dass Kinder sich viele Infekte einfangen“. Andererseits wird eine Tonsillektomie durch Vernarbungen in der Gaumenmuskulatur umso schwieriger, je mehr Infektionen zuvor durchgemacht wurden. Außerdem sollte nicht nur bei rezidivierender Angina an einen Eingriff gedacht werden: „Auch wenn einmal ein Peritonsillarabszess vorliegt, heißt es: Tonsillen entfernen“, betonte Skoda Türk. Postoperativ sollte man in der Wundheilungsphase – auch wenn das Kind über Schmerzen klagt – auf ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme achten. In dieser Zeit – solange noch Beläge im Tonsillenbett vorhanden sind – müssen körperliche Anstrengung und Hitze vermieden werden. Die Expertin empfiehlt, die Kinder etwa zwei bis drei Wochen vom Turnunterricht zu befreien: „Größeren, vernünftigeren Kindern kann man auch sagen: sie dürfen sich nur so viel bewegen, dass sie nicht schwitzen.“ Um die Gefahr einer Infektion von außen zu reduzieren, sind Schule oder Gruppenveranstaltungen mindestens eine Woche lang tabu.

Ein Risiko sieht Skoda Türk postoperativ auch in möglichen Nachblutungen; eine stationäre Aufnahme an einer HNOAbteilung sei in diesem Fall unbedingt angezeigt. Beim Transport ist nicht nur eine Eiskrawatte anzulegen; Patienten müssen wegen der Aspirationsgefahr unbedingt sitzend transportiert werden.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2014