Wiener Festwochen 2013: Alte Meister, neue Wege

25.05.2013 | Spektrum


40 Produktionen aus 40 Ländern sind im Rahmen der diesjährigen Wiener Festwochen zu sehen und zu hören. Im Musikprogramm stellt die Aufführung von „Il Trovatore“ ein Highlight dar. Es sind übrigens die letzten Festwochen für den Langzeit-Intendanten Luc Bondy, der diese Veranstaltung 16 Jahre lang prägte.
Von Barbara Wakolbinger

Der „Tartuffe“ von Molière ist einer der bekanntesten Heuchlerund Betrüger der Schauspielgeschichte: Für Luc Bondys Fassung für die Wiener Festwochen 2013 nimmt er die Züge des ehemaligen französischen Budgetministers an, der in einen Schwarzgeld-Skandal verwickelt war und daraufhin zurücktrat. Der Betrug von Tartuffe nimmt aktuelle Formen an, denn inzwischen sei die Lüge in der Politik selbstverständlich geworden, erklärte Festspielwochen-Intendant Bondy bei der Präsentation des Programms der diesjährigen Wiener Festwochen vor Kurzem in Wien. 16 Jahre lang prägte Bondy zunächst als Schauspieldirektor und ab 2001 auch als Intendant die Wiener Festwochen. Heuer sind insgesamt 40 Produktionen aus 40 verschiedenen Ländern zu hören und zu sehen.

Mit „fatalen ideologischen Potentialen des 20. Jahrhunderts und ihren Wirkungen in der Gegenwart“ beschäftigen sich laut Schauspieldirektorin Stefanie Carp auch noch zwei andere große Inszenierungen des Programms. Martin Kušej gestaltet mit „In Agonie“ ein Stück von Miroslav Krležas, das sich mit dem Vorabend des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch des Habsburger-Reiches beschäftigt. Im historischen Sitzungssaal des Parlaments geht es ebenfalls um krisenhafte Zeiten: „Letzte Tage. Ein Vorabend“, ein Theaterprojekt von Christoph Marthaler, nutzt Musikstücke, deren Komponisten durch die Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurden, und verschränkt sie mit Texten, die die sich zuspitzenden Nationalismen des 20. Jahrhunderts in den Kontext aktueller Rassismusdiskurse stellen. Mit dem Ausstellungs- und Performance-Parcours „Unruhe der Form. Entwürfe des politischen Subjekts“ will Carp hingegen dem Theater den Weg in die Ausstellungsräume eröffnen und vor allem die Frage nach dem Umgang der Kunst und der Menschen mit der Gegenwart erörtern. Vielversprechende Programmpunkte sind auch die Österreich-Premiere von „Le Retour – Die Heimkehr“ von Literaturnobelpreisträger Harold Pinter oder „The Wild Duck“ nach Henrik Ibsens „Die Wildente“.

Als Highlight im von Stéphane Lissner verantworteten Musikprogramm kann „Il Trovatore“ gelten. Mit dieser Oper wird ab 26. Mai auch der 200. Geburtstag des italienischen Komponisten Giuseppe Verdi im Theater an der Wien begangen; Dirigent ist Omer Meir Wellber.

Von Verdi führt der Weg direkt in die Gegenwart: Die Premiere der Oper „Written on Skin“ des britischen Komponisten George Benjamin wurde 2012 in Aixen-Provence umjubelt. Lissner bezeichnete das Werk gar als „Sensation der heurigen Opernsaison“ und empfiehlt die Aufführung sowohl Liebhabern der klassisch-romantischen Oper als auch Fans des zeitgenössischen Theaters. Aber auch die zeitgenössische Wiener Szene kommt bei den Festwochen nicht zu kurz. Für den heimischen Beitrag sorgen die Uraufführungen der Musiktheaterprojekte „JOIN!“ und „Die Ballade von El Muerto“.

Veränderungen wird es ab 2014 auch bei der Leitung der Musik- und Schauspielprogramme geben: Zusammen mit Intendant Bondy verlassen auch Schauspielchefin Carp – sie wird von der Belgierin Frie Leysen abgelöst – und Musikdirektor Lissner die Festwochen. Markus Hinterhäuser übernimmt dann die Leitung. 2014 ist jedenfalls viel „frischer Wind“ zu erwarten.

Was, Wann, Wo:

Wiener Festwochen
10. Mai bis 16. Juni

Festwochen-Service-Telefon: 01/589 22 22
www.festwochen.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2013