Steuer: Änderung der Umsatzsteuerrichtlinie

15.12.2013 | Service

Konkrete Anlassfälle haben zu einer Änderung der Umsatzsteuer-Richtlinie bei der Tätigkeit von Arbeitsmedizinern sowie bei ärztlichen Gutachten geführt. Diese treten mit 1. Jänner 2014 in Kraft.
Von Herbert Emberger*

Bisher wurden die Tätigkeiten der Arbeitsmediziner in der größten Zahl der Fälle umsatzsteuerfrei behandelt; das gleiche gilt auch für Gutachten in den unterschiedlichen Verfahren zur außergerichtlichen Streitbeilegung.

Aufgrund konkreter Anlassfälle, die an das Bundesministerium für Finanzen herangetragen wurden, ist es nun zu folgender Änderung der Umsatzsteuerrichtlinien und somit der Umsatzbesteuerung dieser Leistungen gekommen, wobei die Österreichische Ärztekammer zumindest erläuternde und vereinfachende Änderungen der ursprünglich vorgesehenen Vorgangsweise erreichen konnte.

Tätigkeiten der Arbeitsmediziner

Der geänderte Text der Randzahl 948 der Umsatzsteuerrichtlinie lautet nun:

„Keine Heilbehandlungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994 sind zB die folgenden Tätigkeiten:

  • die Tätigkeiten der Arbeitsmediziner (§ 82 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl. Nr. 450/1994, bzw. § 78 Abs. 4 Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, BGBl. I Nr. 70/1999); steuerfrei sind jedoch
    • die individuelle Beratung der Arbeitnehmer beziehungsweise Bediensteten in Angelegenheiten des Gesundheitsschutzes, der auf die Arbeitsbedingungen bezogenen Gesundheitsförderung und der menschengerechten Arbeitsgestaltung,
    • die arbeitsmedizinische Untersuchung von Arbeitnehmern beziehungsweise Bediensteten, ausgenommen Einstellungs- und berufliche Eignungsuntersuchungen,
    • die Durchführung von Schutzimpfungen, sowie
    • die Dokumentation dieser Tätigkeiten.

Bei den genannten Tätigkeiten der Arbeitsmediziner ist im Falle einer Gesamtbetragsabrechnung aus Vereinfachungsgründen aufgrund von Erfahrungssätzen davon auszugehen, dass der Anteil der steuerpflichtigen 90 Prozent und der Anteil der steuerfreien Tätigkeiten zehn Prozent beträgt.“

Das heißt die Umsätze aus der Tätigkeit als Arbeitsmediziner sind grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig, was in der Folge auch zum Recht auf (anteiligen) Vorsteuerabzug führt; steuerfrei sind nach wie vor die taxativ aufgezählten Leistungen, da diese den grundsätzlich befreiten Heilbehandlungen der Ärzte zugeordnet werden können. Das Hauptproblem einer differenzierten Abrechnung und exakten unterschiedlichen umsatzsteuerlichen Behandlung der arbeitsmedizinische Leistungen konnte im Einvernehmen mit dem Ministerium gelöst werden, das heißt bei Gesamtbetragsabrechnung zum Beispiel bei der (üblichen) Abrechnung nach Stunden oder nach Monatspauschalen können jeweils zehn Prozent der abgerechneten Beträge steuerfrei und somit 90 Prozent steuerpflichtig behandelt werden. Dies gilt auch für jene Fälle, in denen auf freiberuflicher Basis die arbeitsmedizinischen Leistungen gegenüber einem arbeitsmedizinischen Zentrum erbracht werden. Selbstverständlich besteht auch die Möglichkeit der genauen Abrechnung, das heißt differenziert nach umsatzsteuerpflichtigen und umsatzsteuerfreien Leistungen.

Klarzustellen ist, dass die allfällige weitere ärztliche Betreuung der Arbeitnehmer durch den niedergelassenen Arzt umsatzsteuerfrei bleibt.

Zu überprüfen wäre auch eine eventuelle Möglichkeit der nachträglichen (anteiligen) Geltendmachung der Vorsteuern, die in der jüngeren Vergangenheit wegen der Umsatzsteuerfreiheit der arbeitsmedizinischen Leistungen nicht geltend gemacht werden konnten.

Die Änderung tritt für arbeitsmedizinische Leistungen in Kraft, die ab 01.01.2014 erbracht werden.

Ärztliche Gutachten im Rahmen einer außergerichtlichen Streitbeilegung

Bisher waren nur die in Randzahl 946 der Umsatzsteuerrichtlinien taxativ aufgezählten Gutachten, u.a. die aufgezählten ärztlichen Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren, umsatzsteuerpflichtig.

Für ärztliche Gutachten, die ab 01.01.2014 erstellt werden, gilt nun folgende Regelung (Randzahl 946):

„Lediglich die Erstattung folgender ärztlicher Gutachten fällt – zum Teil gestützt auf die Judikatur des EuGH – nicht unter die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 19 UStG 1994:

  • ärztliche Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren beziehungsweise im Rahmen einer außergerichtlichen Streitbeilegung, wie zum Beispiel
    • ärztliche Gutachten für zivil- und strafrechtliche Haftungsfragen (EuGH 20.11.2003, Rs C-307/01, d‘Ambrumenil und Dispute Resolution Services);
    • ärztliche Gutachten über ärztliche Kunstfehler (EuGH 20.11.2003, Rs C307/01, d‘Ambrumenil und Dispute Resolution Services) oder Behandlungsfehler;
    • ärztliche Gutachten im Zusammenhang mit Invaliditäts-, Berufs-, oder Erwerbsunfähigkeitspensionen sowie über Leistungen aus Unfallversicherungen (EuGH 20.11.2003, Rs C-212/01, Unterpertinger);
    • ärztliche Gutachten zur Feststellung des Grades einer Invalidität, Berufs- oder Erwerbsminderung.

Davon ausgenommen sind ärztliche Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren, die dem Schutz der Gesundheit des Betreffenden dienen, wie zum Beispiel Gutachten über die Vernehmungs- oder Verhandlungsfähigkeit oder Haftvollzugstauglichkeit.“

Das heißt es sind nicht nur die ärztlichen Gutachten in laufenden Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit zivil- und strafrechtlichen Haftungsfragen beziehungsweise über ärztliche Kunstfehler umsatzsteuerpflichtig, sondern nun auch solche in Verfahren im Rahmen einer außergerichtlichen Streitbeilegung. Das wird sich im Wesentlichen auf Verfahren vor den Schlichtungsstellen, die in den Landesärztekammern unterschiedlich eingerichtet sind, auswirken: Durch die Umsatzsteuerpflicht ergibt sich eine Verteuerung. Darauf und auf weitere mögliche Unklarheiten, die sich ergeben, hat die Österreichische Ärztekammer – leider vergeblich – gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen hingewiesen. Die ärztlichen Gutachten in Verfahren vor den Sozialversicherungsträgern bleiben unverändert umsatzsteuerfrei. Wie bisher sind nur Gutachten vor den Arbeits- und Sozialgerichten umsatzsteuerpflichtig.

Für beide Bereiche gibt es nach wie vor die Möglichkeit der unechten Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer (§ 6 Abs 1 Z 27 UStG), das sind Unternehmer, deren Gesamtumsatz, also die steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätze, ohne Hilfsgeschäfte und Geschäftsveräußerungen, im Veranlagungszeitraum 30.000 Euro (ohne Umsatzsteuer gerechnet) nicht übersteigen.


*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2013