Grund­er­werbs­steuer: Ein­heits­wert als Bemes­sungs­grund­lage verfassungswidrig

25.01.2013 | Service

Beim Kauf oder Tausch von Grund­stü­cken wird die Grund­er­werbs­steuer vom Wert der Gegen­leis­tung bezie­hungs­weise vom rea­len Ver­kehrs­wert berech­net, bei Schen­kun­gen oder Erb­schaf­ten hin­ge­gen von den Ein­heits­wer­ten (§ 6 Grunderwerbssteuergesetz).Von Her­bert Emberger*

Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof hat in sei­ner Ent­schei­dung vom 27.11.2012, G 77/​12–6, – auf­grund der Vor­ent­schei­dun­gen u.a. zur in der Zwi­schen­zeit auf­ge­ho­be­nen Erb­schafts- und Schen­kungs­steuer nicht über­ra­schend – die Her­an­zie­hung der Ein­heits­werte als ver­fas­sungs­wid­rig bezeich­net und § 6 Grund­er­werbs­steu­er­ge­setz mit Ablauf des 31.5.2014 auf­ge­ho­ben. Ab die­sem Datum wer­den ohne gesetz­li­che Neu­re­ge­lung immer die Ver­kehrs­werte für alle grund­er­werbs­steu­er­pflich­ti­gen Vor­gänge her­an­zu­zie­hen sein, was eine deut­li­che Ver­teue­rung der unent­gelt­li­chen Über­tra­gun­gen bedeu­ten würde.

Der VfGH begrün­det die Auf­he­bung wie folgt:
Gegen das Sys­tem der Ein­heits­be­wer­tung von Lie­gen­schaf­ten an sich bestehen keine ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken, sehr wohl aber im Kon­kre­ten gegen die Tat­sa­che, dass eine peri­odi­sche Aktua­li­sie­rung der Werte so lange unter­blie­ben ist, dass diese mit den aktu­el­len Ver­kehrs­wer­ten in kei­nem vor­her­seh­ba­ren Ver­hält­nis mehr ste­hen. Beden­ken bestehen in der Tat­sa­che, dass für bestimmte Tat­be­stände der­ar­tige Ein­heits­werte, bei ande­ren Tat­be­stän­den hin­ge­gen die aktu­el­len Ver­kehrs­werte zugrunde gelegt wer­den. Die annä­hernde Äqui­va­lenz der Bemes­sungs­grund­la­gen ist wegen des Ver­zich­tes auf die Aktua­li­sie­rung der Ein­heits­werte nicht mehr gege­ben und kann auch nicht durch pau­schale Zuschläge oder Ver­viel­fa­chung her­ge­stellt werden.

Der Ver­gleich mit der Grund­steuer geht des­halb fehl, weil bei die­ser die Steuer aus­schließ­lich vom Ein­heits­wert von Grund­stü­cken berech­net wird, im Falle der Grund­er­werbs­steuer wird aber zwi­schen Grund­stücks­er­wer­ben dif­fe­ren­ziert, das heißt ein­mal der Ver­kehrs­wert und zum ande­ren der zu nied­rige Ein­heits­wert her­an­ge­zo­gen. Auch die Beru­fung auf die Ver­wal­tungs­öko­no­mie kann nicht jeg­li­che Rege­lung recht­fer­ti­gen. Es ist dem Gesetz­ge­ber jeden­falls ver­wehrt, ein Bewer­tungs­ver­fah­ren vor­zu­se­hen oder bei­zu­be­hal­ten, das zu voll­kom­men rea­li­täts­fer­nen und daher will­kür­li­chen Bemes­sungs­grund­la­gen führt.

Der VfGH gibt auch Hin­weise für eine Neu­re­ge­lung, indem er fest­stellt, dass eine Neu­ord­nung der Grund­stücks­be­wer­tung auch sach­lich begründ­bare Befrei­un­gen und Aus­nah­men beinhal­ten kann, sie muss nicht not­wen­di­ger­weise zu einer gene­rel­len Steu­er­erhö­hung füh­ren! So kann der Gesetz­ge­ber aus sach­li­chen Grün­den zwi­schen ver­schie­de­nen Erwerbs­vor­gän­gen dif­fe­ren­zie­ren und ins­be­son­dere unent­gelt­li­che Über­gänge von Grund­stü­cken im Fami­li­en­ver­band anders behan­deln als Kauf­ver­träge. Vor­aus­set­zung sind aber ver­fas­sungs­recht­lich unbe­denk­li­che Bemessungsgrundlagen.

Es wird ohne Zwei­fel bis zum Ablauf der rela­tiv lan­gen Frist der Wirk­sam­keit der Auf­he­bung (31. Mai 2014) ent­spre­chende Dis­kus­sio­nen und Über­le­gun­gen für eine Neu­re­ge­lung der Grund­er­werbs­steu­er­be­mes­sungs­grund­la­gen geben.

*) HR Dr. Her­bert Ember­ger ist Steu­er­kon­su­lent der ÖÄK

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 1–2 /​25.01.2013