Gesundheitsreform: Kritik vom Rechnungshof

10.04.2013 | Politik


Zersplitterte Kompetenzen, keine klaren Zuständigkeiten, keine Berechnungen über die Kosten, die durch zusätzliche Gremien entstehen – das sind die Kernpunkte der Kritik des Rechnungshofs an der Gesundheitsreform, über die Gesundheitsministerium, Länder und Hauptverband zwei Jahre verhandelt haben.

Der Rechnungshof sieht in der Gesundheitsreform „lediglich die Basis für weitere erforderliche Reformschritte“, die jedoch erst beschlossen und umgesetzt werden müssen. Als „Kernproblem“ macht der Rechnungshof die Tatsache aus, dass der Entwurf keine Vorschläge für eine Reform der Zuständigkeitsverteilung und Kompetenzbereinigung im Bereich des Gesundheitswesens enthält, sondern vielmehr „ausdrücklich klarstellt“, dass die bestehende Kompetenzverteilung unberührt bleiben soll. Notwendige Maßnahmen wie eine verbesserte Standort-Abstimmung im Spitalsbereich, eine Bereinigung der Leistungsunterschiede bei den Krankenversicherungen, einheitliche Leistungsverrechnungen im Ambulanzbereich oder eine einheitliche Dotierung der Landesgesundheitsfonds würden nicht umgesetzt.

Weiters wird kritisiert, dass neben der schon bestehenden „komplexen verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung“ neue Gremien und Strukturen geplant sind. So wird neben der bereits bestehenden Bundesgesundheitskommission eine Bundes-Zielsteuerungskommission geschaffen. Darüber hinaus sei in diesen neuen Gremien Einstimmigkeit bei der Beschlussfassung vorgesehen, was nach Ansicht des Rechnungshofs die Zielerreichung zusätzlich „erschwert“. Das könnte Lösungen auf Basis des „kleinsten gemeinsamen Nenners“ zur Folge haben beziehungsweise „notwendige Maßnahmen verhindern“. Einstimmigkeit ist beispielweise bei der Koordination, Abstimmung und Festlegung der Leistungen und Finanzierungen erforderlich, bei den Grundsätzen, Zielen und Methoden für die Planungen im ÖSG (Österreichischer Strukturplan Gesundheit) und in den RSGs (Regionale Strukturpläne Gesundheit) sowie beim Sanktionsmechanismus.

„Nicht schlüssig nachvollziehen“ kann der Rechnungshof die geplanten Kostendämpfungen. So ist vorgesehen, dass die Steigerungsrate bei den öffentlichen Gesundheitsausgaben von derzeit 5,2 Prozent pro Jahr künftig nicht stärker als das BIP (Brutto-Inlands-Produkt) steigen und auf diese Weise bis 2016 eine Kostendämpfung in der Höhe von 3,4 Milliarden Euro erzielt werden soll. Laut Statistik Austria war für den Zeitraum von 2008 bis 2011 eine durchschnittliche jährliche Steigerungsrate der Gesundheitsausgaben von rund drei Prozent zu verzeichnen. Insgesamt sehen die Prüfer ein „wenig ambitioniertes Ziel“, weswegen auch nicht nachvollzogen werden könne, inwieweit darin „ein wesentlicher Beitrag zur Erfüllung des österreichischen Stabilitätspakts“ liegen soll.

Abschließend hält der Rechnungshof fest, dass es „keine Darstellung der finanziellen Auswirkungen“ folgender Regelungen gibt: beispielsweise für die Errichtung von neuen Organen und Gremien – besonders unter Berücksichtigung der Parallelstruktur Bundesgesundheitskommission-Zielsteuerungskommission – oder aber die Kosten für eine neu zu schaffenden Tochtergesellschaft, die mit der Umsetzung der Aufgaben im Rahmen der Zielsteuerung, des Berichtswesens und des Monitorings verbunden sind oder für den angestrebten Aufbau und Ausbau von Tageskliniken, von interdisziplinären zentralen Aufnahme- und Erstversorgungseinheiten sowie von ambulanten Erstversorgungseinheiten.

In einer ersten Stellungnahme erklärte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Artur Wechselberger, dass sich die ÖÄK durch die Kritik des Rechnungshofes in ihrer Einschätzung, dass die sogenannte Gesundheitsreform Kostensteigerungen durch neue Gremien und bürokratischen Mehraufwand bedeutet, bestätigt fühlt. Und weiter: „Der Rechnungshof kritisiert ja besonders die Parallelstruktur von Bundesgesundheitskommission und Zielsteuerungskommission wie auch die Kosten, die bei der neu geschaffenen Tochtergesellschaft der Gesundheit Österreich GmbH zur Umsetzung der Aufgaben im Rahmen der Zielsteuerung, des Berichtswesens und des Monitorings anfallen werden.“

Nichtsdestotrotz: Der Ministerrat hat am 19. März die Gesundheitsreform beschlossen – ohne auf die Kritik des Rechnungshofs einzugehen.
AM

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2013