Venensklerosierung: Schaum mit unerwünschten Nebenwirkungen

10.02.2013 | Medizin

Die Auswahl und Aufbereitung des Sklerosierungsmittels haben Einfluss auf die möglichen Komplikationen bei einer Venensklerosierung. Wird mittels Schaum sklerosiert, kommt es eher zu Nebenwirkungen, da der Schaum länger an der Gefäßwand haftet. Ebenso kommt es häufiger zu Hautnekrosen und neurologischen Symptomen. Von Irene Mlekusch

Die Sklerotherapie ist ein seit vielen Jahren bekanntes und erfolgreich eingesetztes Mittel nicht nur zur Behandlung von Besenreisern und kleineren Varizen, sondern auch von Rezidivvarizen und Stammvarikosen. Oft ist es der Wunsch des Patienten, das optische Bild zu verbessern, sodass die Venensklerosierung auch im kosmetischen Bereich eingesetzt wird. Die Sklerotherapie ist aber auch ein fester Bestandteil bei der Behandlung von venösen Ulzera und wird oft in Kombination mit der Varizenchirurgie eingesetzt. Auch Patienten, die unter einer Antikoagulation stehen, können so erfolgreich behandelt werden.

Die Methode benötigt lediglich ein ambulantes Setting. Der Umgang mit Sklerosierungsmitteln bedarf einer sorgfältigen Diagnostik; ihr Einsatz muss gezielt erfolgen – speziell angesichts der Tatsache, dass die Sklerotherapie nicht frei von Nebenwirkungen ist, sollte eine kritische Aufklärung des Patienten in jedem Fall erfolgen. Univ. Prof. Marianne Brodmann von der Klinischen Abteilung für Angiologie an der Medizinischen Universität Graz merkt an: „Generell sind Nebenwirkungen im Rahmen der Sklerotherapie selten. Manche von ihnen können aber schwerwiegende Folgen für den Patienten nach sich ziehen.“ Univ. Prof. Sanja Schuller-Petrovic, Past-Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Phlebologie und dermatologische Angiologie, ergänzt: „Auch die Auswahl und Aufbereitung des Sklerosierungsmittels haben einen Einfluss auf die möglichen Komplikationen.“ Ganz grundsätzlich kann es bei der Schaumverödung eher zu gewissen Nebenwirkungen kommen, weil der Sklerosierungsschaum länger der Gefäßwand anhaftet.

Vorübergehende Nebenwirkungen wie lokaler Juckreiz und Quaddelbildungen sowie Sehstörungen, Übelkeit, Taubheitsgefühl, Kopfschmerzen oder Schwindel vergehen meist schnell und beunruhigen den Patienten meist weniger, wenn er schon im Vorfeld darüber informiert wurde. Eine vasovagale Reaktion führt bei etwa einem Prozent der Behandelten zu passageren, neurokardiogenen Symptomen, die dann häufiger auftreten, wenn der Eingriff im Stehen durchgeführt wird oder der Patient nach der Behandlung zu schnell aufsteht. Auch ein gewisses Spannungsgefühl und Hämatome stellen bekannte Begleiterscheinungen der Sklerotherapie dar, die aber ebenfalls bald wieder nachlassen. Vier bis sechs Prozent aller Behandelten entwickeln eine ausgeprägte Thrombophlebitis außerhalb des therapeutischen Bereiches. Die damit verbundenen Schmerzen übertreffen das behandlungsspezifische Spannungsgefühl bei Weitem und können eine entsprechende Schmerztherapie erfordern. Eher selten treten innerhalb eines Monats nach der Behandlung symptomatische tiefe Beinvenenthrombosen und nur sporadisch Pulmonalembolien auf. Laut Literatur belaufen sich die Angaben auf weniger als ein Prozent der sklerosierten Patienten. Ob es einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Sklerosierung und einem frischen thromboembolischen Ereignis gibt, wird kontroversiell diskutiert. Wie Schuller-Petrovic erklärt, gibt es nur spärlich epidemiologische Daten zum Auftreten von Phlebitiden nach Verödungen. Als Prädispositionen zählen die beiden Expertinnen bestehende Thromboseneigungen, die Einnahme von östrogenhaltigen Präparaten, Adipositas und mangelnde Bewegung auf.

Hyperpigmentierung vorübergehend

Hautveränderungen treten vergleichsweise häufig in Form von intravenösen Koageln auf; sie persistieren jedoch nur in knapp einem Prozent der Fälle. Meistens hellen die dunkelbräunlichen Hautverfärbungen, die wahrscheinlich durch übermäßigen Druck entstehen, innerhalb von drei bis sechs Monaten nach der Venensklerosierung wieder auf. Ungefähr ein bis zwei Prozent der Hyperpigmentierungen bestehen auch noch ein Jahr nach der Behandlung. Schuller-Petrovic dazu: „Da es sich nicht um Melaninbedingte Pigmentierung handelt, spielt der Hauttyp keine Rolle bei der Entstehung. Eine frühzeitige Inzision und Entfernung der Mikrokoagula kann die ästhetisch störenden Pigmentablagerungen minimieren.“ Auch zu frühe Sonnenbäder nach der Sklerosierung können das Auftreten von bräunlichen, Melaninbedingten Verfärbungen begünstigen. Schuller-Petrovic sieht diese Problematik vor allem bei ästhetischen Behandlungen gegeben. Die als Matting bezeichnete Ausbildung von neuen, feinsten Teleangiektasien zieht unter Umständen eine weitere Sklerosierung nach sich. Die zugrunde liegende Pathophysiologie des Matting ist noch nicht geklärt. Diese etwa zwei bis drei Wochen nach der Behandlung auftretende Nebenwirkung ist laut Schuller-Petrovic ästhetisch störend. Jedoch kann sie durch die Behandlung von so genannten Nährvenen therapiert werden. Als Prädispositionen für das Auftreten von neuen Teleangiektasien werden Übergewicht und die Einnahme östrogenhaltiger Präparate diskutiert.

Grundsätzlich kann es im Rahmen von Überempfindlichkeitsreaktionen oder allergischen Reaktionen auf das Sklerosierungsmittel, Pflaster oder Verbände zu Komplikationen kommen. Sie sind aber mit einer Inzidenz von weniger als 0,5 Prozent ebenfalls gering. Allergien vom Soforttyp wurden zwar sehr selten beschrieben. Trotzdem sollten Symptome wie Juckreiz, Rötung, Mundtrockenheit und Hitzegefühl nach der Sklerosierung ernst genommen werden. „Der mit dem Einsatz von Sklerosierungsmitteln im zeitlichen Zusammenhang stehende anaphylaktische Schock wird in der Literatur mit einer Häufigkeit von nur 0,01 Prozent angegeben“, sagt Schuller-Petrovic.

Abgesehen von lokalen Entzündungsreaktionen an der Einstichstelle zählen lokale Hautnekrosen zu den eher gefürchteten Komplikationen. Hautnekrosen werden durch zu hohe Konzentrationen oder zu große Mengen an Sklerosierungsmittel begünstigt. Man vermutet, dass die Substanz über arteriovenöse Anastomosen in den arteriellen Schenkel übertritt oder über den sogenannten Backflow erfolgt – was man als „Embolia cutis medicamentosa“ bezeichnet. Die lokalen Hautnekrosen heilen nur sehr langsam ab und hinterlassen in den meisten Fällen intensiv gefärbte Narben. Schuller-Petrovic macht darauf aufmerksam, dass Hautnekrosen und neurologische Symptome häufiger bei der Schaumsklerosierung auftreten. Sie konnte in einer Studie nachweisen, dass eine paravasale Injektion von bis zu 0,5 ml eines 0,5- bis 1-prozentigen Verödungsschaums nicht zu Hautnekrosen führt.

Sehr unangenehme neurologische Nebenwirkungen wie Flimmerskotom, Verwirrtheit, TIA und Schlaganfälle sind vor allem bei Patienten mit einem Rechts-Links-Shunt zu beobachten. „In einer italienischen Studie konnte in einem experimentellen Setting ein durch die Expression von Endothelin-1 verursachter Vasospasmus als zugrundeliegende Pathophysiologie dargestellt werden“, führt Schuller-Petrovic aus. Der Anstieg von Endothelin-1 nach einer Schaumsklerosierung erklärt außerdem das Auftreten von transienten visuellen und cerebralen Ereignissen sowie den nach der Behandlung kurzzeitig einsetzenden Hustenreiz.

Intraarterielle Injektion

Die am meisten gefürchtete Komplikation der intraarteriellen Injektion mit konsekutiver kritischer Extremitätenischämie und Gangrän kommt sehr selten vor. Besonders hoch ist die Gefahr der intra-arteriellen Injektion, wenn die Sklerotherapie ohne Ultraschall-Kontrolle durchgeführt wird. Dabei haben die meisten Patienten während oder kurz nach der Sklerosierung starke Schmerzen. Die klassischen Symptome der peripheren Ischämie mit Veränderung des Hautkolorit, Ödem, Schmerzen und Parästhesie treten innerhalb von zwölf Stunden auf. Da die intraarterielle Injektion nicht bei der Sklerosierung von Besenreisern und retikulären Varizen eintreten kann sondern im Rahmen der Sklerosierungsbehandlung von Seiten-oder Stammvarikosen, ist die A. tibialis posterior am häufigsten betroffen. Werden Sklerosierungen in der Leistenregion vorgenommen, ist auch eine intraarterielle Injektion in die A. femoralis superficialis möglich. In allen in der Literatur beschriebenen Fällen waren die peripheren Pulse weiterhin tastbar. Der endotheliale Schaden durch das Sklerosans hängt einerseits von der verwendeten Dosis ab, andererseits von der Zeit, in der die Endothelzellen dem Sklerosans ausgesetzt sind. In vitro-Studien konnten zeigen, dass die Endothelzellen innerhalb von 15 Minuten nach dem Kontakt mit 0,3 Prozent Polidocanol oder 0,1 Prozent Sodium-Tetradecyl-Sulfate absterben. Zusätzlich zum Endothelschaden bewirkt die Aktivierung der Gerinnung einen raschen arteriellen Gefäßverschluss. Brodmann zur Tragweite dieser Komplikation: „Trotz aller zur Verfügung stehenden Therapieversuche besteht die Notwendigkeit zur Amputation bei einer so ausgelösten iatrogenen kritischen Ischämie in bis zu 50 Prozent der Fälle.“

Handdoppler reicht nicht

Beide Expertinnen betonen die Wichtigkeit der farbkodierten Duplexsonographie bei der Venensklerosierung. „Der Handdoppler allein ist nicht aussagekräftig genug zur Diagnose- und Indikationsstellung“, betont Schuller-Petrovic. Zum einen sollte das Ausmaß der Klappeninsuffizienz beurteilt werden und zum anderen bei klinischem Verdacht auf eine tiefe Beinvenenthrombose selbige mittels Ultraschall vor der Behandlung ausgeschlossen werden. Schuller-Petrovic ergänzt: „Oft ergibt sich bei Patienten, die lediglich eine Sklerosierung von Besenreisern wünschen, bei einer eingehenden Untersuchung eine Stammoder Seitenastvarikose.“ Brodmann meint: „Wird die Duplexsonographie auch während der Sklerotherapie eingesetzt, kann eine gezielte Venenpunktion erfolgen und somit das Risiko schwerwiegender Komplikationen deutlich reduziert werden.“

Wie Schuller-Petrovic weiter ausführt, konnte in Studien belegt werden, dass sich eine längere Kompressionsbehandlung nach der Sklerosierung von größeren Varizen vorteilhaft auswirkt – und müsse auch als Thromboseprophylaxe verstanden werden.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2013