neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

10.10.2013 | Medizin

Wirtschaftsboom-Babys sind als Erwachsene schlauer

Wer in wirtschaftlich guten Zeiten geboren wird, hat als Erwachsener deutlich bessere Chancen auf eine höhere geistige Leistungsfähigkeit wie etwa ein besseres Erinnerungsvermögen oder eine bessere sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Das führt Univ. Prof. Gabriele Doblhammer, Leiterin des Rostocker Zentrums zur Erforschung des Demographischen Wandels, vor allem auf die besseren Bedingungen in Boomjahren zurück. In Krisenzeiten sind nicht nur die Eltern einem höheren Stresspegel ausgesetzt, unter dem die Beziehung zum Neugeborenen leiden kann, sondern auch die Ernährung ist schlechter und Infektionskrankheiten sind häufiger. Für ihre Studie untersuchte Doblhammer zusammen mit Forschern der Universität Mannheim und des Deutschen Zentrums für neurodegenerative Erkrankungen Menschen aus zehn europäischen Ländern, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geboren wurden. Allerdings hätten Finanzkrisen wie die aktuelle nicht mehr jene Wirkkraft wie etwa die Weltwirtschaftskrise der 1920er Jahre, betonte Doblhammer.
APA

Plasma-Protein als Insult-Prognosefaktor identifiziert

Wie gut sich die funktionellen Ergebnisse von Patienten nach einem Insult verbessern werden, könnte in Zukunft mithilfe des Plasma-Proteins NGAL (Neutrophiles Gelatinase-assoziiertes Lipocalin) prognostiziert werden. Diese Erkenntnis präsentierten Wissenschafter um Thomas Seifert-Held von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Neurologie an der Medizinischen Universität Graz. Sie maßen dazu die NGAL-Konzentration bei 46 Patienten eine Woche nachdem diese einen Schlaganfall erlitten hatten. 90 Tage später führten sie die Messung erneut durch und verglichen die Ergebnisse mit möglichen Infektionen nach dem Insult sowie dem international standardisierten Bewertungstest für Schlaganfallpatienten, der modifizierten Rankin-Skala (mRS). Ergebnis: Je höher die NGAL-Konzentration ausfiel, desto schlechter waren auch die Ergebnisse auf der Rankin-Skala und damit die Chance, in ein normales und unbetreutes Leben zurückzukehren. Nun soll der neue Biomarker an einer größeren Probandengruppe erprobt werden.
APA

E-Zigaretten nur mäßig wirksam

Ähnlich wie Nikotinpflaster sind auch E-Zigaretten bei der Raucherentwöhnung nur wenig wirksam. Das ergab eine neuseeländische Studie, für die aufhörwilligen Rauchern 13 Wochen lang entweder Pflaster (5,8 Prozent schafften den Ausstieg), E-Zigaretten mit verdampfter Nikotinlösung (7,3 Prozent) oder nikotinfreie E-Zigaretten (4,1 Prozent) angeboten wurden. Die Befragung und Untersuchung erfolgte sechs Wochen danach.
APA/The Lancet

Neue HPV-Impfung in Sicht

Forscher der Medizinischen Universität Wien konnten in einer präklinischen Studie nachweisen, dass ein neu zusammengesetzter Impfstoff gegenüber den bisherigen deutlich breiter wirksam ist gegen Hoch- und Niedrig-Risiko-Typen von HPV. Weiters schützt er erstmals auch gegen kutane HPV-Typen und die dadurch verursachten Warzen, was speziell bei Immunsupprimierten von Bedeutung ist.
APA/Journal of Investigative Dermatology

Hochenergie-Defibrillator implantiert

Erstmals wurde im Linzer AKH in einem rund einstündigen Eingriff ein Hochenergie-Defibrillator implantiert. Schon ab der ersten Therapieabgabe kann das Gerät eine Energieleistung von bis zu 45 Joule erbringen, was eine größere Sicherheit für Hochrisikopatienten bedeutet. Der Defibrillator ist außerdem MR-tauglich und kann kontinuierlich fernbetreut werden.
APA

Genmutation verursacht fehlendes Schmerzempfinden

Die Veränderung des Gens SCN11A führt zu einer Überfunktion des Natriumkanals in der Hülle von Rückenmarkszellen; die Folge: das Schmerzempfinden fehlt. Ähnliche Erkrankungen führten ausnahmslos zu einer erhöhten Schmerzwahrnehmung. Die Wissenschafter der Universität Jena hoffen, Medikamente entwickeln zu können, die den Natriumkanal gezielt ausschalten.
APA/Nature Genetics

Kamra-Inlays bei Presbyopie: erste Langzeitstudie positiv

Mehr als 80 Prozent der Patienten mit Presbyopie können nach der Implantation eines „Kamra-Inlays“, einer Lochblende, auf eine Fern- und Lesebrille verzichten. Günther Grabner, Leiter der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie Salzburg, konnte in der ersten Langzeitstudie über fünf Jahre nachweisen, dass „die Sehverbesserung über diesen Zeitraum anhält“. Nur bei einem von 32 Patienten kam es zu keiner Verbesserung im Sehtest. Beim Kamra-Inlay handelt es sich um eine Kunststoffscheibe mit 3,8 Millimeter Durchmesser sowie einem 1,6 Millimeter kleinen Loch, die in eine mittels Laser erzeugte Tasche der Hornhaut geschoben wird. Das Prinzip gleicht jenem der Fotokamera: Die Blende wird kleiner gestellt und die Tiefenschärfe damit erhöht. Der Eingriff wird jedoch nur an einem Auge, dem „Leseauge“, durchgeführt. Die häufigste Komplikation, die bei rund drei Prozent der Patienten auftritt, sind „Halos“ – kleine Lichtringe rund um Lichtquellen. Stört das zu sehr, kann das Inlay wieder entfernt werden. Derzeit beträgt die Explantationsrate etwa zwei Prozent.
APA

Regelmäßige Koloskopie senkt Krebs-Risiko

Eine ab dem 50. Lebensjahr alle zehn Jahre durchgeführte Koloskopie senkt das Risiko, an Dickdarmkrebs zu erkranken, um 40 Prozent. Auch die Sigmoidoskopie zeigt gute Ergebnisse in der Prävention; effektiver ist jedoch die Koloskopie, wie Wissenschafter der US-amerikanischen Harvard University aufgrund der Daten von fast 89.000 Personen herausfanden. Die Forscher stützten ihre Schlussfolgerungen auf die Analyse von Fragebögen, die zwischen 1988 und 2008 alle zwei Jahre erhoben wurden. Insgesamt gab es dabei 1.815 Fälle von Dickdarmkrebs, von denen 474 tödlich endeten. Bis jetzt war es unklar, wie oft eine Koloskopie durchgeführt werden muss beziehungsweise wie wirksam sie zur Verbeugung ist. Allerdings empfehlen die Forscher Personen, die an Kolonkrebs erkrankte Verwandte haben, häufiger als alle zehn Jahre zur Darmspiegelung zu gehen.
APA/NEJM

Koffein verlangsamt Gehirnentwicklung bei Jugendlichen

Im Tierversuch konnten Zürcher Forscher nachweisen, dass Koffein bei pubertierenden Ratten den Tiefschlaf vermindert und die Gehirnentwicklung verzögert. Das Team um Reto Huber vom Kinderspital Zürich verabreichte Ratten während fünf Tagen eine Koffeinmenge, die auf den Menschen umgerechnet etwa drei bis vier Tassen Kaffee pro Tag entspricht. Anhand der Hirnstromwellen konnten die Forscher feststellen, dass der Tiefschlaf der Tiere noch eine Woche später reduziert war. Die Ratten, die Koffein erhalten hatten, blieben im Vergleich zu denen, die reines Wasser getrunken hatten, scheu und vorsichtig, obwohl Ratten mit zunehmendem Alter normalerweise neugieriger werden. In den letzten 30 Jahren ist der Koffeinkonsum von Kindern und Jugendlichen – vor allem durch koffeinhaltige Energy-Drinks – um mehr als 70 Prozent gestiegen.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 19 / 10.10.2013