neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

15.07.2013 | Medizin

Nach Krebs: Mehr chronische Krankheiten

Patienten, die als Kinder an Krebs erkrankt waren, haben als Erwachsene ein weitaus höheres Risiko für chronische Krankheiten. Wie eine US-amerikanische Studie mit mehr als 1.700 Krebs-Überlebenden zeigte, litten 80,5 Prozent der Teilnehmer im Alter von 45 Jahren beispielsweise an Herzproblemen oder Lungen-Fehlfunktionen. Je älter die Betreffenden waren, umso eher zeigten sich Probleme.
APA/JAMA

Beta3-Agonist gegen überaktive Blase

Bei der Behandlung der überaktiven Blase wird in Zukunft auch der Beta3-Agonist Mirabegron eingesetzt. Der Vorteil: Die Substanz hat im Vergleich zu herkömmlichen Antimuskarinika deutlich weniger Nebenwirkungen, sagt Univ. Prof. Heinz Kölbl von der Klinischen Abteilung für Allgemeine Gynäkologie, deren Forscher maßgeblich an der Phase III-Studie mitgewirkt haben.
APA

Funktionelle MRT unterstützt Neurochirurgie

Mit Hilfe der klinischen funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) kann im Millimeterbereich angezeigt werden, wo funktionskritisches Nervengewebe im Gehirn liegt. Das bedeutet mehr diagnostische Sicherheit bei Operationen, wie eine Multicenter-Studie der Medizinischen Universität Wien unter der Leitung von Univ. Prof. Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie bestätigte.
APA/Radiology

Luftverschmutzung erhöht Autismus-Risiko

Sind schwangere Frauen starker Luftverschmutzung ausgesetzt, erhöht sich das Risiko, ein autistisches Kind zur Welt zu bringen, bis auf das Doppelte. Als besonders schädlich erwiesen sich in einer Studie der Harvard University (USA) Diesel-Feinpartikel und erhöhte Quecksilber-Werte. Bei Kontakt mit Blei oder Mangan stieg das Risiko ebenfalls um 50 Prozent.
APA/Environmental Health Perspectives

Diabetes: Höheres Risiko für Demenz und Depression

Menschen, die an Typ 2-Diabetes leiden, erkranken etwa viermal so häufig an einer gefäßbedingten Demenz, das Risiko für einen M. Alzheimer ist etwa eineinhalb bis zwei Mal so hoch wie bei gesunden Patienten, wie mehrere Studien gezeigt haben. Wissenschafter erklären sich das mit schweren Unterzuckerungen – etwa durch fehlerhafte Insulingaben – , die zu Hirnschädigungen führen können und eine Demenz beschleunigen. Diabetiker haben außerdem ein doppelt so hohes Risiko, an einer Depression zu erkranken: Rund zehn Prozent von ihnen sind betroffen. „Einerseits erhöht die Depression das Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, andererseits gehen die Belastungen der körperlichen Erkrankung einher mit der Entwicklung von depressiven Symptomen“, erklärt Univ. Prof. Johannes Kruse vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg.
APA

„Teebeutel“-Dialyse bei Sepsis

Ein Immun-Unterstützungssystem außerhalb des Körpers, das an das Prinzip der Dialyse angelehnt ist, hat der Nierenspezialist Steffen Mitzner aus Rostock zusammen mit anderen Forschern entwickelt. Dabei wird wie in einem Teebeutel in einem Gerät das mit Gift- und Abfallstoffen belastete Blutplasma des Patienten mit gesunden Immunzellen eines Spenders der gleichen Blutgruppe entlang einer Membran in engen Kontakt gebracht. In jeweils mehrstündigen Umläufen holen die gesunden Zellen die Giftstoffe aus dem Blut der Patienten, ohne jedoch in direkten Kontakt mit ihn zu kommen, was Abwehrreaktionen vorbeugt. Wie Marker im Blut der Patienten bestätigten, geben die gesunden Immunzellen zusätzlich immunaktivierende Substanzen ab, die zur Genesung beitragen. Schon nach einem einzigen Umlauf stabilisiert sich der Kreislauf der Patienten; in dieser Zeit könne sich das Immunsystem des Betroffenen erholen. Während bislang die Mortalität einer Sepsis bei bis zu 60 Prozent betrug, lag sie in einer klinischen Studie an 20 Patienten nur noch bei 35 Prozent.
APA

Amphetamin wirkt über Serotonin-Transporter

Amphetamin entfaltet seine Wirkung nur dann, wenn die Zellmembranen den Serotonin-Transporter durch das Membranlipid PIP2 aufnahmebereit machen, wie Harald Sitte und Stefan Böhm vom Zentrum für Physiologie und Pharmakologie der Medizinischen Universität Wien nachweisen konnten. Zusätzlich konnten die Forscher auch jene Stelle identifizieren, an der sich PIP2 an das Membranprotein bindet. „Das kann uns einen wichtigen Schritt in Richtung Behandlung von Abhängigkeiten von diesen Substanzen bringen“, erklärte Sitte. Denn Serotonin-Transporter sind das Ziel von verschiedenen Medikamenten wie etwa Antidepressiva, aber auch von Drogen wie Kokain oder Amphetamin.
APA/Proceedings

Bisphenol A gelangt direkt ins Blut

Wird Bisphenol A anstatt über den Verdauungstrakt über die Mundschleimhäute absorbiert, erreicht die Konzentration der Substanz im Blut einen fast um das Hundertfache erhöhten Wert. Das zeigten französische Forscher in einer Studie mit Hunden, deren Mundschleimhäute ähnlich wie jene des Menschen beschaffen sind. Bisphenol A gilt als Hormon-verändernd, Nerven-schädigend und karzinogen. Die rasche orale Aufnahme ist problematisch, da die Chemikalie vor allem in Innenbeschichtungen von Konservendosen und Plastikflaschen sowie Plastikverpackungen aus Polycarbonat vorkommt. Auch Kassenbons und Fahrkarten können Bisphenol enthalten. Frühere Studien haben gezeigt, dass schon kleinste Mengen über Hautkontakt in den Organismus eindringen und diesen schädigen können. Für Babyfläschchen ist Bisphenol A daher bereits EU-weit verboten.
APA/Environmental Health Perspectives

Neuer 3D-„Gehirn-Atlas“

Für die Erstellung des Atlas schnitt ein Forscherteam das Gehirn einer 65-Jährigen in 7.400 Scheiben; jede einzelne davon ist dünner als ein menschliches Haar, womit jede Zelle einzeln erkennbar ist. „Die Zellen sind zwar noch etwas unscharf, aber wir sehen, wie dicht sie liegen und wie sie verteilt sind. Wir sehen bis in den letzten Winkel des Gehirns“, sagte Projektleiterin Univ. Prof. Katrin Amunts, die in Jülich und Düsseldorf arbeitet. Ein weiteres Ergebnis: Je nach Funktion eines Gehirnareals – etwa bei Bewegung oder der Verarbeitung von Tönen – sind die Zellen im Gehirn auch ganz speziell angeordnet. Die genaue Darstellung des Gehirns und seiner Zellen soll helfen, Prozesse der Kognition, Sprache oder Emotion nachzuvollziehen und auch Störungen besser zu verstehen. Das Basis-Hirnmodell kann auch mit Daten zu molekularem Aufbau, genetischen Informationen oder Verbindungen zwischen den Hirnarealen ergänzt werden. Mit Hilfe dieses dreidimensionalen „Gehirn-Atlas“ soll etwa künftig die Platzierung der Elektroden bei der tiefen Hirnstimulation eines M. Parkinson millimetergenau erfolgen.
APA/Science

Mehr FSME-Fälle in Österreich

Anfang Juni 2013 wurden für Österreich insgesamt zehn Fälle von FSME gemeldet, während es im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt nur sieben waren. „Dass es von Jahr zu Jahr Schwankungen bei der Anzahl der FSME-Betroffenen gibt, ist vollkommen normal“, erklärt Univ. Prof. Franz X. Heinz vom Department für Virologie der Medizinischen Universität Wien. So wurde im Verlauf der letzten zehn Jahre eine starke Zunahme von FSME-Fällen vor allem im Westen Österreichs verzeichnet. Heinz dazu: „Nach wie vor zählen die Steiermark und Kärnten zu den stärksten Endemiegebieten. Dort registrieren wir den höchsten Anteil an Personen, die von FSME betroffen sind – im Hinblick auf die Zahl der Ungeimpften.“ Waren es früher vor allem die westlichen Bundesländer, muss heute in ganz Österreich mit der Gefahr vor Zeckenstichen und einer damit einhergehenden FSME-Infektion gerechnet werden. Über die Gründe dafür kann man laut Heinz nur Vermutungen anstellen: Der weltweite Klimawandel könnte Anteil an dieser Entwicklung haben. Wieso sich die FSME in den jeweiligen Altersgruppen unterschiedlich äußert, erklärt der Experte folgendermaßen: „Während sich die Infektion mit FSME bei jüngeren Personen häufig nur durch eine schwache Erkrankung wie zum Beispiel Fieberschübe auszeichnet, leiden vor allem Personen ab einem Alter von 51 Jahren unter schweren Symptomen.“ Dabei kommt es häufig zu einer Mitbeiligung des ZNS in Form einer Enzephalitis oder Meningitis.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2013