Standpunkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Enormes Frustpotential

10.03.2012 | Standpunkt

(c) Gregor Zeitler

Die Unzufriedenheit der Spitalsärztinnen und Spitalsärzte ist enorm – das hat eine von der Bundeskurie angestellte Ärzte in Auftrag gegebene Blitzumfrage unter 500 Spitalsärztinnen und Spitalsärzten über ihre Arbeitssituation ergeben.

Die Ergebnisse sind zum Teil erschreckend. Nur ein Drittel der Befragten ist mit den Rahmenbedingungen im Spital beziehungsweise an seiner Abteilung zufrieden. Dabei geht es um ganz zentrale Bereiche wie die Arbeitszeit, die Infrastruktur und die Organisation. Immerhin mehr als 30 Prozent sind ganz und gar nicht mit den Rahmenbedingungen ihrer derzeitigen ärztlichen Tätigkeit zufrieden. Wobei: Der Anteil der Fachärzte, die unzufrieden sind, ist enorm hoch. Und auch in einem anderen Bereich zeigt sich bei dieser Gruppe ein überdurchschnittlich hohes Maß an Unzufriedenheit: Es geht dabei um Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten.

Die Studie hat aber auch ein – wie ich meine – anderes, gewaltiges Problemfeld aufgezeigt: Konkret geht es darum, wie in einem Spital Entscheidungsprozesse ablaufen, wie sie kommuniziert werden und auch darum, wie sehr die Meinung der Mitarbeiter in diesen Prozessen Berücksichtigung findet. Die Ergebnisse sind bezeichnend: Nur jeder Zweite ist mit den derzeit praktizierten Abläufen zufrieden. Das ist ein ganz klares Signal dafür, dass im Vorfeld von Entscheidungen, die für Ärztinnen und Ärzte wesentliche Veränderungen bedeuten, diese frühzeitig involviert, aber auch über das weitere Procedere laufend informiert werden sollen und müssen. Dass darüber hinaus die Anliegen der Ärzte in diese Entscheidungsprozesse einfließen sollten, versteht sich wohl von selbst.

Es ist daher nur wenig verwunderlich, dass eine Identifikation mit dem Dienstgeber beziehungsweise mit dem jeweiligen Krankenanstaltenverbund so gut wie nicht existiert. Die Ärztinnen und Ärzte identifizieren sich zwar noch mit der eigenen Abteilung, aber schon weitaus geringer mit dem eigenen Krankenhaus oder der jeweiligen Gesundheitseinrichtung.

Was das einzig wirklich Erfreuliche an dieser Studie ist: Die Ärztinnen und Ärzte sind äußerst zufrieden mit ihrer ärztlichen Tätigkeit – trotz aller Widrigkeiten, mit denen sie tagtäglich konfrontiert sind. Dazu zählt etwa die Tatsache, dass 49-Stunden-Dienste nach wie vor zulässig sind. Hier fordern wir eine gesetzliche Regelung zur Umsetzung der maximalen Dienstdauer von 25 Stunden.

Dass all das nicht ohne Folgen bleibt, zeigt die nach wie vor ungebrochen hohe Burn out-Belastung unter angestellten Ärztinnen und Ärzten.

Wer Spitalsärztinnen und Spitalsärzte haben will, die ihre ärztliche Tätigkeit auch zur Zufriedenheit der Patienten ausüben, der muss auch dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen, in denen diese Leistungen erbracht werden, stimmen.

Harald Mayer
Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2012