Recht: Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012

15.08.2012 | Service

Die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 führt ab 1.1.2014 eine zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit ein. Aufgrund der Auflösung der Arzt-spezifischen unabhängigen Verwaltungsbehörden betrifft die Reform auch die Standesorganisation der Ärzte.
Von Herbert Emberger et al.*

Im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 werden die bisherigen unabhängigen Verwaltungssenate (UVS) in den Ländern aufgelöst und durch Verwaltungsgerichte für jedes Bundesland ersetzt. Auf Bundesebene werden ein Verwaltungsgericht des Bundes („Bundesverwaltungsgericht“) und ein Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen („Bundesfinanzgericht“) eingerichtet.

Ziel und Zweck der Reform ist „ein Ausbau des Rechtsschutzsystems im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung und eines verstärkten Bürgerservice sowie die Entlastung des Verwaltungsgerichtshofes“. Das Bundesverwaltungsgericht wird in Zukunft u.a. die Aufgaben des Asylgerichtshofes und des Bundesvergabeamtes übernehmen. Die Novelle bringt beispielsweise für die Instanzen im Steuerverfahren eine entscheidende Änderung, da ab 1.1.2014 anstelle der bisherigen Unabhängigen Finanzsenate (UFS) das Bundesfinanzgericht tritt. Das heißt im steuerlichen Rechtsmittelverfahren wird das Bundesfinanzgericht die erste Instanz sein, zweite Instanz bleibt wie bisher der Verwaltungsgerichtshof, der allerdings in Zukunft nur unter gewissen Voraussetzungen angerufen werden kann, etwa wenn eine uneinheitliche Rechtsprechung vorliegt oder der betreffenden Rechtsfrage eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Bereits seit 1.7.2012 hat der Verwaltungsgerichtshof die Befugnis, bei Beschwerden in der Sache selbst zu entscheiden. Details für das Verfahren vor dem neuen Bundesfinanzgericht werden in einem eigenen Bundesgesetz zu regeln sein.

Aber auch für die Ärztekammern bringt die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 Änderungen mit sich, da im Zuge dieser Reform sonstige unabhängige Verwaltungsbehörden, worunter auch die Landesberufungskommission, die Bundesschiedskommission, die unabhängige Heilmittelkommission und der Disziplinarsenat der ÖÄK fallen, aufgelöst werden. Aber 1.1.2014 gehen die Angelegenheiten dieser Behörden auf die Verwaltungsgerichte über. Die Aufgabe der Landesberufungskommission war bisher die letztinstanzliche Entscheidung in Streitigkeiten aus Einzelverträgen zwischen Ärzten und Krankenversicherung, jene der Bundesschiedskommission die letztinstanzliche Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Gesamtvertrag sowie über die Wirksamkeit von Kündigungen eines Einzelvertrages. Die unabhängige Heilmittelkommission überprüfte Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex. Der Disziplinarsenat der ÖÄK war bisher die Berufungsinstanz gegen Entscheidungen der Disziplinarkommission.

Durch die Novelle wird unter anderem das berufsspezifische Element (= Besetzung des Entscheidungsgremiums mit fachkundigen Laienrichtern) in der Disziplinargerichtsbarkeit beeinträchtigt. Gleiches gilt auch für die genannten Arzt-spezifischen unabhängigen Behörden, die durch diese Reform aufgelöst werden.

Ob durch diese Reform tatsächlich die erhoffte Kostenreduktion sowie eine Verkürzung der Verfahrensdauer eintreten werden, ist fraglich.

*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der Österreichischen Ärztekammer,
Dr. Renate Wagner-Kreimer
ist Juristin in der ÖÄK und Mag. Verena Mayer ist Juristin

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2012