neu & aktuell: Politische Kurzmeldungen

25.03.2012 | Politik


Indien: Patent erstmals zwangsweise abgegeben

Der Pharmakonzern Bayer muss nach einem Urteil des indischen Patentamts das Patent für das Chemotherapeutikum Nexavar gegen eine geringe Lizenzabgabe an den indischen Generika-Hersteller Natco weitergeben. Damit würden die monatlichen Kosten für eine Behandlung von rund 4.200 Euro auf 133 Euro gesenkt. Bayer prüft nun die Möglichkeit, juristisch gegen das Urteil vorzugehen.


EU/USA: Rindfleisch-Import bald erlaubt?

Das Einfuhrverbot für Rindfleisch aus der EU, das die US-amerikanischen Behörden 1997 wegen der BSE-Seuche verhängt hatten, könnte laut einem in den USA veröffentlichten Gesetzesentwurf bald aufgehoben werden. 60 Tage lang kann die Öffentlichkeit den Entwurf kommentieren; die US-amerikanische Regierung entscheidet danach, ob die Einfuhr wieder erlaubt wird.

Großbritannien: Mann klagt Sterbehilfe ein

Der Londoner High Court erlaubte einem 57-jährigen, vollständig gelähmten Mann mit Locked-in-Syndrom, seinen Wunsch nach aktiver Sterbehilfe gerichtlich einzuklagen, ohne dass der Arzt wegen Mordes belangt wird. Das Gericht akzeptierte die Argumentation; der Antrag, das Sterbehilfe-Gesetz insgesamt zu prüfen, wurde jedoch abgelehnt. Der Mann erlitt im Jahr 2005 einen Insult.

PIP-Brust-Implantate: Gründer in Haft

Nach dem Skandal um Billig-Brustimplantate ist der Gründer der mittlerweile insolventen französischen Firma PIP (Poly Implant Prothèse), Jean-Claude Mas, festgenommen worden; er hatte die Kaution von 100.000 Euro nicht bezahlt. Mas hatte zugegeben, drei Viertel der Brust-Implantate illegal mit Billig-Gel gefüllt zu haben. Weltweit sind Hunderttausende Frauen betroffen.

Universität Innsbruck: Tilmann Märk wird neuer Rektor

Der neue Rektor der Innsbrucker Leopold-Franzens-Universität Univ. Prof. Tilmann Märk und seine vier Vize-Rektoren wurden kürzlich in ihre Ämter eingeführt. Die Inauguration stand auch im Zeichen der geplanten Wiedervereinigung der Stammuniversität mit der Medizinischen Universität Innsbruck. Kürzlich hatten sich die Senate beider Universitäten für eine Wiedervereinigung ausgesprochen – sofern Bund und Land für die dadurch entstehenden Mehrkosten aufkommen. Als eine seiner Zielsetzungen für die kommenden vier Jahre seiner Amtszeit nannte der neue Rektor die „Optimierung der Verwaltungsabläufe und Strukturen“; auch wolle er die Spitzenposition der Universität national und international absichern. Vize-Rektoren werden Univ. Prof. Anke Bockreis für den Bereich Infrastruktur, Ass. Prof. Wolfgang Meixner für das Personal, Univ. Prof. Sabine Schindler für die Forschung und Univ. Prof. Roland Psenner für Lehrende und Studierende.

Hausapotheken sichern Medikamenten-Versorgung

Heftike Kritik an der Aussage des Präsidenten der Tiroler Apothekerkammer, Martin Hochstöger, der einen Alleinanspruch auf die Abgabe von Medikamenten für die Apotheken forderte, kommt von der Ärztekammer Tirol. Das in Österreich bestehende duale Versorgungssystem sieht vor, dass Arzneimittel in öffentlichen Apotheken und auch von konzessionierten Hausapotheken abgegeben werden. „Bei dieser Gesetzes- und Aufgabenlage die Kompetenz der Ärzte in Frage zu stellen, entbehrt jeder sachlichen, fachlichen und rechtlichen Grundlage“, hält der Präsident der Tiroler Ärztekammer, Artur Wechselberger, fest.


SVA: Zahlungserleichterungen für Versicherte

Die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) verspricht ihren Versicherten – besonders Ein-Personen-Unternehmen – Zahlungserleichterungen in finanziell schwierigen Situationen. So sollen Zahlungsfristen ausgedehnt werden und die SVA will sich bei Verzugszinsen für Beitragsrückstände in den ersten Jahren nach Unternehmensgründung zurückhalten, kündigte der stellvertretende Obmann Peter McDonald an. Die von Gesundheitsminister Alois Stöger (S) geforderte Abschaffung des Selbstbehalts hingegen lehnt die SVA ab; dies würde die finanzielle Tragfähigkeit der Versichertengemeinschaft gefährden und höhere Beiträge erfordern. Auch um ein Krankengeld für Selbstständige will man sich laut einer kürzlich beschlossenen Protokollanmerkung bemühen; die AUVA (Allgemeine Unfallversicherungsanstalt) zeigt sich zur Kostenübernahme bereit. Das Gesundheitsministerium wartet nun auf einen Vorschlag der SVA.

Betrugsverdacht bei Notfallsanitäter-Ausbildung

Laut einem Amtsvermerk des Landespolizeikommandos Wien steht Mark B. im Verdacht, mit einem gefälschten Promotionsbescheid als Doktor der gesamten Heilkunde aufgetreten zu sein. Im Zuge dessen hat er als Prüfer beziehungsweise Kommissionsvorsitzender der Prüfungskommission in St. Pölten, Tulln und Melk insgesamt 565 Prüfungen für Notfall-Sanitäter abgenommen – wozu er jedoch nicht berechtigt war. Die ÖÄK ersucht vor allem die im Bereich der Notfallsanitäter-Ausbildung beschäftigten Kolleginnen und Kollegen um besondere Aufmerksamkeit.


Wiener Gemeinderat: AKH im Fokus

Mit den Problemen rund um das Allgemeine Krankenhaus – Stichwort Korruption bei der Auftragsvergabe, Arbeitszeiten und das EDV-System AKIN – befasste sich nun auch der Wiener Gemeinderat. Während ÖVP und FPÖ grobe Mängel im „System AKH“ sehen, kritisierten die Regierungsparteien die Opposition, die zu wenig konkrete Vorschläge bieten würde. FPÖ-Klubchef Johann Gudenus forderte Konsequenzen aus den Korruptionsvorwürfen rund um die Vergabe eines 50 Millionen schweren Reinigungsauftrags. Auch VP-Mandatarin Ingrid Korosec kritisierte die „Skandalvergabe“; darüber hinaus verwies sie auch auf die Implementierung des EDV-Systems AKIN, die inzwischen seit 15 Jahren laufe. Die Gesundheitssprecherin der Wiener Grünen, Sigrid Pilz, kritisierte vor allem die zu langen Dienste und die Nebenbeschäftigung mancher Ärzte. Diese müssten sich verstärkt wieder auf ihre „Kernaufgabe“, das AKH, besinnen.

Neuer Standort für Vienna School of Clinical Research

Seit 2012 hat die Vienna School of Clinical Research (VSCR) einen neuen Standort: Das internationale Ausbildungs- und Kompetenzzentrum für klinische Forschung ist nun am Campus Vienna Biocenter in Wien/Landstraße beheimatet. Seit der Gründung im Jahr 2000 wurden rund 24 standardisierte Kurse und Programme in verschiedenen Bereichen der klinischen Forschung entwickelt. Mehr als 6.000 Teilnehmer aus 90 Ländern haben an mehr als 400 Kursen und Trainings teilgenommen.

Ärztekammer-Wahl in Niederösterreich gelaufen

Mitte März hat die Ärztekammer-Wahl in Niederösterreich stattgefunden. Dabei erzielte die Gruppierung „Die Engagierten“ mit dem amtierenden Präsidenten Christoph Reisner zu den bisherigen 13 Mandaten noch zwei weitere von den insgesamt 53 zu vergebenden Mandaten. „Die Überparteilichen“ (NÖ Ärzteverband) verloren vier ihrer bisher insgesamt 18 Mandate. „Die Niedergelassenen“ erreichten sieben, „ARGUS“ fünf, die Spitalsärzte und „Wir Ärzte NÖ“ jeweils vier, „Vereinigte Ärzte NÖ“ drei Mandate und die IGMED (Interessensgemeinschaft Medizin) eines. Die Fraktion von Christoph Reisner, der sich in einer ersten Reaktion „erleichtert“ über das Ergebnis zeigte und „eine breite Koalition auf die Beine stellen will“, liegt in der Kurie der angestellten Ärzte mit acht Mandaten vor dem Ärzteverband (fünf); dieser wiederum ist in der Kurie der niedergelassenen Ärzte mit vier Mandaten um eines voran.


Kassen-Umsätze in Apotheken steigen

Während der Zuwachs bei den Ausgaben der Krankenkassen für Arzneimittel auf Kassenrezept im vergangenen Jahr mit 2,25 Prozent unter der Inflationsrate (3,3 Prozent) lag, betrug er im Jänner dieses Jahres 6,42 Prozent; im Februar 6,68 Prozent. „Wir haben einen stärkeren Zuwachs, was Packungen und Wert betrifft. Für uns ist nicht ganz nachvollziehbar, warum. Auffällig ist die Dynamik bei den höher-preisigen Arzneimitteln“, so Leopold Schmudermaier, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer. 2011 wurden insgesamt Medikamente für 2,252 Milliarden Euro auf Kassenrezept abgegeben – was ein Plus von 2,25 Prozent zu 2010 (2,196 Milliarden Euro) bedeutet. Die Umsatz-Zuwächse variieren von Bundesland zu Bundesland: Mit einem Plus von 4,3 Prozent lag Salzburg 2011 an der Spitze, gefolgt von der Steiermark (2,8 Prozent), Oberösterreich (2,7 Prozent), Tirol (2,4 Prozent), Burgenland und Kärnten (je 2,2 Prozent), Wien (2,1 Prozent), Vorarlberg (1,7 Prozent) und Niederösterreich (1,2 Prozent). Die auf Kassenrezept in öffentlichen Apotheken abgegebenen Medikamente machen rund 85 Prozent des Gesamtmarktes der Ausgaben der Krankenversicherung für Arzneimittel aus.

UN fordert Steuern auf Soft Drinks und Junk Food

In einem UN-Bericht über die Ernährungslage in den Industriestaaten fordern Experten Steuern auf Soft Drinks und jegliche Art von Junk Food. Außerdem solle es der Agrarindustrie unmöglich gemacht werden, Kosten für Werbekampagnen von Nahrungsmitteln, die zu Fett-, Zucker- und Salz-haltig sind, von der Steuer abzusetzen. So könnte man die in reichen Staaten verbreitete ungesunde Ernährungsweise bekämpfen. Die Experten kritisieren in ihrem Bericht, der dem UN-Menschenrechtsrat in Genf vorgelegt wurde, darüber hinaus, dass Subventionen in vielen Ländern – wenn auch indirekt – die Massenproduktion und Vermarktung von potentiell ungesundem Essen fördern und nicht den Konsum von frischen und nährstoffreichen Nahrungsmitteln. Agrarsubventionen seien demzufolge auch eine Ursache dafür, dass ein Teil der Weltbevölkerung hungern müsse, während Millionen von Menschen in den Industrieländern zu viel und ungesund essen.

Deutschland: weniger Herzinfarkte durch Rauchverbot

Seit Einführung der Nichtraucherschutzgesetze in Deutschland 2007 und 2008 sind die stationären Behandlungen von Herzinfarkten um acht Prozent gesunken, jene Angina pectoris um 13 Prozent, wie eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit ergab. Dafür wurden fünf Jahre lang die Krankenhausdaten von mehr als drei Millionen Versicherten der DAK ausgewertet. Schon ein Jahr nach Einführung des Rauchverbots wurden bei der DAK-Gesundheit 1.880 stationäre Behandlungen verhindert und somit Kosten in der Höhe von 7,7 Millionen Euro eingespart. Nichtraucherschutzgesetze gelten in allen deutschen Bundesländern; die strengste Regelung – ein striktes Rauchverbot für alle Gaststätten – gilt in Bayern. Allein im Jahr 2010 waren 41 Prozent der Todesfälle (353.000 Menschen) in Deutschland auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen; 60.000 sind einem Herzinfarkt erlegen.

Niederlande: Initiative für Selbsttötung gescheitert

Die Forderung der Bürgerinitiative „Uit vrije Will“ (Aus freiem Willen), Menschen ab 70 Jahren generell das Recht auf Selbsttötung einzuräumen, wurde kürzlich vom niederländischen Oberhaus abgelehnt. Während die aktive Sterbehilfe in den Niederlanden bereits seit 2002 für Schwerstkranke legal ist, sollten laut der Initiative über 70-Jährige – unabhängig von einer schweren Erkrankung – den gesetzlichen Anspruch auf ärztliche Unterstützung beim Suizid erhalten, sofern sie bei klarem Bewusstsein sind. Nachdem die Bürgerinitiative mehr als 160.000 Unterschriften gesammelt hatte, musste das Parlament das Anliegen behandeln. Es wurde schließlich mit den Stimmen der bürgerlichen Minderheitsregierung, der Partei für Freiheit (PVV) und der Sozialdemokraten (PvdA) abgelehnt; nur die linksliberale Partei D66 stimmte dafür.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2012