neu & aktu­ell: Poli­ti­sche Kurzmeldungen

10.05.2012 | Politik


USA: Kinn-Implan­tate im Trend

Die Zahl von Kinn-Implan­ta­ten ist in den USA im ver­gan­ge­nen Jahr bei Män­nern und Frauen um 71 Pro­zent gestie­gen: Knapp 10.600 Män­ner und mehr als 10.000 Frauen hat­ten sich ope­rie­ren las­sen. Auch die Zahl der Lip­pen- und Wan­gen-Implan­tate stieg um 49 bezie­hungs­weise 47 Pro­zent. Num­mer eins sind noch immer Brust-Implan­tate; hier stieg die Zahl um vier Pro­zent auf 307.000 Ope­ra­tio­nen.

ÖVP-Senio­ren­bund gegen Stöger

Der ÖVP-Senio­ren­bund und des­sen Obfrau Ingrid Koro­sec wol­len Gesund­heits­mi­nis­ter Stö­ger (S) seine Agen­den ent­zie­hen; Bun­des­kanz­ler Fay­mann (S) und Vize­kanz­ler Spin­de­leg­ger (V) soll­ten die­sen Poli­tik­be­reich über­neh­men. Außer bei der Neu­re­ge­lung der Rezept­ge­büh­ren-Ober­grenze habe Stö­ger auch bei ELGA und der E‑Medikation ver­sagt. Die ÖVP lehnt beide Vor­ha­ben ab.

Kali­for­nien: neuer BSE-Fall

Auf einem kali­for­ni­schen Bau­ern­hof im Cen­tral Val­ley wurde laut US-ame­ri­ka­ni­schem Land­wirt­schafts­mi­nis­te­rium bei einer ver­en­de­ten Milch­kuh BSE fest­ge­stellt. Damit ist dies der vierte nach­ge­wie­sene BSE-Fall in den USA. Da das Fleisch nicht in die Lebens­mit­tel- oder Fut­ter­mit­tel­kette gelangt ist, besteht keine Gefahr für die Bevöl­ke­rung. 2011 wur­den welt­weit 29 BSE-Fälle gemel­det, 1992 mehr als 37.000.

Indo­ne­sien: Todes­fall durch Vogelgrippe

Ein zwei­jäh­ri­ger Bub ist in Indo­ne­sien offen­bar nach dem Kon­takt mit Geflü­gel­pro­duk­ten an der Vogel­grippe gestor­ben. Laut dem zustän­di­gen Gesund­heits­mi­nis­te­rium han­delt es sich dabei in die­sem Jahr bereits um den sie­ben­ten Todes­fall, der durch die Erkran­kung ver­ur­sacht wurde. Indo­ne­sien ist bis­her am schlimms­ten von der Vogel­grippe betrof­fen.

Gesund­heits­re­form: Einigung

Bei einer außer­or­dent­li­chen Tagung in Graz haben sich die Gesund­heits­re­fe­ren­ten der Län­der auf ein Reform­pa­pier für das Gesund­heits­we­sen geei­nigt. Die Eck­punkte: Künf­tig wird das gesamte Gesund­heits­we­sen gemein­sam von Bund, Län­dern und Sozi­al­ver­si­che­rung geplant und gesteu­ert. Die Gel­der von Bund, Län­dern und Gemein­den sowie der Sozi­al­ver­si­che­rung wer­den in einem „vir­tu­el­len Topf“ gemein­sam ver­wal­tet. Laut dem ober­ös­ter­rei­chi­schen Lan­des­haupt­mann Josef Püh­rin­ger (V) soll durch die Ein­füh­rung von ein­ver­nehm­lich fest­ge­leg­ten Aus­ga­ben-Ober­gren­zen, die nicht stär­ker wach­sen sol­len als das Wirt­schafts­wachs­tum, „die Finan­zie­rung des Gesund­heits­we­sens nicht mehr aus dem Ruder lau­fen.“ Dar­über hin­aus wol­len die Län­der dem Bund und den Kas­sen künf­tig ein Mit­spra­che­recht bei der Spi­tals­fi­nan­zie­rung zuge­ste­hen. Im Gegen­zug müss­ten die Kas­sen die Ärz­te­stel­len mit den Län­dern abstim­men. Die Län­der­ver­tre­ter der poli­ti­schen Steue­rungs­gruppe, Josef Püh­rin­ger und die Wie­ner Gesund­heits-Stadt­rä­tin Sonja Weh­sely (S) zeig­ten sich zuver­sicht­lich, dass die 15a-Ver­ein­ba­rung der Län­der mit dem Bund in punkto Gesund­heits- und Spi­tals­re­form noch vor dem Som­mer abge­schlos­sen wer­den könnte. Die ver­bind­li­chen Texte die­ser Gesund­heits­re­form lie­gen aller­dings noch nicht vor; Sank­tio­nen sind nicht wirk­lich vor­ge­se­hen und die Aus­wir­kun­gen auf die Ärzte noch unklar.

Rezept­ge­bühr: Ober­grenze bleibt

Eine Reform der Ober­grenze für Rezept­ge­büh­ren sei der­zeit „nicht rea­lis­tisch“ und schei­tere momen­tan an der ÖVP, erklärte Gesund­heits­mi­nis­ter Alois Stö­ger (S) vor Kur­zem. Er sei zwar wei­ter­hin für eine Ände­rung, habe aber auf­grund der Kon­so­li­die­rungs­not­wen­dig­keit auch Ver­ständ­nis. Der­zeit gilt die Rezept­ge­büh­ren-Befrei­ung, wenn die Ober­grenze von zwei Pro­zent des Jah­res­netto-Ein­kom­mens erreicht wird. Aller­dings wer­den darin Medi­ka­mente, die weni­ger als die Rezept­ge­bühr (2012: 5,15 Euro) kos­ten, nicht berück­sich­tigt.

ÖÄK warnt: keine Daten-Wei­ter­gabe an Software-Firmen

Die ÖÄK rät Ärz­ten ein­dring­lich davon ab, ihre Pati­en­ten­da­ten gegen eine Ent­schä­di­gung an Soft­ware-Fir­men wei­ter­zu­ge­ben. Die Fir­men bie­ten Ärz­ten 432 Euro im Jahr, wenn sie Daten von Pati­en­ten und ihrer Ordi­na­tion zur Ver­fü­gung stel­len; diese wer­den anschlie­ßend auto­ma­tisch an das Markt­for­schungs­in­sti­tut IMS Health über­mit­telt. Die Rechts­mei­nung der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer: „Aus daten­schutz­recht­li­cher Sicht ist die Wei­ter­gabe von Pati­en­ten­da­ten grund­sätz­lich ver­bo­ten. Eine Daten­ver­wen­dung ist ins­be­son­dere erst nach aus­drück­li­cher Zustim­mung des Pati­en­ten zuläs­sig.“ Das Markt­for­schungs­in­sti­tut IMS Health gibt an, die Daten für eine Stu­die zu benö­ti­gen, um die Dia­gnose- und The­ra­pie­ge­wohn­hei­ten von nie­der­ge­las­se­nen Ärz­ten in Öster­reich auf­zu­zei­gen. Der Daten­schüt­zer Hans Zeger von der ARGE Daten sieht darin jedoch ein „enor­mes Sicher­heits­pro­blem“; höchst sen­si­ble Daten könn­ten so an Dritte wei­ter­ver­kauft wer­den. Ärzte wür­den damit ihre Ver­trau­lich­keit ver­kau­fen.

Wien: Streit um Geld für Obduktionen

Seit Anfang 2012 erhält die Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät Wien vom Jus­tiz­mi­nis­te­rium weni­ger Geld für Obduk­tio­nen. Die Obduk­tion einer Lei­che kos­tet etwa 5.700 Euro inklu­sive Kos­ten für Per­so­nal, Räum­lich­kei­ten und Geräte. Jedoch müs­sen nach meh­re­ren Ent­schei­dun­gen des Ober­lan­des­ge­richts (OLG), das sich auf das Gebüh­ren­an­spruchs­ge­setz bezog, nicht mehr alle Kos­ten rück­erstat­tet wer­den. Nun soll ent­we­der das Gebüh­ren­an­spruchs­ge­setz novel­liert oder eine „Obduk­ti­ons­pau­schale“ in der Höhe von 2.500 Euro ein­ge­führt wer­den; Ver­hand­lun­gen dies­be­züg­lich lau­fen. Kommt es zu kei­ner Eini­gung „sieht sich die Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät Wien außer­stande, den Obduk­ti­ons­be­trieb in der gegen­wär­ti­gen Form wei­ter auf­recht­zu­er­hal­ten“, wie es in einem Schrei­ben von Rek­tor Univ. Prof. Wolf­gang Schütz an das zustän­dige Minis­te­rium heißt. Pro Jahr wer­den durch­schnitt­lich 500 bis 600 Obduk­tio­nen vor­ge­nom­men.

Neuer Medi­zin-Auf­nah­me­test ist „rechts­wid­rig“

Der neue EMS-Eig­nungs­test für das Medi­zin­stu­dium, bei dem Frauen bevor­zugt wer­den soll­ten, ist laut einem Gut­ach­ten, das die Hoch­schü­ler­schaft der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien beauf­tragt hat, rechts­wid­rig. Erst­mals soll der Test­wert nach Geschlech­tern getrennt aus­ge­wer­tet und die Ergeb­nisse der Frauen um einen „Aus­gleichs­fak­tor“ erhöht wer­den. Laut Gut­ach­ten handle es sich dabei aber um eine „umge­kehrte und indi­rekte Dis­kri­mi­nie­rung“. Die Hoch­schü­ler­schaft for­dert daher „mit Nach­druck“ die Rück­kehr zur ursprüng­li­chen Aus­wer­tung und dar­über hin­aus in die wei­tere Neu­ge­stal­tung ein­ge­bun­den zu wer­den. Grund für die Neue­rung war, dass Frauen zuvor beim Eig­nungs­test schlech­ter abge­schnit­ten hat­ten als männ­li­che Bewer­ber. So haben zuletzt an der Med­uni Wien 56 Pro­zent Frauen am Auf­nah­me­test teil­ge­nom­men; zuge­las­sen wur­den jedoch nur 43 Pro­zent.

Masern: WHO-Ziel nicht erreicht

Obwohl seit 2008 deut­lich weni­ger Men­schen an Masern gestor­ben sind, wurde das für 2010 gesetzte Ziel der WHO (Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion), die Masern-Sterb­lich­keit im Ver­gleich zum Jahr 2000 um 90 Pro­zent zu sen­ken, nicht erreicht. Die welt­wei­ten Todes­fälle san­ken nur um 74 Pro­zent: von 535.000 Fäl­len im Jahr 2000 auf 139.300 im Jahr 2010. Auf­grund von man­geln­dem Impf­schutz ent­fal­len allein auf Indien 47 Pro­zent der Todes­fälle von 2010; in Afrika waren es 36 Pro­zent. In Nord­ame­rika und Europa gab es jeweils weni­ger als ein Pro­zent der Todes­fälle. Mit 74 Pro­zent Geimpf­ten ist der Schutz gegen Masern in Indien noch gerin­ger als in Afrika (76 Pro­zent).

Mys­te­riöse Haut­krank­heit in Vietnam

Die WHO (Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion) ist besorgt über die Aus­brei­tung einer mys­te­riö­sen Haut­krank­heit in Viet­nam. Bereits mehr als 170 Men­schen sind daran erkrankt; 19 von ihnen sind gestor­ben. Beson­ders häu­fig sind Kin­der unter zehn Jah­ren betrof­fen. Die Sym­ptome sind steife Glied­ma­ßen sowie an Hän­den und Füßen Geschwüre, die Brand­ver­let­zun­gen ähneln. Außer­dem ent­wi­ckelt jeder zehnte Erkrankte Leber­stö­run­gen. Die Ursa­chen für die Erkran­kung, die vor allem im Bezirk Ba To in der Pro­vinz Quang Ngai (Zen­tral­viet­nam) auf­tritt, sind noch unklar. Die Haut­krank­heit scheint nicht hoch anste­ckend zu sein; ähn­li­che Aus­brü­che in ande­ren Gegen­den gibt es bis­lang nicht.

ÖÄK gegen Internet-Ärzte

Schwere Beden­ken äußert die ÖÄK gegen Ver­schrei­bun­gen und Rezepte von Inter­net-Ärz­ten. Beson­ders die von bri­ti­schen Ärz­ten nun auch in Öster­reich ange­bo­te­nen Rezepte für Life­style-Medi­ka­mente seien „medi­zi­nisch gefähr­lich, ver­werf­lich und Ergeb­nis eines in Öster­reich rechts­wid­ri­gen Vor­gangs“, wie ÖÄK-Prä­si­dent Wal­ter Dor­ner betonte. Die Ver­ant­wor­tung für mög­li­che uner­wünschte Gesund­heits­fol­gen liege bei den Apo­the­ken, die die Rezepte ein­lös­ten, ohne sie wei­ter zu hin­ter­fra­gen. Vom Gesund­heits­mi­nis­te­rium ver­lange er des­halb „klare Bestim­mun­gen, die den Risi­ko­im­port durch Brief­re­zepte“ im Sinn der Pati­en­ten­si­cher­heit ver­hin­dern. Auch die Pati­en­ten­an­wälte for­derte er auf, alles zu unter­neh­men, um die Pati­en­ten­si­cher­heit zu heben.

Vor­arl­berg: Michael Jonas bestätigt

Bei der Voll­ver­samm­lung am 23. April 2012 ist der Dorn­bir­ner Inter­nist Michael Jonas ein­stim­mig als Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Vor­arl­berg wie­der­ge­wählt wor­den. Vize-Prä­si­den­ten sind der Kuri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte, Harald Schlo­cker, sowie der Kuri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte, Her­mann Blaßnig.

Stei­er­mark: Her­wig Lind­ner neuer Präsident

Mit dem Inter­nis­ten Her­wig Lind­ner, der am Lan­des­kran­ken­haus Graz-West tätig ist, wird in den nächs­ten fünf Jah­ren ein Spi­tals­arzt an der Spitze der stei­ri­schen Ärz­te­kam­mer ste­hen. Vize­prä­si­den­ten sind der Wahl­arzt Mar­tin Mil­lauer, der Radio­loge Mar­tin Wehr­schütz – er ist auch Kuri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte – sowie der All­ge­mein­me­di­zi­ner Jörg Garz­a­rolli als Kuri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte. 

Ordens­spi­tä­ler for­dern mehr Trans­pa­renz

Ein Rating für Leis­tun­gen im Gesund­heits­be­reich – vor allem für die Spi­tä­ler – for­der­ten die öster­rei­chi­schen Ordens­spi­tä­ler kürz­lich bei einer Pres­se­kon­fe­renz in Wien. End­lich müsse mehr Trans­pa­renz in das Spi­tal­s­an­ge­bot kom­men, so Leon­hard Gre­gotsch, Lei­ter der ARGE Ordens­spi­tä­ler. Denn künf­tig sollte nicht poli­ti­sches Kal­kül, son­dern die Kri­te­rien Qua­li­tät, Kos­ten­ef­fi­zi­enz und Pati­en­ten­zu­frie­den­heit über die Schlie­ßung von Spi­tä­lern und Abtei­lun­gen ent­schei­den, wie Michael Hei­nisch, Geschäfts­füh­rer der Vin­zenz-Gruppe, betonte: „Inves­ti­ti­ons- und Deves­ti­ti­ons-Ent­schei­dun­gen soll­ten nur auf Basis die­ser Fak­to­ren getrof­fen wer­den.“ Eine große Schwach­stelle des Sys­tems sei des­halb die Intrans­pa­renz, gab Univ. Prof. Gott­fried Haber vom Insti­tut für Volks­wirt­schafts­lehre der Alpe-Adria-Uni­ver­si­tät Kla­gen­furt zu beden­ken. So seien etwa die Kos­ten für medi­zi­ni­sche Leis­tun­gen zwi­schen den Bun­des­län­dern sehr ver­schie­den; der Wert eines LKF-Punkts schwankt zwi­schen 0,96 und 1,40 Euro. „Künf­tig müs­sen LKF-Punkte gleich bewer­tet wer­den; regio­nale Unter­schiede in den Kos­ten der Leis­tungs­er­stel­lung müs­sen durch Zusatz­leis­tun­gen über trans­pa­rente Sys­teme hono­riert wer­den.“ Sonst sei die Steue­rung des Sys­tems fast unmöglich.

Chris­tian Kuhn, Rechts­an­walt und Mit­glied der Bun­des­ge­sund­heits­kom­mis­sion, kri­ti­sierte vor allem die „all­um­fas­sende Macht der Län­der“. Andere Anbie­ter, wie die Ordens­spi­tä­ler, stün­den so „über­mäch­ti­gen“ Län­dern gegen­über. Sie seien Gesetz­ge­ber, Ent­schei­dungs­trä­ger, Spi­tals­be­trei­ber und Finan­ziere: „Es soll nicht jener ent­schei­den und beur­tei­len, der selbst Mit­be­wer­ber und Leis­tungs­er­brin­ger ist. Qua­li­tät, Effi­zi­enz und Pati­en­ten­zu­frie­den­heit sol­len von einer unab­hän­gi­gen, dritt­fi­nan­zier­ten Stelle beur­teilt wer­den.“ Aktu­ell taumle man in einem Wust von Unver­ein­bar­kei­ten, der keine sach­li­chen Ent­schei­dun­gen zulasse, so Kuhn: „Es wird höchste Zeit, dass Sach­lich­keit und Trans­pa­renz in das Spi­tals­we­sen ein­keh­ren.“ 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 9 /​10.05.2012