Interview – Dr. Lukas Stärker, Dr. Johannes Zahrl: Neues Direktorenteam

10.05.2012 | Politik

Mit der Neubestellung von zwei Kammeramtsdirektoren habe man dem immer größeren Aufgabenspektrum der ÖÄK Rechnung getragen, erklären Lukas Stärker und Johannes Zahrl, die seit kurzem Kammeramtsdirektoren der ÖÄK sind. Das Gespräch führte
Agnes M. Mühlgassner.


ÖÄZ: Die Amtsübergabe im Kammeramt der ÖÄK ist erfolgt. Wie geht es Ihnen?

Zahrl: Wir haben bereits bisher mit unserem gemeinsamen Vorgänger, Dr. Karlheinz Kux, in einem sehr guten Team zusammengearbeitet. Außerdem sind wir beide bereits seit Herbst 2004 stellvertretende Kammeramtsdirektoren. Da der Wechsel geplant war, fühlen wir uns darauf auch optimal vorbereitet. Nun wurden ja die Aufgabenbereiche und die Zuständigkeiten aufgeteilt.

Wie wird künftig die tägliche Arbeit aussehen, um hier auch eine Kontinuität zu gewährleisten?
Stärker: Unser Ziel ist natürlich eine Kontinuität in der Arbeit. Das wird durch eine vom Präsidium einstimmig beschlossene und mit uns gemeinsam entwickelte Geschäftsordnung gewährleistet. Darauf aufbauend gibt es eine Aufgabenverteilung zwischen den beiden Kammeramtsdirektoren mit dem Ziel, dass es für jede Angelegenheit einen zuständigen Ansprechpartner gibt und wir uns dann koordinieren. Man kann das mit den Vorständen eines Unternehmens vergleichen, wo es auch klare Zuständigkeiten gibt. Damit sollen Parallelitäten beziehungsweise Doppelgleisigkeiten vermieden werden. So ist es mit zwei Kammeramtsdirektoren möglich, eine größere Breite in der notwendigen gewünschten Breite und Tiefe abzudecken und dies ist aufgrund des großen Aufgabengebiets der ÖÄK auch notwendig, um hier effizient und effektiv arbeiten zu können.

Worin liegen die größten Herausforderungen für die ÖÄK?
Zahrl: Die Österreichische Ärztekammer hat in den letzten Jahren eine Flut an behördlichen Aufgaben dazu bekommen. Sie erlässt als Behörde etwa laufend Bescheide und Verordnungen. Eine Reihe von Aufgaben ist auch durch die Tatsache entstanden, dass die ÖÄK wichtige Töchterbetriebe führt, zu nennen sind etwa die ÖQMed oder der Verlag der ÖÄK. Sie ist damit auch ein Wirtschaftsfaktor geworden. Diese beiden Bereiche, die Behördenfunktion der ÖÄK und die ÖÄK quasi als Wirtschaftsbetrieb, sind eng miteinander verzahnt. Und genau diese beiden großen Aufgabenbereiche haben es geboten, nun zwei Kammeramtsdirektoren an der Spitze zu haben und die Aufgaben zu teilen.

Stärker: Es macht Sinn, dass es in Einrichtungen ab einer bestimmten Größe mehrere Vorstände gibt: zum einen, weil die Anforderungen mehr wurden, zum anderen, weil die Dinge insgesamt auch komplexer werden. Daher ist es auch notwendig, tiefgreifende Lösungen zu entwickeln, die dieser Komplexität Rechnung tragen.

Wo liegen – gesamtgesellschaftlich betrachtet – die großen Herausforderungen?
Stärker: Insgesamt geht es darum, dass die Leistungen der Ärzte wieder geschätzt werden und dass die EDV sowohl in der Ordination als auch im Spital  endlich als Unterstützung wahrgenommen wird und nicht als Erschwernis-Faktor. Hier werden wir uns massiv einbringen!

Zahrl: Die in den letzten Jahren überbordende Bürokratie muss so reduziert werden, dass sie die Arbeit am und mit dem Patienten erleichtert und nicht behindert. Man soll wieder gern Arzt sein können. Im niedergelassenen Bereich gibt es derzeit zahlreiche Kassenstellen, die nicht nachbesetzt werden können. Das hat natürlich Gründe. Und genau diesen Gründen wird man sich zuwenden müssen: Die sind zu beseitigen, damit sich in Zukunft wieder sehr viele, sehr gern als Ärztinnen und Ärzte niederlassen wollen.

Stärker: Man bräuchte daher richtigerweise ein politisches „Attraktivierungs-Paket“ für den ärztlichen Beruf, das Maßnahmen im Spitalsbereich umfasst, Maßnahmen im niedergelassenen Bereich, Maßnahmen bei der Ausbildung, im EDV-Bereich, aber auch Kulturfragen.

Was meinen Sie mit ‚Kulturfragen‘?
Stärker: Damit meine ich zum Beispiel die Klärung des Widerspruchs zwischen Riskmanagement, Fehler-Meldesystemen und strafrechtlichen Mechanismen, die sich derzeit konterkarieren. Mir ist auch wichtig, darauf hinzuwirken, dass die Patientenrolle geklärt wird. Was ist der Patient? Ist er gleichberechtigter Vertragspartner oder ist er Pflegling mit allen daraus resultierenden Auswirkungen und Konsequenzen im Bereich Behandlungsvertrag, Vereinbarung, therapeutisches Privileg, Aufklärung, Haftung, gegenseitige Rechte und Pflichten. Eines geht nicht: Einmal in die eine Rolle und einmal in die andere Rolle zu schlüpfen, und das noch dazu in ein und demselben Verfahren.

Welche Rolle spielt der Patient dabei?
Zahrl: Eine ganz zentrale, denn es geht laufend um Patientenzufriedenheit und
Patientensicherheit. Es ist sicherlich auch Aufgabe der Ärztekammer, den Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Wenn es etwa um Reduktion der Bürokratie geht, dann ist damit nicht bloß eine Arbeitsvereinfachung für den Arzt gemeint. Vielmehr geht es um Zuwendungsmöglichkeiten der Ärzte zu den Patienten. Die bereits angesprochenen – zum großen Teil sinnlosen – bürokratischen Anforderungen, halten in Wirklichkeit die Ärzte davon ab, sich mit ihren Patienten adäquat beschäftigen zu können. Das gilt für den niedergelassenen Bereich ebenso wie für die Spitalsärzte.

Stärker: Deshalb haben wir die Patientenanwälte bereits angeschrieben und darauf hingewiesen, dass es Punkte gibt, bei denen Ärztekammer und Patientenanwaltschaft auf derselben Seite stehen müssten. So zum Beispiel bei der letzten KAKuG-Novelle, wo die Leistungen der kleinen Spitäler reduziert wurden, bei der Frage des Einsatzes von Turnusärzten an mehreren Abteilungen gleichzeitig und bei der Einhaltung der Arbeitszeithöchstgrenzen. Noch einmal: Es geht hier um die Patientensicherheit, denn die Patienten wollen von ausgeruhten Ärzten behandelt werden, und um Arbeitnehmerschutz für Ärztinnen und Ärzte. Hier gibt es von Seiten der Patientenanwaltschaft durchaus Handlungsbedarf zugunsten von PatientInnen und ÄrztInnen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2012