Gehaltsreform in Vorarlberg: Konkurrenz durch Nachbarn

25.05.2012 | Politik

In Vorarlberg verdienen Spitalsärzte nicht einmal halb so viel wie in der Ostschweiz, in Süddeutschland ist das Gehalt um bis zu 30 Prozent höher. Um wieder konkurrenzfähig zu sein, muss endlich bei den Gehältern eine entsprechende Anpassung erfolgen, fordert die Ärztekammer Vorarlberg.
Von Marion Huber

In Süddeutschland verdienen Spitalsärzte durchschnittlich um bis zu 30 Prozent mehr als in Vorarlberg, in der östlichen Schweiz sogar mehr als das Doppelte. Das hat eine Studie des Beratungsunternehmens KPMG im Auftrag der Ärztekammer Vorarlberg ergeben, im Rahmen derer die Ärztegehälter in öffentlichen Spitälern in Vorarlberg, Süddeutschland und der Ostschweiz verglichen wurden (auf Basis der Zahlen von 2011). Dabei wurde das Bruttogehalt auf eine 40-Stunden-Woche und 14 Monatsgehälter normiert; andere Differenzen wie etwa durch Nachtdienst-Zuschläge wurden berichtigt, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.

Höhere Fixgehälter

Die Tendenz ist bei Turnusärzten genauso deutlich wie bei Fachärzten zwischen 35 und 55 Jahren: Im Schnitt sind die Fixgehälter in Süddeutschland um bis zu 30 Prozent höher als in Vorarlberg, in der Ostschweiz um bis zu 110 Prozent. Für einen 35-jährigen Facharzt bedeutet das konkret, dass er in einem Vorarlberger Krankenhaus ein maximales monatliches Fixgehalt von etwa 4.200 Euro hat, während sein Kollege in Süddeutschland knapp 6.000 Euro und in der östlichen Schweiz sogar fast 7.400 Euro verdient.

Die Gehaltsunterschiede lassen sich laut Studie auch auf die Jahresgehälter umlegen. So hat etwa ein Turnusarzt im zweiten Ausbildungsjahr in Vorarlberg ein maximales Fixgehalt von knapp 39.000 Euro pro Jahr, in Süddeutschland hingegen 52.100 Euro und in der Ostschweiz sogar 80.200 Euro jährlich. Auch Fachärzte mit circa 45 Jahren haben in der östlichen Schweiz (139.700 Euro) und in Süddeutschland (98.800 Euro) ein deutlich höheres Jahres-Fixgehalt als ihre Vorarlberger Kollegen (73.400 Euro). Im Vergleich dazu verdient ein Facharzt im Alter von 55 Jahren in Vorarlberg etwa 82.700 Euro fix jährlich, in Süddeutschland 98.800 Euro und in der Ostschweiz mit knapp 154.000 Euro fast das Doppelte. Ein ähnliches Bild konnte die Studie auch bei Turnusärzten im vierten Ausbildungsjahr sowie bei Fachärzten im Alter von 35 Jahren aufzeigen.

Es stellt sich die Frage, warum die Ärztinnen und Ärzte in Vorarlberg bleiben und nicht ins benachbarte Ausland gehen sollten? Genau das tun nämlich viele: Sie wandern aus. Auf der anderen Seite ist Vorarlberg als Arbeitsplatz für ausländische Ärzte durch das vergleichsweise geringere Gehalt nicht besonders attraktiv. Eine Entwicklung, die die Spitäler zu spüren bekommen: „Die derzeitige Gehaltssituation bewirkt in erster Linie, dass ausländische und vor allem deutsche Ärztinnen und Ärzte nicht mehr nach Vorarlberg kommen beziehungsweise wieder nach Deutschland zurückgehen. Zum Zweiten besteht ein beachtlicher Abwanderungssog der Ärzte in die benachbarte Ostschweiz“, zeigt Hermann Blaßnig, seit der Vollversammlung am 23. April 2012 Kurienobmann der angestellten Ärzte in der Ärztekammer Vorarlberg, die Auswirkungen auf.

Somit ist es hoch an der Zeit, die Gehälter anzupassen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, um die hohe Qualität der medizinischen Versorgung an den Spitälern auch künftig halten zu können. Ganz nach dem Vorbild von Oberösterreich: Dort konnte die Ärztekammer erst vor kurzem zwölf Millionen Euro mehr für die Spitalsärzte ausverhandeln – bis 2014 soll das Gehaltspaket schrittweise umgesetzt werden. Eine Gehaltsreform wurde nun auch in Vorarlberg vom Land und der Krankenhausbetriebsgesellschaft in Aussicht gestellt. Der Kurienobmann dazu: „Das Projekt der Gehaltsreformierung ist bereits im Gang. Noch vor dem Sommer sollten die relevanten Daten – sprich Zahlen – auf dem Tisch liegen. Das Land Vorarlberg hat dabei mehrfach zugesichert, dass marktkonform entlohnt werden würde.“ Zusätzlich zur Gehaltsreform sind für ihn, Blaßnig, aber auch weitreichende Verbesserungen der Strukturen und Arbeitsbedingungen notwendig.

Die konkrete Forderung: „Eine konkurrenzfähige Gehaltssituation auf Basis der KPMG-Gehaltsvergleichsstudie, die – im Gegensatz zur Ansicht des Arbeitgebers – die benachbarte Ostschweiz sehr wohl als relevanten Teil dieses spezifischen Arbeitsmarktes sieht“, bringt es Blaßnig abschließend auf den Punkt.

Resolution: „Politik muss Farbe bekennen“

Mit einer einstimmig gefassten Resolution distanziert sich der Vorstand der Ärztekammer Vorarlberg vom Inhalt einer Presseaussendung, in der der Direktor der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft (KHBG), Gerald Fleisch, den Ärzten Gehaltsvorstellungen von 400.000 Euro unterstellt.

Die Ärztekammer, die derart unrealistische Forderungen niemals gestellt habe, sieht darin einen „provokanten und gefährlichen Versuch, die Ärzteschaft zu spalten und durch Falschinformation in der Öffentlichkeit zu blamieren“. Dadurch werde die Stimmung an den Landeskrankenhäusern, die sich bereits auf dem Tiefstpunkt befinde, nachhaltig und neuerlich verschlechtert. Die Arbeitsbedingungen würden nicht durch die ärztliche Standesvertretung schlecht geredet; vielmehr sei es eine Tatsache, dass immer mehr Spitalsärzte aufgrund der sich weiter verschlechternden Arbeitsbedingungen den Spitälern den Rücken kehren.

Die Politik müsse daher Farbe bekennen, ob sie sich dem Problem des Spitalsärztemangels annehmen will. Daher sei es an der Zeit, seitens der Politik die Situation mit konkreten Zahlen zu entspannen. Die Gehaltsstudie sei Landeshauptmann Markus Wallner und Gesundheitslandesrat Rainer Gögele als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestellt worden. Deren eigentliche Verantwortung liege in der Aufgabe, die Situation in den Krankenhäusern nachhaltig zu beruhigen, heißt es in der Resolution.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2012