Erste Burnout-Ambulanz für Ärzte: Pionierprojekt startet im Herbst

10.05.2012 | Politik

Im Herbst dieses Jahres öffnet am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt die österreichweit erste Burnout-Ambulanz für Ärzte ihre Pforten. Eine Ausweitung des Angebots in anderen Bundesländern ist geplant.
Von Ruth Mayrhofer

Der Initiator der österreichweit ersten Burnout-Ambulanz für Ärzte, Gerhard Fruhwürth, Primarius der Abteilung für Sozialpsychiatrie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt, bezeichnet die 2011 vorgestellte Studie zur Burnout-Gefährdung österreichischer Ärzte (durchgeführt von Univ. Prof. Peter Hofmann im Auftrag der ÖÄK) als „Initialzündung“ für sein Pilotprojekt. Zur Erinnerung: Das Ergebnis der Studie, die in Form einer Online-Befragung durchgeführt wurde und an der sich 6.240 Ärzte beteiligt hatten, hatte gezeigt, dass knapp 54 Prozent derjenigen, die sich an der Befragung beteiligt hatten, sich in unterschiedlichen Phasen des Burnout befinden. „Das ist ganz einfach erschreckend“, meint Fruhwürth. Deswegen bemüht er sich seit Jahren, das Thema Burnout zu entstigmatisieren: „Burnout ist eine Erkrankung wie jede andere. Und auch Ärzte, die nicht gern darüber reden, aber gefährdet sind, sollten das anerkennen und etwas dagegen unternehmen.“

Fruhwürth weiter: „Dass sich Ärzte oft sehr wohl bewusst sind, dass sie Burnoutgefährdet oder bereits an Burnout erkrankt sind, erkennen wir nicht zuletzt daran, dass eine Fülle von österreichischen Kollegen zur Behandlung in Privatkliniken nach Deutschland ausweicht.“ Aber: „Österreichische Ärzte sollten auch in Österreich behandelt werden können: physisch, psychisch und mit dem Recht auf Privatsphäre.“

Burnout-Ambulanz für alle Ärzte offen

Das „Pionierprojekt“ Burnout-Ambulanz für Ärzte richtet sich an Ärzte aus dem klinischen und dem niedergelassenen Bereich. Das Hauptaugenmerk liegt dabei im Sinn eines ersten wichtigen Schrittes zur Problembekämpfung nicht in der Therapie, sondern in der Abklärung, Diagnostik und Beratung. Die Diagnose selbst wird in einem dreistufigen und intensiven Arzt-Patienten-Gespräch erarbeitet, das auch eine umfassende somatische Abklärung beinhaltet. Anschließend erfolgt eine Therapie-Empfehlung. „Uns geht es mit der Therapie-Empfehlung nicht darum, eine Krankheit zu bestätigen, sondern es geht vor allem darum, Perspektiven zu geben. Ziel ist, wieder Freude am Beruf zu finden, was oftmals auch bedeutet, sich mit bestimmten Gegebenheiten abzufinden und dort, wo Veränderungen möglich sind, diese auch umzusetzen. Das ist der erste und einer der wichtigsten Schritte für eine Erfolg versprechende Therapie“, betont Fruhwürth. Eine tatsächliche Behandlung soll dann mit Hilfe eines noch auszubauenden Netzes von niedergelassenen Psychiatern, Psychotherapeuten und Allgemeinmedizinern in Zusammenarbeit mit der Burgenländischen Ärztekammer erfolgen.

Ein wichtiger Faktor zum Erfolg der Burnout-Ambulanz in Eisenstadt ist, dass die Anonymität derjenigen, die sie aufsuchen, gewährleistet ist. „Das ist zugegebenermaßen nicht ganz einfach, weil im Burgenland natürlich jeder jeden kennt“, gibt Fruhwürth zu bedenken. „Doch auf der einen Seite steht die Eisenstädter Ambulanz auch Kollegen aus den nahe gelegenen Bundesländern offen, auf der anderen Seite werden wir trachten, dieses Angebot auf andere Bundesländer auszudehnen.“ Fruhwürth hofft dabei auch auf die Unterstützung
primär der Burgenländischen Ärztekammer, und darauf, dass die Idee der Burnout-Ambulanz für Ärzte auch in anderen Einrichtungen „ankommen“ möge.

Bei der Vorstellung des Pilotprojektes anlässlich einer Fachtagung vor wenigen Wochen fand auch der burgenländische Gesundheits-Landesrat Peter Rezar lobende Worte: Mit dem Thema Burnout widme sich Fruhwürth überdies einem wichtigen Thema, das viel Betroffenheit auslöse.

Interview – Michael Lang

„Das ist ein Meilenstein!“

Angesichts der hohen Burnout-Rate unter Ärzten beurteilt Michael Lang, Präsident der Ärztekammer Burgenland, die Eröffnung der Burnout-Ambulanz am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt als „Meilenstein“. Die Unterstützung der Ärztekammer ist dem Projekt sicher, wie er im Gespräch mit Marion Huber erklärt.

ÖÄZ: Welchen Stellenwert hat die Burnout-Ambulanz für Ärzte?
Lang: Nach all den Erkenntnissen, die wir haben, wie etwa aus der Burnout-Studie, ist diese Ambulanz dringend notwendig. Ganze 51,5 Prozent der teilnehmenden Ärzte im Burgenland waren demnach in einer der drei Phasen des Burnouts. Angestellte Ärzte im mittleren Alter waren besonders betroffen. Es hat gleich im Anschluss an die Studie Anfragen gegeben und wir haben schon damals gesagt, dass wir versuchen werden, etwas auf die Beine zu stellen. Tatsache ist, dass so ein Projekt zwar ein großer Aufwand ist, aber die Ambulanz ist unbedingt notwendig. Das ist sicher ein Meilenstein.

Die Hemmschwelle unter Ärzten, Hilfe zu suchen, ist groß. Kann die Ambulanz das ändern?
Das ist das vorrangige Ziel. Dadurch, dass das Projekt absolut anonym und neutral läuft, ist das sicher ein Weg, um den Kolleginnen und Kollegen die Hemmungen zu nehmen. Dass die Anonymität gewährleistet ist, ist ein ganz zentraler Punkt. Dadurch wird man sich einfach leichter tun, dort hinzugehen. Und es gibt auch schon Anfragen von Ärzten. Ich hoffe sehr, dass das Angebot in Anspruch genommen wird und werde das auch den Kollegen nahebringen. Es ist jedenfalls ein Projekt, das Schule machen könnte und machen sollte. Daher gibt es auch volle Unterstützung von Seiten der Ärztekammer Burgenland.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2012