Medizinprodukte: Marktüberwachung notwendig

25.05.2012 | Medizin


Durch die rasante Entwicklung der Medizintechnik finden sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie Medizinprodukte Verwendung, die ein nicht unerhebliches Risikopotential für Patienten, Anwender und Dritte beinhalten. Deswegen ist die Marktüberwachung von Medizinprodukten und deren Finanzierbarkeit notwendig.
Von Bernd Unterkofler

Medizinprodukte sind Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Erzeugnisse, die für medizinische Zwecke, wie die Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten bestimmt sind und deren Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper in der Regel durch physikalische Effekte erzielt wird. Arzneimittel unterscheiden sich von Medizinprodukten durch ihren pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Hauptwirkmechanismus.

Beispiele für Medizinprodukte sind medizinisch-technische Geräte einschließlich der erforderlichen Software, Implantate, Produkte zur Injektion und Infusion, humanmedizinische Instrumente, Dentalprodukte, Verbandstoffe, Sehhilfen, Produkte zur Empfängnisregelung sowie In-vitro-Diagnostika wie zum Beispiel Reagenzien, Reagenzprodukte, Kits, Probenbehältnisse, Geräte und weitere Produkte, die zur In-vitro-Untersuchung von Proben aus dem menschlichen Körper bestimmt sind.

Medizinprodukte dürfen nur dann im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr
gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn sie mit einer CE-Kennzeichnung versehen sind. Das CE-gekennzeichnete Medizinprodukt muss die grundlegenden Anforderungen des Medizinprodukterechts an Sicherheit, Leistungsfähigkeit und gesundheitliche Unbedenklichkeit erfüllen. Diese Anforderungen müssen im Rahmen der Konformitätsbewertung nachgewiesen werden.

Abweichend von den Bestimmungen über die Zulassung von Arzneimitteln, unterliegen Medizinprodukte im Europäischen Wirtschaftsraum der Warenverkehrsfreiheit und müssen nicht in jedem einzelnen Mitgliedstaat „zugelassen“ werden. Die zuständigen nationalen Marktüberwachungsbehörden sind daher in einem besonderen Maße gefordert und verpflichtet ein wirksames Vigilanz- und Marktüberwachungssystem zu betreiben.

In Österreich kommt diese Aufgabe dem Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen/der AGES Medizinmarktaufsicht (ehemals PharmMed) zu. Zur finanziellen Sicherstellung der Überwachung des Medizinproduktemarktes und der Medizinprodukte-Vigilanz trat am 7. Dezember 2011 eine Verordnung des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen über die Einhebung, Entrichtung und Festsetzung der Höhe einer Medizinprodukteabgabe (Medizinprodukteabgabenverordnung) in Kraft. Darin werden die näheren Modalitäten der Abgabe, die zur Abgabe Verpflichteten, Details des Verfahrens der Einhebung, sowie der Zeitpunkt der Entrichtung festgehalten.

Die Verpflichtung zur Entrichtung der Medizinprodukteabgabe entsteht bei derjenigen natürlichen oder juristischen Person, die an den Letztverbraucher abgibt. Letztverbraucher im Sinne dieser Verordnung ist, wer Medizinprodukte nicht entgeltlich ab- oder weitergibt, sei es, dass diese zur Eigenanwendung beispielsweise durch Konsumenten erworben werden, oder dass diese im Rahmen einer Heilbehandlung angewendet werden. Ärzte, die Medizinprodukte im Rahmen einer medizinischen Heilbehandlung wie zum Beispiel einer therapeutischen, diagnostischen, prophylaktischen oder schmerzstillenden Maßnahme anwenden, sind als Letztverbraucher im Sinne dieser Verordnung einzustufen. Derjenige, der diese Medizinprodukte an den Arzt abgibt, ist als Abgabepflichtiger anzusehen. Ärzte können jedoch auch als Abgeber im Sinne der Medizinprodukteverordnung anzusehen sein und damit der Abgabenpflicht unterliegen.

Dies sei am Beispiel der Zahnspange exemplarisch dargestellt: Wird eine lose Zahnspange an einen Patienten abgegeben, so ist dies als Abgabe an einen Letztverbraucher im Sinne dieser Verordnung zu werten und der Zahnarzt ist somit als Abgabenpflichtiger zu qualifizieren. Das Anbringen einer festsitzenden, individuell geformten Zahnspange durch einen Zahnarzt stellt keine Abgabe im Sinne dieser Verordnung dar, sondern eine Anwendung im Rahmen der medizinischen Heilbehandlung. Zur Entrichtung der Medizinprodukteabgabe wäre im ersten Fall der Zahnarzt verpflichtet, zweiterenfalls jener, der diese Zahnspange an den Zahnarzt abgibt.

Zur Orientierung kann gesagt werden, dass sofern das Medizinprodukt fest mit dem menschlichen Körper verbunden ist, dieses im Rahmen der Heilbehandlung angewendet wird und somit keine Abgabe und Abgabenverpflichtung vorliegt.

Die Abgabenpflicht nach dieser Verordnung entsteht erstmalig für das Jahr 2011 und ist vom Abgabepflichtigen bis zum 30. Juni 2012 an das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen zu entrichten.

Nähere Informationen zur Medizinprodukteabgabe, insbesondere zur Abgabenpflicht, gibt es unter www.basg.gv.at/medizinprodukte/medizinprodukteabgabe. Für Anfragen wenden
Sie sich an folgende E-Mail-Adresse: medizinprodukteabgabe@ages.at.

Literatur beim Verfasser

*) MMMag. Bernd Unterkofler, AGES/Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH/Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen,
Traisengasse 5, 1200 Wien; E-Mail: bernd.unterkofler@ages.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2012