Steuer: Aktuelle Judikatur – Teil 2

15.07.2011 | Service

9. Steuerberatungskosten bei Betriebsausgabenpauschalierung (UFS vom 26.11.2010, RV/0171-W/07)

Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Ermittlung des Betriebsausgabenpauschales gemäß § 17 Abs. 1 EStG stehen und die als Grundlage für die Feststellung der Ermittlung der Einkommensteuer dienen, sind als Sonderausgaben abzugsfähig, da sie nicht im Interesse des Betriebs getätigt werden. Aufwendungen für Steuerberatungsleistungen, die die Umsatzsteuer betreffen, sind durch das Betriebsausgabenpauschale gem. § 17 Abs 1 abgegolten und daher nicht als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

10. Wahlarztpraxis – steuerlich Liebhaberei (UFS vom 29.11.2010, RV 0584-K/08)

Nach Abschluss der Ausbildung hat eine Fachärztin ab 1999 eine Wahlarztpraxis geführt und den Standort dann im Jahr 2004 verlegt. Mit Ende Jänner 2006 hat sie die Wahlarztpraxis aufgegeben, weil aus dieser Wahlarztpraxis all die Jahre nur Verluste entstanden sind. Die Prüfung für die Jahre 2004 bis 2006 hat ergeben, dass steuerlich unbeachtliche Liebhaberei im Hinblick auf diese Verluste vorliegt. Die Verluste hätten jährlich ein Mehrfaches der Einnahmen des jeweiligen Jahres betragen. Der UFS stellt zunächst fest, dass, wenn bei Betätigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Liebhaberei-Verordnung Verluste anfallen, das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen, entsprechend zu belegen und zu beurteilen ist. Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre ab Beginn der Betätigung, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen, liegen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Danach ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse auch innerhalb des gesamten Zeitraums nach dem Gesamtbild zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen ist oder eben weiterhin Verluste zu erwarten sind. Nun führt die Führung einer Praxis grundsätzlich zur Vermutung, dass Einkünfte vorliegen. Wird die Praxis verlustbringend betrieben, hat eine Kriterienprüfung zu erfolgen. In keinem der Betriebsjahre haben die Einnahmen gereicht, die Ausgaben zu decken. Im Zeitraum 2004 bis 2006 hat sich diese Situation noch massiv verschlechtert. Sohin hat der UFS folgende Kriterien beurteilt:

  • Ausmaß und Entwicklung der Verluste, mit dem schon angeführten Ergebnis;
  • Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen beziehungsweise Überschüssen, diese haben sich ebenfalls äußerst negativ dargestellt;
  • Ursachen, warum kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, also Praxen;
  • das marktgerechte Verhalten im Hinblick auf die angebotenen Leistungen und im Hinblick auf die Preisgestaltung;
  • und vor allem Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen.

In Summe ist der UFS jedenfalls zum Schluss gekommen, dass diese Kriterien im Wesentlichen zu verneinen waren, sodass die Praxis für die Jahre 2004 bis 2006 als steuerlich unbeachtliche Liebhaberei zu qualifizieren war.

11. Deutscher in Österreich tätiger Arzt – Beiträge an das deutsche Versorgungswerk als teilweise Werbungskosten (UFS vom 24.1.2011, RV/0551-I/10)

Ein deutscher in Österreich tätiger Arzt hat die Mitgliedschaft zum deutschen Versorgungswerk fortgesetzt, dort Beiträge bezahlt und sich im Hinblick darauf nach den Bestimmungen des österreichischen Ärztegesetzes von der Beitragspflicht zum betreffenden Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer in Österreich befreien lassen. Der UFS hat sich der Rechtsansicht des Finanzamtes, dass es sich im Streitfall um freiwillige Beiträge zu einer Pensionsversicherung handelt – mit der Folge der betragsmäßig eingeschränkten Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben -, nicht angeschlossen. Der Arzt kann sich von der Beitragsleistung an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer nur dadurch befreien, dass er weiterhin Beiträge an das Versorgungswerk der deutschen Ärztekammer entrichtet. Es handelt sich beim Versorgungswerk der deutschen Ärztekammer um eine mit einer inländischen Kammer der selbstständig Erwerbstätigen vergleichbaren Institution. Die strittigen Zahlungen stellen somit ein Surrogat für die Zwangsbeiträge nach § 109 ÄrzteG dar. Die Beitragszahlungen können daher in jener Höhe, in der auch in Österreich Beiträge an den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer zu entrichten wären, im Hinblick auf den Zwangscharakter als Werbungskosten abgesetzt werden.

Anmerkung: Damit ergibt sich zu diesem Thema die dritte Entscheidung eines UFS mit unterschiedlichem Inhalt. Der UFS Wien hat die unbeschränkte Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben – unseres Erachtens absolut zutreffend – konstatiert. In einer früheren Entscheidung hat der UFS Innsbruck die Beiträge trotz Befreiung von der österreichischen Beitragspflicht den Topfsonderausgaben zugeordnet, also die betraglich begrenzte, in der Realität nicht gegebene Abzugsfähigkeit, festgestellt und in der jetzt neuesten Entscheidung hat wiederum der UFS Innsbruck die Abzugsfähigkeit als Werbungskosten in jener Höhe bestätigt, in der die Versorgungsbeiträge in Österreich an den betreffenden Wohlfahrtsfonds der betreffenden Ärztekammer angefallen wären.

Da kann man nur sagen: mehrere UFS, verschiedene Entscheidungen, innerhalb eines UFS im Konkreten sogar zwei verschiedene Entscheidungen.

12. Mietverhältnis mit dem Sohn – umsatzsteuerliche Anerkennung (UFS vom 27.1.2011, RV/0394-F/09)

Verträge zwischen nahen Angehörigen sind auch umsatzsteuerlich, selbst wenn sie den Erfordernissen des Zivilrechts entsprechen, nur anzuerkennen, wenn sie nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären. An einem umsatzsteuerlich relevanten Leistungsaustausch fehlt es, wenn Leistungen zwischen Angehörigen aus familiären Motiven erbracht werden, mögen auch gewisse Gegenleistungen gewährt werden. Eine fremdunübliche Gestaltung von Rechtsverhältnissen zwischen Angehörigen führt zur steuerlichen Nichtanerkennung. Das konkrete Mietverhältnis hält einem Fremdvergleich nun nicht stand. Insbesondere entspricht das vereinbarte Entgelt nur einem Bruchteil, nämlich 64 Prozent, der fremd- oder ortsüblichen Mietzinsuntergrenze. Abgesehen davon war kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen und auch keine Valorisierung der Miete vereinbart. Für den Erwerb der Wohnung abgezogene Vorsteuern sind daher nicht abzugsfähig.

13. Auskunft des Infocenters des Finanzamtes – keine Nachsicht der Steuer (UFS vom 8.2.2011, RV/1017-L/09)

Unrichtige Auskünfte des Finanzamts können den Grundsatz von Treu und Glauben verletzen und damit auch nach Lage des Falles eine Unbilligkeit darstellen, die Voraussetzung für die Gewährung einer Abgabennachsicht ist. Das setzt aber einerseits voraus, dass ein unrichtiges Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraute, eindeutig und unzweifelhaft zum Ausdruck kam, andererseits, dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach einrichtete und er nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitt. Die Betriebsprüfung hat nicht ergeben, dass eine solche eindeutige und unzweifelhafte Auskunft des Finanzamts im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerpflicht eines innergemeinschaftlichen Erwerbs von gebrauchten Kraftfahrzeugen vorlag. Der Steuerpflichtige selbst hat für zwei Jahre Umsatzsteuerpflicht unterstellt und nur für ein Jahr aufgrund einer angeblichen mündlichen Auskunft dieses unterlassen. Eine konkrete Anfrage beim Finanzamt betreffend die umsatzsteuerrechtliche Behandlung eines Einzelimportes eines gebrauchten Kraftfahrzeuges für unternehmerische Zwecke ist nicht feststellbar. Sollte von einem Finanzbeamten dennoch diese Meinung vertreten worden sein, dann handelt es sich um eine offenkundig unrichtige Auskunft, die keinen Vertrauensschutz entfalten konnte. Diese offenkundige Unrichtigkeit musste für den Betreffenden erkennbar sein, noch dazu, weil er zum Zeitpunkt der Sachverhaltsverwirklichung steuerlich vertreten war. Abgesehen davon wurden für die gleichen Erwerbe zwei Jahre später Umsatzsteuerpflicht vom Betreffenden unterstellt. Da also die behauptete Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben nicht nachvollzogen werden kann, besteht auch keine sachliche Unbilligkeit, die eine Voraussetzung für die gänzliche oder teilweise Nachsicht einer Steuer ist. Eine persönliche Unbilligkeit, das heißt die Gefährdung der Existenzgrundlage durch Einhebung der Abgaben, ist trotz Aufforderung seitens des Finanzamts vom Steuerpflichtigen nicht nachgewiesen.

*) HR Dr. Herbert Emberger, Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2011