Steuer: Gemischte Reisen

25.04.2011 | Service

Wenn eine Aufteilung der Reisen in einen betrieblichen und privaten Anteil möglich ist, dann sind die anteiligen betrieblich veranlassten Kosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.
Von A. Wechselberger und H. Emberger*

Nach der bisherigen Einkommen-steuerlichen Rechtslage sind nur Kosten ausschließlich betrieblich veranlasster Reisen Betriebsausgaben oder Werbungskosten; eine private Mitveranlassung der Reisen führt zu einem gänzlichen Aufteilungsverbot der entsprechenden Kosten. Diese Rechtslage hat sich im Anschluss an die Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes auch in Österreich durch die letzten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend verändert: Wenn eine Aufteilung der Reisen in einen betrieblichen und privaten Anteil möglich ist, dann sind die anteiligen betrieblich veranlassten Kosten, also sowohl Aufenthaltskosten als auch die Kosten der Hin- und Rückfahrt, als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seiner Entscheidung vom 27.1.2011, 2010/15/0197, folgenden Sachverhalt zu beurteilen: Ein Selbstständiger hat eine Reise nach China unternommen, wobei die ersten Tage einer privaten Reise nach Tibet gedient haben. Die folgende Reise durch China war eindeutig betrieblich veranlasst. Das Finanzamt hatte die ausschließliche betriebliche Veranlassung im Hinblick auf den privaten Reiseanteil nach Tibet abgelehnt und somit die gesamten Kosten von der Abzugsfähigkeit ausgeschlossen. Die Rechtsmittelinstanz, der unabhängige Finanzsenat, hat diese Auffassung verworfen und eine entsprechende anteilige Anerkennung der Reisekosten ausgesprochen. Das Finanzamt hat dann Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ergriffen, der die eingangs erwähnte grundsätzliche Entscheidung getroffen und diese wie folgt begründet hat:

Die im Verfahren zitierte Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofes ist nicht zur Gänze übernehmbar, da die Rechtslage in Deutschland nicht zur Gänze der österreichischen Rechtslage entspricht. Das österreichische Einkommensteuergesetz stellt auf ausschließlich betrieblich beziehungsweise beruflich veranlasste Reisen ab (§ 20 EinkommensteuerG).

Im Fall einer untrennbaren Gemengelage von privaten und mit der Einkünfteerzielung zusammenhängenden Umständen führen die Reiseaufwendungen weiterhin zu keinen Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten. Für den Fall, dass sich hingegen betrieblich beziehungsweise beruflich veranlasste Reiseabschnitte klar und einwandfrei von privat veranlassten Reiseabschnitten trennen lassen, ist nunmehr die Auffassung zu vertreten, dass dem Abzug von Mehraufwendungen für Verpflegung und Unterkunft hinsichtlich der betrieblich beziehungsweise beruflich veranlassten Reiseabschnitte das Vorliegen privat veranlasster Reiseabschnitte nicht entgegensteht.

Bei den Aufenthaltstagen, also den Tagen ohne die Zeit der Hin- und Rückfahrt, ist pro Tag die betriebliche oder berufliche Veranlassung zu überprüfen und sollte diese vorliegen, sind die entsprechenden Tages- und Nächtigungsgelder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Der Verwaltungsgerichtshof stellt nun also bei der Betrachtung der Ausschließlichkeit der betrieblichen Ursache auf die einzelnen Tage und nicht auf den gesamten Zeitabschnitt ab.

Für die Kosten der Hin- und Rückfahrt, also die Fahrtkosten und die Tages- und Nächtigungsgelder für die Zeit der Hin- und Rückfahrt, ergibt sich daraus die Möglichkeit der Aufteilung im Verhältnis der ausschließlich betrieblich beziehungsweise beruflich veranlassten Aufenthaltstage zu den übrigen Aufenthaltstagen; also in gleicher Weise wie die Hin- und Rückfahrtskosten können auch die tatsächlichen Kosten von im Zuge der Hin- und Rückfahrt angefallenen Nächtigungen, aber auch Kosten für ein Einreisevisum usw., aufgeteilt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof unterstreicht, dass er seine ständige Rechtsprechung beibehält, wonach eine Aufteilung grundsätzlich unterbleibt, wenn entweder der private Aspekt von bloß untergeordneter Bedeutung ist – dann besteht uneingeschränkte Absetzbarkeit – oder der betriebliche beziehungsweise berufliche Aspekt von untergeordneter Bedeutung ist, dann gibt es keine Absetzbarkeit der Fahrtkosten. Bei den Fahrtkosten kann sich aber die untergeordnete Bedeutung keineswegs bloß aus dem zeitlichen Ausmaß von Reiseabschnitten ableiten, sondern es ist auf den auslösenden Moment für das betriebliche oder berufliche Ereignis abzustellen. Wenn unzweifelhaft ein fremdbestimmtes betriebliches oder berufliches Ereignis als auslösendes Ereignis für die Reise vorliegt, so steht dem uneingeschränkten Abzug der Fahrtkosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nichts entgegen. Auch dann, wenn anlässlich einer solchen Reise private Unternehmungen stattfinden.

Der Verwaltungsgerichtshof zitiert hier seine zweite Entscheidung des gleichen Tages, nämlich vom 27.1.2011, 2010/15/0043, in der er die Fahrtkosten für eine angeordnete Dienstreise eines Angestellten ungeachtet der Tatsache voll als Reisekosten anerkannt hat, dass dieser Dienstreise private Tage vor- und nachgelagert waren. Der Dienstnehmer hatte also tagesfüllende Dienste zu verrichten, hat aber in der Regel früher die Dienstreise angetreten und ist später wieder rückgekehrt, dies aus privaten Gründen. Die Reisen waren so, laut Verwaltungsgerichtshof, durch ein fremdbestimmtes berufliches Moment – die Dienstaufträge des Dienstgebers – veranlasst, was ungeachtet einer privaten Mitveranlassung zur vollen Abzugsfähigkeit der Fahrtkosten geführt hat. Das vom Finanzamt geltend gemachte Aufteilungsverbot bei gemischt veranlassten Aufwendungen stellt sich in diesem Falle von vornherein nicht.

Als Resümee hält der Verwaltungsgerichtshof fest: Wenn die Reise voneinander abgrenzbare, einerseits durch die Einkünfteerzielung und andererseits privat veranlasste Zeitanteile enthält, sind die durch die Einkünfteerzielung veranlassten Teile Betriebsausgaben beziehungsweise Werbungskosten. Im Falle einer qualitativ oder zeitmäßig völlig untergeordneten Mitveranlassung durch die Lebensführung beziehungsweise die Erwerbstätigkeit richtet sich das steuerliche Schicksal der Fahrtkosten nach der unzweifelhaft und eindeutig im Vordergrund stehenden Veranlassung.

Wenn hingegen nicht bloß völlig untergeordnete betriebliche beziehungsweise berufliche und private Veranlassungsbeiträge ein solches Ineinandergreifen bewirken, dass eine Trennung nicht möglich ist, kommt die Abzugsfähigkeit unverändert, und zwar insgesamt, nicht in Betracht. Die Finanzverwaltung hat die zur Sachverhaltsfeststellung notwendigen Schritte durchzuführen. Lässt sich trotz der durchgeführten notwendigen Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung des Steuerpflichtigen der Sachverhalt nicht eindeutig feststellen, so ist die Abziehbarkeit der Aufwendungen nicht gegeben.

Diese Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes sind auch aus der Sicht der Österreichischen Ärztekammer, die seit langem auf die anteilige Abzugsfähigkeit bei gemischten Reisen, insbesondere auch im Zusammenhang mit Fortbildungsmaßnahmen der Ärzte gedrängt hat, zu begrüßen.

*) Präs. Dr. Artur Wechselberger, Leiter des Referats für Steuerangelegenheiten in der ÖÄK und HR Dr. Herbert Emberger, Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2011