Steuer: Aktuelle Judikatur

25.01.2011 | Service

11. Kirchenbeiträge sind Sonderausgaben – keine abzugsfähigen Spenden (VwGH vom 29.4.2010, 2008/15/001)

Die Beurteilung einer Zahlung als Beitrag an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgemeinschaften iSd § 18 Abs 1 Z 5 EStG 1988 führt zur Abzugsfähigkeit als Sonderausgaben bis zu 200 Euro jährlich und schließt eine Beurteilung als gesondert abzugsfähige Spenden aus.

12. Verkauf des Privathauses und des Ordinationsgebäudes – Steuerpflicht des Verkaufserlöses für das Ordinationsgebäude (VwGH vom 20.5.2010, 2008/15/0156)

Der auf das Ordinationsgebäude entfallende Anteil des Gewinnes bei Verkauf des gesamten Gebäudekomplexes ist einkommensteuerpflichtig. Die Feststellung, dass das Ordinationsgebäude angeblich nur untergeordnet betrieblich im Verhältnis zum Gesamtgebäudekomplex genutzt wurde, ist nicht zutreffend. Ob der Ordinationszubau ein eigenes Gebäude ist, muss anhand bautechnischer Kriterien überprüft werden. Konkret waren die Gebäude nicht mit den Mauern aneinandergebaut, hatten jeweils eigene Eingänge, das Wohnhaus ist unterkellert und hat ein Obergeschoß, das Ordinationsgebäude ist ohne Keller als Bungalow errichtet, auch die Ausführung der Dächer ist völlig unterschiedlich. Damit war davon auszugehen, dass das Ordinationsgebäude ein eigener Komplex ist und daher der auf den Verkauf dieses Ordinationsgebäudes entfallende Gewinn als Betriebseinnahme zu versteuern ist.

13. Mietkosten bei doppelter Haushaltsführung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten (VwGH vom 26.5.2010, 2007/13/0095)

Unvermeidbare Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss und ihm die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort ebenso wenig zugemutet werden kann wie die tägliche Rückfahrt zum Familienwohnsitz, werden als beruflich bedingte Mehraufwendungen bei der vom Betreffenden erzielten Einkunftsart anerkannt. Abzugsfähig sind nur Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung. Im Konkreten hat das Finanzamt unterstellt, dass eine solche nur eine Kleinwohnung von ca. 40 m2 sei. Die Entscheidung wurde aufgehoben, weil die Behörde zu Unrecht, ohne auf die Verhältnisse des Einzelfalls einzugehen, nur die Kosten für eine Kleinwohnung im Ausmaß von 40 m2 als zweckentsprechend für eine Zweitwohnung am Beschäftigungsort erachtet hat.

14. Aufwendungen auf ein Betriebsgebäude ein Jahr nach Anschaffung – sofort Betriebsausgabe (VwGH 30.6.2010, 2005/13/0076)

Ein Jahr nach Erwerb eines Gebäudes, das von der Erwerberin schon vorher als Mieterin gewerblich genutzt wurde, wurden die Fenster dieses Gebäudeteiles und das Geschäftsportal erneuert. Der Aufwand dafür wurde nicht als aktivierungspflichtiger Aufwand, nur abschreibbar über die AfA, steuerlich beurteilt, sondern sofort als abzugsfähiger Erhaltungsaufwand definiert. Damit hat der Verwaltungsgerichtshof die Änderung der Rechtsprechung, die bis dato einen aktivierungspflichtigen Erhaltungsaufwand unterstellt hat, und zwar wegen der zeitlichen Nähe und des im Verhältnis zum Kaufpreis der Liegenschaften beträchtlichen Kostenausmaßes bestätigt. Dies auch, weil die Aufwendungen nicht der Erlangung der betriebsbezogenen Betriebsbereitschaft gedient haben, die auch ohne Rücksicht auf diese Aufwendungen schon vorher bestanden hat, siehe den Umstand, dass die Erwerberin des Gebäudes vorher schon als Mieterin ihren Betrieb im Gebäude betrieben hat.

15. Der der Dienstnehmerin (Ehefrau) zur Verfügung gestellte PKW als Betriebsvermögen? (VwGH vom 29.7.2010, 2008/15/0297)

Bei der Beurteilung der Frage der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für einen PKW, den der Dienstgeber seiner Gattin für betriebliche Zwecke zur Verfügung gestellt hat, kommt es weniger auf die Frage an, ob der PKW zum Betriebsvermögen gehört, sondern primär, ob der Dienstnehmerin der PKW in ihrer Eigenschaft als Dienstnehmerin überlassen worden ist, oder ob die Überlassung aus persönlichen Gründen, insbesondere als nahestehende Person, erfolgt ist. Es ist daher das Vorliegen von Arbeitslohn, allenfalls als Sachbezug, zu hinterfragen, und die behauptete Vereinbarung mit der Dienstnehmerin, die im Konkreten die Ehefrau des Steuerpflichtigen war, unter Bedachtnahme auf die Rechtsprechung für Verträge zwischen Angehörigen etwa auf ihre Fremdüblichkeit zu prüfen.

16. Kosten eines Rennrades keine Betriebsausgaben (VwGH vom 29.7.2010, 2006/15/0006)

Die Feststellungen des Finanzamtes, dass das Rennfahrrad nicht für berufliche Fahrten eines Rechtsanwalts verwendetwurde, sind durch den Beschwerdeführer nicht widerlegt worden. Das Rennrad weist keinen Gepäckträger auf, ist nur mit entsprechender Sportbekleidung zu benützen, für Fahrten im Stadtgebiet wegen der schmalen Reifen und erhöhten Unfallgefahr ungeeignet. Weiters bedarf es keines Rennrades, um potenzielle Klienten darauf aufmerksam zu machen, dass man im konkreten Fall als Anwalt auf dem Gebiet des Sportrechts tätig ist. Die behauptete Werbewirkung des Fahrrades ist somit nicht gegeben. Auch die Feststellungen, dass Radfahren als probate und anerkannte Bewegungsform im Dienste der Volksgesundheit und Krankheitsprophylaxe, die zudem erlahmte Gehirnzellen mobilisiere, eine positive Maßnahme darstelle, die nicht dem privaten Lebensbereich zugeordnet werden könne, ist abzuweisen. Der Kreis der nicht abzugsfähigen Aufwendungen umfasst immer auch Ausgaben für Körper- und Gesundheitspflege.

17. Recht auf amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens (UFS vom 11.11.2009, GZ RD/0006-L/09)

Laut Rechtsprechung des VwGH besteht keine Pflicht der Abgabenbehörde, über Anträge zu entscheiden, die auf amtswegige Wiederaufnahme gerichtet sind. Die Verfügung einer Wiederaufnahme liegt daher im Ermessen der Behörde. Es besteht auf amtswegige Wiederaufnahme eines Verfahrens nach der Bundesabgabenordnung nach der ständigen Rechtsprechung kein subjektivöffentliches Recht. Andererseits ist aber mit Hinblick auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein Rechtsschutzinteresse daran gegeben, dass ein rechtmäßiges Verhalten der Behörde vorliegt. Bei der amtswegigen Wiederaufnahme ist zuerst das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes zu prüfen. Dann ist die Frage zu klären, ob die Kenntnis dieses Wiederaufnahmegrundes allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden
Bescheid herbeigeführt hätte. Schließlich hat dann die Ermessensübung stattzufinden. Der Abgabenpflichtige hat also keinen subjektiven Rechtsanspruch auf das gesetzmäßige Tätigwerden der Behörde, aber wenn diese ‑ sei es auf Anregung der Partei ‑ von Amts wegen wahrnimmt, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Wiederaufnahme gegeben sind, hat sie diese ‑ gleichgültig, ob zum Vor- oder Nachteil des Abgabenpflichtigen ‑ zu verfügen. Im Konkreten hatte allerdings der Beschwerdeführer hinzunehmen, dass das Finanzamt seine Anregung auf amtswegige Wiederaufnahme zwar geprüft hat, aber zum Schluss gekommen ist, dass eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zu erfolgen hat, da kein anderslautender Bescheid ergehen würde.

18. Kosten für einen Hund in der Ordination einer Kinderärztin – keine Betriebsausgaben (UFS vom 12.5.2010, RV/0443-W/10)

Die Kosten von Arbeitsmitteln sind als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben abzugsfähig, wobei darunter alle Hilfsmittel zu verstehen sind, die zur Erbringung der zu leistenden Arbeit erforderlich sind. Andererseits sind aber Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung nicht abzugsfähig, selbst wenn sie durch die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich gebracht werden und zur Förderung des Berufs oder Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Ausgaben für Haustiere sind ertragssteuerlich irrelevant, weil Kosten der privaten Lebensführung vorliegen. Im Konkreten sind Kosten für die Haltung des Hundes nur dann abzugsfähig, wenn sich diese als für die Tätigkeit als Kinderärztin notwendig erweist. Die Funktion als Wachhund macht eine steuerliche Abzugsfähigkeit nicht möglich, nicht einmal, wenn die Ausbildung zum Schutzhund erfolgt. Es konnte auch nicht nachgewiesen werden, ob die Funktion des Hundes als Wachhund, Schutzhund oder Rettungshund für die Ausübung der Tätigkeit als Kinderärztin notwendig ist. Auch das Vorbringen, der Hund wäre in der Praxis als Therapiehund eingesetzt, konnte nicht durch den Nachweis der Ausbildung zum Therapiehund bestätigt werden. So konnte nicht nachgewiesen werden, welche Aufgaben in therapeutischer Hinsicht dem Hund zugefallen sind. Die Tatsache, dass die Anwesenheit des Hundes in der Ordination bei vielen Kindern beruhigend wirkt und von vielen Kindern und Eltern begrüßt wird, macht den Hund noch nicht zum Therapiehund. Es wurde also nicht erwiesen, dass der Hund in der Ordination der Kinderärztin notwendig war, und zwar weder als Wachhund, Schutzhund, Rettungshund, noch als Therapiehund. Die Kosten sind daher nicht abzugsfähig.

Anmerkung:
In einer Entscheidung vom UFS vom 3.6.2009, RV/1210-W/09, hat der UFS die Kosten eines erwiesenermaßen als solchen verwendeten Therapiehundes als Betriebsausgaben anerkannt.

19. Kosten für Fahrten bei nicht vorliegendem Nachweis durch ein Fahrtenbuch (UFS vom 21.5.2010, RV/0826-G/08)

Unstrittig mit der beruflichen Fortbildung im Zusammenhang stehende Fahrtkosten sind grundsätzlich als Werbungskosten zu berücksichtigen. Für das Ausmaß, also für die Ermittlung der Anzahl der betrieblichen und privat gefahrenen Kilometer, dient ein Fahrtenbuch. Dieses muss fortlaufend und übersichtlich geführt sein und Datum, Kilometerstrecke, Ausgangs- und Zielpunkt sowie Zweck jeder einzelnen Fahrt zweifelsfrei und klar angeben. Fehlt ein Fahrtenbuch, so ist die kürzeste Strecke, die der Arbeitnehmer für seine täglichen Fahrten vernünftigerweise wählt, zu unterstellen.

20. Seminare betreffend Gesundheitsvorsorge – keine außergewöhnliche Belastung (UFS vom 1.9.2010, RV/0582-W/10)

Kosten für Heilbehandlungen sind – soweit sie nicht gedeckt sind – grundsätzlich dann als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, wenn sie durch einen Arzt verordnet sind; eine bloße ärztliche Empfehlung reicht in der Regel nicht. Abgesehen davon handelt es sich im konkreten Fall um einen Kursbesuch, der zwar Wissen zur Gesundheitsvorsorge bzw. Kenntnisse zur Verbesserung des physischen und psychischen Wohlergehens vermittelt, aber keine Heilbehandlung im allgemeinen Sprachgebrauch darstellt. Die Kosten für den Seminarbesuch konnten daher nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

21. Gemischt veranlasste Reise – teilweise Abzugsfähigkeit (UFS vom 13.10.2010, RV/0678-L/08)

Im konkreten Fall einer eindeutig beruflich veranlassten Reise nach China mit einem privaten Abstecher nach Tibet schließt sich der UFS den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs an, dass bei Reisen, die sowohl betriebliche bzw. berufliche als auch private Bestandteile enthalten, eine Aufteilung der dadurch verursachten Aufwendungen vorzunehmen ist. Es liegt am Steuerpflichtigen nachzuweisen, dass die Reise betrieblich bzw. beruflich zumindest mit veranlasst war. Damit finden Aufwendungen einer gemischt veranlassten Reise anteilige Berücksichtigung und wird das vom Verwaltungsgerichtshof bislang bestätigte Aufteilungsverbot durchbrochen.


*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2011