Finanzstrafgesetznovelle und Betrugsbekämpfungsgesetz: Änderungen

10.02.2011 | Service

Sowohl die Finanzstrafgesetznovelle als auch das Betrugsbekämpfungsgesetz
weisen in der Endfassung einige Änderungen im Vergleich zu den ursprünglichen Entwürfen auf.

Von Herbert Emberger*

Die Finanzstrafgesetznovelle 2010 (BGBl I 104/2010) und das Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 (BGBl I 105/2010) weisen in der kundgemachten Endfassung im Hinblick auf das umfassende Begutachtungsverfahren einige Änderungen gegenüber den ursprünglichen Entwürfen auf. So wurde insbesondere von der geplanten Neugestaltung der Strafrahmensbestimmungen durch Einführung von Stufen an Abgabenhinterziehungs-beträgen, von denen dann die Von-Bis-Strafen bemessen werden sollten, Abstand genommen. Die geplante Regelung hätte, wie auch die Österreichische Ärztekammer in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat, bei knappen Überschreitungen der Hinterziehungsstufen zu Strafen bis zum Zehnfachen und mehr geführt.

Die wesentlichsten Änderungen im Finanzstrafgesetz betreffen folgende Punkte:

Vorsätzliche Finanzvergehen, die zwingend mit Freiheitsstrafen von mehr als drei Jahren bedroht sind, sind Verbrechen im Sinne des § 17 Abs 1 StGB. Das hat Auswirkungen bei der Beurteilung von Fragen der Geldwäscherei und auch in Bezug auf das Bankgeheimnis.

Die Bestimmungen über die Straffreiheit aufgrund von Selbstanzeigen wurden etwas modifiziert, wobei hier die ursprünglich vorgesehene Vorlage der Umstände zugleich mit der Selbstanzeige wieder zurückgenommen wurde und es dabei bleibt, dass der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände offengelegt werden müssen.

Neu ist, dass innerhalb eines Monats die sich aus der Selbstanzeige ergebenden Beträge zu entrichten sind. Unverändert gibt es keine Strafbefreiungswirkung, wenn seitens der Finanzverwaltung bereits Verfolgungshandlungen gesetzt werden oder, etwas modifiziert gegenüber den derzeitigen Bestimmungen, wenn zum Zeitpunkt der Selbstanzeige die Tat hinsichtlich ihrer objektiven Tatbestandsmerkmale bereits ganz oder zum Teil entdeckt wurde und dies dem Anzeiger bekannt ist, d.h. der „Täter“ muss noch nicht bekannt sein. Schließlich erfolgt eine Abgabenerhöhung von 25 Prozent, wenn bereits einmal hinsichtlich desselben Abgabenanspruchs eine Selbstanzeige erstattet wurde.

Neu und in der Praxis wahrscheinlich nicht uninteressant ist die Strafaufhebung in besonderen Fällen. D.h. die Finanzbehörden sind berechtigt, eine Abgabenerhöhung von zehn Prozent der im Zuge einer abgabenrechtlichen Überprüfungsmaßnahme festgestellten Nachforderungen festzusetzen, wenn die Nachforderung verdachtsmäßig aufgrund eines Finanzvergehens entsteht. Der Betrag an Nachforderungen darf für ein Jahr insgesamt 10.000 Euro, in Summe jedoch 33.000 Euro (also zum Beispiel bei Betriebsprüfungen für mehrere Jahre), nicht übersteigen. Überdies muss sich der Steuerpflichtige spätestens 14 Tage nach Festsetzung der Nachforderung mit dem Verkürzungszuschlag einverstanden erklären oder diesen beantragen und vor allem einen Rechtsmittelverzicht zur Festsetzung der Abgabenerhöhung abgeben. Letztendlich muss die Abgabenforderung inklusive des Zuschlages innerhalb eines Monats nach der Festsetzung entrichtet werden. Eine Verbesserung ist hier in der Endfassung insofern eingetreten, als ursprünglich diese Strafaufhebung nur bei Nachforderungen aufgrund von Betriebsprüfungen und Nachschauen vorgesehen war, nun aber im Zuge jeglicher abgabenrechtlicher Überprüfungsmaßnahmen, also sicherlich auch im Zuge der Veranlagungen von dieser Möglichkeit der Strafbefreiung Gebrauch gemacht werden kann. Ausgeschlossen ist die Festsetzung einer Abgabenerhöhung allerdings, wenn die betroffene Abgabe bereits in einem Finanzstrafverfahren anhängig ist oder eine Selbstanzeige vorliegt oder es einer Bestrafung bedarf, um den Täter von der Begehung weiterer Finanzvergehen abzuhalten.

Bei vorsätzlichen Abgabenhinterziehungen und fahrlässigen Abgabenverkürzungen bleibt sowohl das System, wie eingangs festgestellt wurde, als auch das Ausmaß der Strafdrohung unverändert, d.h. bei Abgabenhinterziehung bis zum zweifachen des Verkürzungsbetrags und bei fahrlässigen Abgabenverkürzungen bis zum einfachen des Verkürzungsbetrags.

Neu formuliert (§ 38a) wird eine Bestimmung über die Strafe bei Begehung der Tat als Mitglied einer Bande oder unter Gewaltanwendung.

Neu ist der Tatbestand des Abgabenbetrugs (§ 39). Abgabenbetrug liegt vor, wenn ausschließlich durch das Gericht zu ahndende Finanzvergehen unter Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden, falscher oder verfälschter Daten oder anderer Beweismittel (mit Ausnahmen, zum Beispiel unrichtiger Abgabenerklärungen) oder unter Verwendung von Scheingeschäften und anderen Scheinhandlungen begangen werden sowie wenn Vorsteuerbeträge geltend gemacht werden, denen keine Lieferungen oder sonstige Leistungen zugrunde liegen, um dadurch ungerechtfertigte Abgabengutschriften zu erlangen. Obwohl im Begutachtungsverfahren mehrfach, auch von der Österreichischen Ärztekammer, auf die Unklarheit der verwendeten Begriffe, vor allem „falscher oder verfälschter Daten“ oder „Scheingeschäfte und Scheinhandlungen“ verwiesen wurde, hat sich im Text des § 39 nichts Entscheidendes verändert. Bleibt also abzuwarten, inwieweit die Rechtsprechung und auch noch zu erwartende Erläuterungen diese Begriffe präzisieren können. Die Strafdrohung ist wiederum verpflichtende Freiheitsstrafe ‑ ähnlich also dem Tatbestand des schweren Betrugs des Strafgesetzbuchs; es können daneben Geldstrafen in beträchtlicher Höhe verhängt werden.

Das Gericht ist nun zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn diese vorsätzlich begangen wurden und der Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet, 100.000 Euro (bisher 75.000 Euro) übersteigt.

Schließlich hat es noch einige verfahrensrechtliche Veränderungen unter dem Titel der Vereinfachung des Verfahrens im Finanzstrafrecht gegeben. Erwähnenswert dabei ist die weitgehende Befugnis der Finanzstrafbehörden zur Identitätsfeststellung von Personen, die eines Finanzvergehens verdächtig sind, aber auch von Zeugen und Auskunftspersonen, zum Beispiel durch Erfassung von Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Beruf, Wohnanschrift, Feststellung der Größe, Anfertigung von Fotografien soweit zur Identitätsfeststellung erforderlich. Entfallen ist allerdings das Recht zur Abnahme von Fingerabdrücken, das ursprünglich in dem Entwurf vorgesehen war.

Die Änderungen im Finanzstrafgesetz traten mit 1. Jänner 2011 in Kraft, und zwar mit Ausnahme einiger weniger Bestimmungen, die in der alten Fassung auf vor dem Inkrafttreten der vorliegenden Novelle begangene Finanzvergehen weiterhin anzuwenden sind.

Im Betrugsbekämpfungsgesetz wurden einige Veränderungen im Zusammenhang mit der Lohnsteuererhebung durchgeführt, so zum Beispiel gilt ein Nettoarbeitslohn dann als vereinbart, wenn der Arbeitgeber seine Anmeldeverpflichtungen nicht erfüllt und die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten und abgeführt hat, oder es kann der Arbeitnehmer für die Lohnsteuer unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn er und der Arbeitgeber vorsätzlich zusammenwirken, um sich einen Vorteil dadurch zu verschaffen, der in einer Verkürzung der zu berechnenden und abzuführenden Lohnsteuer besteht.

Entfallen ist die ursprünglich vorgesehene Abzugssteuer von 20 Prozent, die u.a. die Ärztekammern beziehungsweise deren Funktionäre in Bezug auf die Funktionärsentschädigungen betroffen hätte.

Die Verjährung für die Festsetzung hinterzogener Abgaben wurde von sieben auf zehn Jahre ausgeweitet und es kommt zur Einführung einer Finanzpolizei. Dieser werden sehr weitreichende Kompetenzen übertragen: So können die Organe Grundstücke, Baulichkeiten, Betriebsstätten, Betriebsräume und Arbeitsstätten betreten und Wege befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist; all das, wenn Grund zur Annahme besteht, dass Zuwiderhandlungen gegen die von den Abgabenbehörden zu vollziehenden Rechtsvorschriften vorliegen. Die Finanzpolizeiorgane können die Identität von Personen feststellen, bei denen Grund zur Annahme besteht, dass sie gegen die Steuervorschriften vorgehen, die Organe können Fahrzeuge und sonstige Beförderungsmittel anhalten und die mitgeführten Güter überprüfen und sind berechtigt, von jedermann Auskünfte über alle für die Erfüllung der übertragenen Aufgaben maßgebenden Tatsachen zu verlangen. Letztlich können sogar bei Gefahr im Verzuge Sicherstellungsaufträge, Vollstreckungshandlungen und Sicherungsmaßnahmen im Sinne der Abgabenvorschriften von den Organen der Finanzpolizei verfügt werden.

*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der Österreichischen Ärztekammer


© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2011