Budgetbegleitgesetz 2011: Änderungen

25.02.2011 | Service

Mit der Verabschiedung des Budgetbegleitgesetzes 2011 sind einige wesentliche steuerliche Änderungen in Kraft.
Von A. Wechselberger und H. Emberger*

Der umfassende Entwurf eines Budgetbegleitgesetzes 2011, der etwa 156 Gesetzesnovellen umfasst hat, ist massiv diskutiert, vielfach kritisiert und in der Letztfassung, die vom Parlament beschlossen worden ist (veröffentlicht im Bundesgesetzblatt Nr. I 111/2010), eher geringfügig abgeändert worden. Zentraler Inhalt ist u.a. die Novellierung zahlreicher steuerlicher Gesetze. Auch die Österreichische Ärztekammer hat zum Entwurf umfassend Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass die Gesetzesnovellen zwar kurzfristig, d.h. von 2011 bis 2014, in der Lage sein könnten, die unbestreitbar notwendige Budgetkonsolidierung zumindest teilweise herbeizuführen, dass aber vor allem eine ausgewogene Strukturreform, die auf Dauerwirkung angelegt ist, damit nicht erreicht wird. Die vorgesehene Kombination aus Einsparungen, die über weite Teile in Kürzungen von Sozialleistungen bestehen, und Steuererhöhungen führt zwar zu gewissen Konsolidierungseffekten beim Budget, stellt aber keine langfristigen Strukturmaßnahmen dar – siehe am Beispiel der vielfach diskutierten und noch immer nicht in Angriff genommenen Verwaltungsreform.

Wie auch immer: Das Gesetz ist verabschiedet und mit der Kundmachung in Kraft, die wesentlichsten steuerlichen Änderungen (verstanden im weiteren Sinne) sind folgende:

Stabilitäts-/Flugabgabe

Bei Banken fällt eine Stabilitätsabgabe zwischen 0,055 und 0,085 Prozent von der adaptierten Bilanzsumme, bei Derivaten von 0,013 Prozent an.

Die neue Flugabgabe im Ausmaß von acht bis 35 Euro pro Passagier und Abflug schuldet der Halter des Luftfahrzeuges; sie soll Abflüge von Passagieren ab dem 1.4.2011 erfassen, und zwar nur dann, wenn der Kauf des Flugtickets nach dem 31.12.2010 erfolgt ist. U.a. sind Abflüge zu medizinischen und humanitären Zwecken von der Flugabgabe befreit.


Familienbeihilfe

Grundsätzlich wird die Bezugsdauer der Familienbeihilfe für volljährige Kinder (Vollwaisen) vom bisher vollendeten 26. Lebensjahr auf das vollendete 24. Lebensjahr herabgesetzt; dementsprechend auch die verlängerte Bezugsdauer in den vorgesehen Ausnahmefällen (Behinderung, Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst, Schwangerschaft beziehungsweise Geburt eines Kindes) vom 27. auf das 25. Lebensjahr.

Volljährige Kinder (Vollwaisen), die das 24. Lebensjahr vollendet haben, haben Anspruch bis zum vollendeten 25. Lebensjahr, wenn sie bis zum 19. Lebensjahr das Studium begonnen haben und die gesetzliche Studiendauer zehn oder mehr Semester beträgt und diese nicht überschritten wird. Das gleich gilt für volljährige Kinder, die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmal acht bis zwölf Monate eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit durchgeführt haben.

Alle diese Änderungen treten mit 1.7.2011 in Kraft.

Die Familienbeihilfe für Arbeits-suchende Kinder zwischen dem 18. und 21. Lebensjahr entfällt ab dem 1.3.2011.

Die 13. Familienbeihilfe im Monat September wird ab 2011 insofern reduziert, als für jedes sechsjährige Kind bis zum 16. Lebensjahr die Familienbeihilfe für September um 100 Euro erhöht wird. Schließlich wird ab dem 1. Jänner 2011 der Mehrkindzuschlag von derzeit 36,40 auf 20 Euro monatlich für jedes dritte und weitere Kind reduziert.

Als eher geringfügige positive Maßnahme wird der Selbstbehalt bei den Schulbüchern ab dem Schuljahr 2011/2012 gestrichen.

Einkommensteuergesetz

  • Die Laufzeit für Lebensversicherungen, an die der Arbeitgeber lohnsteuerfrei Beträge für die einzelnen Arbeitnehmer im Ausmaß von bisher 300 Euro jährlich leisten kann, wird von bisher zehn Jahren auf 15 Jahre angehoben.
  • Das große und das kleine Pendlerpauschale und der Pendlerzuschlag werden ab 2011 um circa zehn Prozent angehoben. Die ursprünglich bis Ende 2010 formulierte Befristung der höheren Werte des Pendlerpauschales wird überdies beseitigt, d.h. die Werte gelten unbefristet.

  • Ähnliches gilt für das Kilometergeld, das ja auch bis Ende 2010 mit 42 Cent befristet war. Diese Befristung wird aufgehoben, allerdings erfolgt keine Anhebung des Kilometergeldes trotz vielfacher einschlägiger Forderungen, u.a. auch seitens der Österreichischen Ärztekammer.
  • Die Sonderausgabenbegünstigung für die Erstanschaffung junger Aktien und von Genussscheinen entfällt ab 1. Jänner 2011.

  • Ebenfalls ab 2011 sind auch verpflichtende Beiträge an Kirchen und Religionsgemeinschaften in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Rahmen des Höchstbetrags (200 Euro) Sonderausgaben.

  • Die Kapitalertragsbesteuerung (KESt) wird zur Gänze neu geregelt. So werden Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, zum Beispiel aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern, deren Erträge Einkünfte aus der Überlassung von Kapital sind, ebenso wie die Einkünfte aus Derivaten, in die Kapitalertragssteuerpflicht einbezogen. Die Einbeziehung erfolgt unabhängig von der Behaltedauer beziehungsweise vom Beteiligungsausmaß. Der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn vom Kapitalvermögen ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Anschaffungspreis (ohne Anschaffungsnebenkosten, im betrieblichen Bereich allerdings mit Anschaffungsnebenkosten) und dem Veräußerungserlös. Grundsätzlich steuerpflichtig ist auch die Übertragung von Wertpapieren auf ein fremdes Depot beziehungsweise die Entnahme aus dem Depot. Die Bestimmungen über die Spekulationsbesteuerung, die bisher gegolten haben, entfallen. Vermögenszuwachs soll sowohl im betrieblichen als auch im außerbetrieblichen Bereich einheitlich steuerlich erfasst werden d.h. mit 25 Prozent Sondersteuersatz besteuert werden. Weder im betrieblichen noch im außerbetrieblichen Bereich können die unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Ausgaben abgezogen werden; so zum Beispiel Fremdfinanzierungskosten oder Depotführungskosten. Es wird zwar die Möglichkeit des Verlustausgleichs bei diesen Kapitaleinkünften eingeräumt werden, wobei es allerdings deutliche Einschränkungen gibt:

    Der Verlustausgleich ist nur im Rahmen der Veranlagung möglich, wobei für den Verlustausgleich eine eigene Veranlagung beantragt werden kann, d.h. mit der Option zum Verlustausgleich ist nicht zwingend eine Gesamtneuveranlagung zum Regelbesteuerungstarif verbunden. Die Einschränkungen beim Verlustausgleich betreffen vor allem Verluste aus realisierten Wertsteigerungen und aus Derivaten, die nicht mit den Zinserträgen aus Geldanlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten und entsprechenden anderen Veranlagungen ausgeglichen werden können. Kapitalertragssteuerpflichtige Einkünfte beziehungsweise deren Verluste können auch nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Im betrieblichen Bereich kann aber ein nicht direkt mit den positiven Kapitaleinkünften aus Wertsteigerungen und Derivaten ausgleichbarer Verlust aus deren Veräußerung zur Hälfte mit den anderen betrieblichen Einkünften ausgeglichen werden. Damit nicht ausgleichsfähige Verluste gehen in den Verlustvortrag ein.

    Die zwei neuen Kernbestimmungen, nämlich die Einbeziehung der Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen und aus Derivaten, treten mit 1.10.2011 in Kraft. Anteile an Körperschaften und Investmentfondsanteile sind somit nur dann ab dem 1.10.2011 erfasst, wenn sie nach dem 31.12.2010 entgeltlich erworben worden sind. Forderungswertpapiere und Derivate werden von der Neuregelung erfasst soweit sie vor dem 1.10.2011 angeschafft wurden. Für Erwerbungen vor diesem Datum gilt grundsätzlich die alte (bisherige) Regelung weiter.

    Eine der Ausnahmen von der neuen Kapitalertragssteuer erfasst die Einkünfte aus Wertsteigerungen und aus Derivaten, die im Rahmen eines vor dem 1.11.2010 abgeschlossenen Tilgungsplanes erworben werden. Dies nur dann, wenn der Tilgungsplan nachweislich im Zusammenhang mit einem Darlehen steht, das den Erwerb eines Eigenheims, der Wohnraumbeschaffung oder der Wohnraumsanierung dient und das Darlehen den Betrag von 200.000 Euro nicht übersteigt.

    Wie schon erwähnt, kann der Verlustausgleich gesondert geltend gemacht werden. Damit ist nicht zwingend die Regelbesteuerungsoption verbunden, es kann aber die Regelbesteuerung beantragt werden, was bedeutet, dass sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen dem Normalsteuersatz unterzogen werden.

    Die Ausnahmen von der Kapitalertragssteuerpflicht beziehungsweise von der Abzugspflicht der Kapitalertragssteuer bleiben im Wesentlichen unverändert beziehungsweise werden zum Beispiel für die Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen einer Körperschaft öffentlichen Rechts, also auch die Wohlfahrtsfonds‘ der Ärztekammern, noch erweitert um die neugeschaffenen Kapitalertragssteuertatbestände, nämlich Einkünfte aus Wertsteigerungen und aus Derivaten.

  • Komplexe Veränderungen, deren Darstellung über diesen Artikel hinausgeht, ergeben sich bei beim Investmentfondsgesetz und auch beim Immobilieninvestmentfondsgesetz, dies insbesondere durch Einbeziehung der neuen Tatbestände der Wertsteigerung und der Derivate in die Kapitalertragssteuerpflicht. U.a. soll die doppelte Erfassung ‑ einmal beim Fonds, einmal beim Anteilsinhaber ‑ vermieden werden.
  • Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über die Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses der Verluste bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vom Verlustvortrag hat zu einer Berücksichtigung dieser Aufwendungen im Wege einer Verteilung auf zehn Jahre geführt. D.h. neben den nicht regelmäßig jährlich anfallenden Instandhaltungsarbeiten sind Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit zusammenhängende Aufwendungen sowie außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind, bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen. Die Bestimmungen über den Verlustvortrag, d.h. der Ausschluss der Verluste aus Vermietung und Verpachtung, werden unverändert wieder in Kraft gesetzt. Inwieweit diese Bestimmungen den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs, der die Einschränkung des Verlustvortrags auf betriebliche Einkünfte aufgehoben hatte, in der Praxis entsprechen, bleibt abzuwarten.

  • Der Alleinverdienerabsetzbetrag für Steuerpflichtige ohne Kinder wird ersatzlos gestrichen, und zwar ab der Veranlagung 2011. Zum Ausgleich wird Pensionsbeziehern mit Pensionen von nicht mehr als 13.100 Euro im Kalenderjahr der Pensionistenabsetzbetrag um den bisherigen Alleinverdienerabsetzbetrag für Steuerpflichtige ohne Kinder, das waren 364 Euro, erhöht und beträgt somit für diese Gruppe 764 Euro. Weitere Bedingung ist, dass der Ehepartner Einkünfte von nicht mehr als 2.200 Euro jährlich erzielt.

    Aus dem Entfall des Alleinverdienerabsetzbetrags ergeben sich Folgewirkungen, zum Beispiel durch den Entfall der entsprechenden Sonderausgabenhöchstbeträge; im Behindertenbereich werden allerdings Folgewirkungen (bei den außergewöhnlichen Belastungen) durch eine ausdrückliche Regelung vermieden.

  • Die Datenübermittlung durch die anerkannten Spendenempfänger über abzugsfähige Spenden wurde vom Jahr 2011 auf das Jahr 2012 verschoben, d.h. sie muss erst erstmalig bis zum 28. Februar 2013 erfolgen.


Gebührengesetz

Die Kreditvertragsgebühr und Darlehensvertragsgebühr werden ab 2011, offensichtlich als teilweise Gegenleistung für die Schaffung der Bankenabgabe, ersatzlos gestrichen.

Kraftfahrzeugsteuer-, Normverbrauchsabgabe-, Tabaksteuergesetz

Die Kraftfahrzeugsteuer für Kraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen wird gesenkt.

Diese Maßnahme steht im Widerspruch dazu, dass im Normverbrauchsabgabegesetz eine Erhöhung der Normverbrauchsabgabe, also des Bonus-Malus-Systems für Schadstoffausstöße, ab 1.3.2011 vorgesehen ist.

Die Tabaksteuer wird angehoben.

Mineralölsteuergesetz

Die Mineralölsteuer wird um vier Cent pro Liter für Benzin und um fünf Cent pro Liter für Diesel angehoben.


*) Präs. Dr. Artur Wechselberger ist Leiter des Referats für Steuerangelegenheiten der ÖÄK und HR Dr. Herbert Emberger Steuerkonsulent der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2011

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 4 / 25.02.2011