Inter­view – Peter McDo­nald: „Wir sind Partner“

25.09.2011 | Politik

Dass ohne Ärz­tin­nen und Ärzte „gar nichts geht“, betont der stell­ver­tre­tende Obmann der Sozi­al­ver­si­che­rungs­an­stalt der gewerb­li­chen Wirt­schaft (SVA), Peter McDo­nald. Hand­schlag­qua­li­tät und eine Ver­trau­ens­ba­sis sind für ihn wich­tige Fak­to­ren bei der Umset­zung von Reform­schrit­ten, wie er im Inter­view mit der ÖÄZ erklärt.


ÖÄZ: Das Ver­hält­nis zwi­schen der SVA und der Ärz­te­schaft war im Vor­jahr stark getrübt, es gab sogar zehn Tage einen ver­trags­lo­sen Zustand, der dann rück­wir­kend durch einen neuen Ver­trag been­det wurde. Wie ist die Gesprächs­ba­sis aus Ihrer Sicht heute? Sehen Sie Mög­lich­kei­ten zu einer wei­te­ren Ver­bes­se­rung und wenn ja, wo könnte das anset­zen?

McDo­nald: 2010 war ein schwie­ri­ges Jahr für die SVA, in dem weit­rei­chende Ent­schei­dun­gen im Inter­esse unse­rer Ver­si­cher­ten getrof­fen wer­den muss­ten. Die Ver­hand­lun­gen gestal­te­ten sich schwie­rig, letzt­lich haben wir aber mit der Ärz­te­kam­mer die Chance genutzt und eine zukunfts­wei­sende und inno­va­tive Lösung fin­den kön­nen. Wir haben nach den har­ten Ver­hand­lun­gen des letz­ten Jah­res und den damit ein­her­ge­hen­den Ver­let­zun­gen heuer im Früh­jahr die Bezie­hun­gen mit den Ver­tre­tern der Ärz­tin­nen und Ärz­ten auf eine neue, ver­trau­ens­vol­lere Ebene gestellt. Beide Sei­ten haben erkannt, dass wir Part­ner sind und damit part­ner­schaft­lich mit­ein­an­der umge­hen müs­sen. Die­ses Umden­ken ist wich­tig, weil damit sit­zen wir uns nicht mehr Stirn an Stirn am Ver­hand­lungs­tisch gegen­über son­dern neben­ein­an­der mit dem gemein­sa­men Ziel, zum Wohl der Pati­en­ten etwas zu ver­bes­sern – das geht nur gemein­sam.

In Ihrem Sie­ben-Punkte-Pro­gramm für die nächs­ten Jahre nimmt das Thema Prä­ven­tion eine Schlüs­sel­rolle ein. Wel­che Phi­lo­so­phie steckt dahin­ter?

Wir haben uns sie­ben Ziele für die nächs­ten fünf Jahre gesetzt, die zwar unter­schied­li­che Gewich­tun­gen haben, die wir aber alle für unsere Ver­si­cher­ten Schritt für Schritt umset­zen wol­len. Hin­ter den so genann­ten ‚SVA-Per­spek­ti­ven’ steckt der Grund­ge­danke, dass es in jeder Hin­sicht bes­ser ist, unsere Ver­si­cher­ten gesund zu hal­ten, anstatt erst dann aktiv zu wer­den, wenn sie krank sind. Das ist auch ein Weg, den viele Ärz­tin­nen und Ärzte zum Wohl der Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten beschrei­ten wol­len. Darin tref­fen wir uns. Das ist volks­wirt­schaft­lich rich­tig und vor allem erspart es den Men­schen Krank­heit, Schmer­zen, Kran­ken­stand, Sor­gen und Ängste. Wir sind hier schon seit vie­len Jah­ren aktiv und set­zen nun mit der jüngs­ten Initia­tive den nächs­ten Schritt in Rich­tung Gesund­heits­ver­si­che­rung. Die SVA ist mit Hilfe der Ärz­te­schaft hier­bei ein Pio­nier im öster­rei­chi­schen Gesund­heits­we­sen und davon sol­len unsere Ver­si­cher­ten pro­fi­tie­ren.

Zur Umset­zung des Pro­gramms wer­den Sie Ver­bün­dete suchen und brau­chen. Wel­che Rolle spie­len dabei die Ärzte für Sie?
Die Ärz­tin­nen und Ärzte sind der Schlüs­sel für eine erfolg­rei­che Umset­zung. Wir als Sozi­al­ver­si­che­rung der Gewer­be­trei­ben­den erar­bei­ten unse­ren Weg dazu des­halb auch eng mit den Ver­tre­tern der Ärz­te­kam­mer. Ohne unsere Ärz­tin­nen und Ärzte geht gar nichts – sie haben ihr Ohr bei den Ver­si­cher­ten, sie sind der Garant dafür, dass die Öster­rei­cher höchs­tes Ver­trauen in unser Gesund­heits­sys­tem haben. Gemein­sam kön­nen wir die Ver­sor­gung auf allen Ebe­nen noch bes­ser machen: pati­en­ten­ori­en­tier­ter, alters­ge­rech­ter, effi­zi­en­ter, moder­ner, unbü­ro­kra­ti­scher. Als Sozi­al­ver­si­che­rung war und ist es uns sehr wich­tig, jewei­lige Reform­schritte genau zu bespre­chen, fair zu ver­han­deln und dann erfolg­reich umzu­set­zen. Dazu gehö­ren Hand­schlag­qua­li­tät, eine Ver­trau­ens­ba­sis und das gemein­same Ziel, für unsere Ver­si­cher­ten jeden Tag aufs Neue Höchst­leis­tung zu erbringen.

Ein Punkt ist in dem Pro­gramm bei­spiel­haft ange­führt, für den auch Reprä­sen­tan­ten der Ärzte mas­siv ein­tre­ten: Der Haus­arzt soll als Gesund­heits­coach chro­nisch Kranke durch das Gesund­heits­sys­tem füh­ren und auch im Bereich der Vor­sorge zen­trale Bedeu­tung haben, weil er mit dem Pati­en­ten gemein­sam Gesund­heits­ziele fest­legt.
Das große Zukunfts­ziel der SVA ist es, von der Kran­ken­kasse zur Gesund­heits­ver­si­che­rung zu wer­den. Nicht als Selbst­zweck, son­dern um unse­ren Ver­si­cher­ten mehr Lebens­qua­li­tät zu ermög­li­chen. Dem Haus­arzt kommt dabei zen­trale Bedeu­tung zu – ist er doch die erste und wich­tigste Ver­trau­ens­per­son, wenn es um Gesund­heit geht. Die Haus­ärzte ken­nen ihre Pati­en­ten oft Jahr­zehnte – ihre Las­ter, ihre Belas­tun­gen, chro­ni­sche Erkran­kun­gen, soziale Netz­werke. Sie kön­nen am bes­ten ein­schät­zen, wel­che indi­vi­du­el­len Risi­ken bestehen und wie man sie am bes­ten mini­miert. Kurz gesagt, den Haus­arzt zum Coach zu machen ist für mich eine völ­lig logi­sche Ent­schei­dung.

Sie haben auch eine Ver­bes­se­rung des Ser­vice für die Ver­si­cher­ten wie zum Bei­spiel eine Online-Ter­min­ver­ein­ba­rung in Arzt­pra­xen oder die elek­tro­ni­sche Bewil­li­gung von Heil­be­hel­fen ange­kün­digt. Wie ist da der Stand der Dinge?

Selbst­ver­ständ­lich wer­den sol­che Inno­va­tio­nen mit den betrof­fe­nen Part­nern ver­han­delt und akkor­diert. Inter­na­tio­nal gese­hen führt kein Weg an sol­chen Online-Ser­vices für die Ver­si­cher­ten vor­bei. Die SVA will auch hier einen Schritt vor­aus sein und die Inan­spruch­nahme ärzt­li­cher Leis­tun­gen unbü­ro­kra­ti­scher und kun­den­freund­li­cher machen. Für uns ist es aber ebenso wich­tig, dass die Ärzte durch sol­che Ser­vices nicht zusätz­lich belas­tet wer­den. Die Tech­no­lo­gie soll schließ­lich keine neuen admi­nis­tra­ti­ven Hür­den schaf­fen, son­dern im Gegen­teil dafür sor­gen, dass mehr Zeit für den Pati­en­ten bleibt. Bei der Online-Ter­min­ver­ein­ba­rung ist eine Eini­gung bereits unter­schrifts­reif mit der Ärz­te­kam­mer aus­ver­han­delt, bei der elek­tro­ni­schen Bewil­li­gung haben die Gesprä­che mit den ver­schie­de­nen Gesund­heits­dienst­leis­tern gerade begonnen.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2011