Interview – Dr. Martin Andreas: Selbst aktiv werden

25.11.2011 | Politik

Die Tatsache, dass die postpromotionelle Ausbildung noch wesentlich mehr Probleme aufweist als das Studium, war der Grund, wieso sich der 28-jährige Martin Andreas, der am Wiener AKH seine Facharztausbildung in Herzchirurgie absolviert, standespolitisch engagiert, wie er im Gespräch mit Ruth Mayrhofer erklärt.

ÖÄZ: Was hat Sie dazu veranlasst, standespolitisch tätig zu werden?
Andreas: Schon früh habe ich mich dafür eingesetzt, Missstände zu bekämpfen und Probleme nicht einfach als gegeben hinzunehmen, sondern sie zu lösen und die Verantwortlichen in die Pflicht zu rufen. So habe ich schon im Studium im Rahmen der Hochschülerschaft mit der Interessensvertretung begonnen. Nach dem Studium wurde mir klar, dass die Ausbildung danach noch wesentlich mehr Probleme aufweist. Aus diesem Grund bin ich bei der Ärztekammer für Wien aktiv geworden und habe mich als Referent für arbeitslose Ärzte und Jungmediziner vor allem für die Interessen der jungen Ärztinnen und Ärzte eingesetzt. Es ist mir aber wichtig, zu betonen, dass es keiner politischen ‚Vorbildung’ bedarf, um bei der Ärztekammer aktiv zu werden. Jede und jeder, dem beschweren allein zu wenig ist und der aktiv für Verbesserungen eintreten will, ist bei der Ärztekammer immer gern gesehen. Nachdem die Kammer aber selbst nicht immer einfach ist und nicht alle immer für die Interessen der Jüngsten einstehen, stehe ich gerne für den Einstieg in die Kammer als Unterstützung zur Verfügung.

Welche Themen und Agenden umfasst diese Tätigkeit?
Ich organisiere vor allem Veranstaltungen und Beratung für Jungmediziner, also Ärztinnen und Ärzte, die ihr Studium beendet haben und auf eine Stelle für die weitere Ausbildung warten. Im Rahmen dieser Tätigkeit ist mir die unerträgliche Situation vieler junger Ärzte bewusst geworden und ich habe mich in diversen Medien und bei vielen politischen Stellen zu Wort gemeldet und darauf hingewiesen. Um eine Entspannung der Lage zu erreichen, habe ich bei der Erstellung der Jobplattform www.arztjobs.at aktiv mitgearbeitet, die jetzt als österreichweite Plattform rasch Stellen an junge Absolventen vermittelt.

Welche Problemkreise liegen Ihnen dabei besonders am Herzen?

Neben der großen Problematik der Wartezeiten auf eine Ausbildung und der sehr unterschiedlichen Qualität der Ausbildung ist das Hauptproblem der jungen Ärzte die Belastung mit Dokumentation und Tätigkeiten, die in fast allen anderen Ländern von anderen Berufsgruppen durchgeführt werden. Das verhindert nicht nur eine qualitative Ausbildung, sondern ist oft nur eine Ausbeutung von billigen Arbeitskräften, weil man als Junger keine andere Wahl hat, als den Turnus vor der Facharztausbildung zu machen. Anders ist die Situation in Deutschland. Dort werden junge Ärztinnen und Ärzte schon von Beginn an als wertvolle Mitglieder des Teams wahrgenommen. Bis dorthin ist es in manchen Kliniken Österreichs noch ein weiter Weg.

Was sind Ihrer Meinung nach die größten drei Herausforderungen, die auf die Ärzteschaft in den kommenden fünf Jahren warten?
Erstens eine qualitativ hohe Ausbildung ohne Umwege; zweitens eine faire Lösung der Gruppenpraxis/GmbH-Verträge zwischen alt und jung und drittens die Verknüpfung der extra- und intramuralen Ärzteschaft – Stichwort überfüllte Ambulanzen, Doppelleistungen…

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2011