Globale Gesundheit: Im Interesse aller

10.02.2011 | Politik

60 Prozent der globalen Kindersterblichkeit wären vermeidbar, wenn Investitionen erhöht und finanzielle Mittel effizienter eingesetzt werden würden, wie einer der Referenten im Vorfeld der Veranstaltung „Globale Gesundheit im Wandel“ Ende Februar 2011 erklärt.
Von Birgit Oswald

Globale Gesundheit liegt im Interesse aller Länder; und das nicht nur weil Gesundheit ein allgemeines Gut und Menschenrecht ist, sondern auch, weil Bakterien und Viren keine Grenzen kennen. Somit rückt globale Gesundheit in das Blickfeld des außenpolitischen Interesses, wie Stefan Germann, Director bei World Vision International, im Vorfeld seines Vortrages „Mehr Geld für Gesundheit – Mehr Gesundheit für Geld“, den er bei der Veranstaltung „Globale Gesundheit im Wandel“ am 22. Februar 2011 in Wien hält, erklärt. „Globale Gesundheit ist eine Münze mit zwei Seiten. Einerseits braucht es mehr finanzielle Mittel, andererseits muss mit dem vorhandenen Budget effizienter umgegangen werden“, so Germann.

Finanzierung schwierig

Der Experte befasst sich in seinen Ausführungen vor allem mit dem vierten, fünften und sechsten Millenniumsziel, also mit Themen wie HIV, Tuberkulose, Malaria sowie Kinder- und Müttergesundheit. Auch das Entwicklungsziel 1c, welches Ernährung und Hunger betrifft, wird angesprochen. Seinen Aussagen zufolge wird es in den nächsten fünf Jahren vor allem für die least developed countries weiterhin nicht möglich sein, Gesundheit selbstständig zu finanzieren. „Unseren Berechnungen zufolge werden bis 2012 pro Jahr nur für Kinder- und Frauengesundheit 38 Milliarden US-Dollar benötigt werden, bis 2015 sind es 42 Milliarden pro Jahr. Bis jetzt wurden laut Statistik von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon circa 40 Milliarden für die nächsten fünf Jahre aufgewendet, das ist viel zu wenig“, so Germann. Selbst wenn diese Länder den Großteil ihres nationalen Haushaltsbudgets für Gesundheit investieren würden, könnten dem Fachmann zufolge die Vorsätze nicht erreicht werden. Konkret heißt das: Würde man in etwa einem Drittel der Länder Afrikas 30 Prozent des staatlichen Budgets für Gesundheitliches aufwenden, wäre es immer noch nicht genug, um eine Basisgesundheit von 40 Dollar pro Kopf pro Jahr zu finanzieren. Der Verpflichtung von 2001, 15 Prozent des Budgets für Gesundheit aufzuwenden, konnten bisher nur wenige der afrikanischen Länder nachkommen. In jenen Ländern, wo es gelungen ist, zeigen sich Germann zufolge „gute Resultate“, wie zum Beispiel in Liberia; in den ärmsten Ländern würden allerdings auch diese 15 Prozent nicht ausreichen, weshalb der Experte die Notwendigkeit globaler Solidarität betont.

Auch die Finanzierung von Gesundheit im Hinblick auf den World Health Report 2010 stellt einen weiteren Schwerpunkt dar – eine Problematik, die auch in Europa immer mehr zum Tragen kommt. „Konservativen Schätzungen zufolge sind 20 bis 30 Prozent der Ausgaben in den meisten Gesundheitssystemen ineffizient. Dieser Prozentsatz, der momentan im System verloren geht, muss optimiert werden. Dazu bedarf es einer Gesundheitsreform“, erklärt Germann. Aber auch fernab von Europa spielt das Finanzierungsproblem eine große Rolle: In ärmeren Ländern, die über administrativ schwächere Institutionen verfügen, liegt der Systemverlust bei 40 bis 50 Prozent. Germann sieht in diesem Zusammenhang vor allem „result based payment“ – also Resultatsbasierende Zahlungen – als Lösungsstrategie: „Zur Zeit arbeitet Deutschland mit Norwegen an einem Finanzierungsprogramm für Schwangere und Müttergesundheit in Malawi. Dabei werden die Resultate, die nach drei Jahren erreicht werden sollten, klar festgelegt, danach folgt eine Teilvorauszahlung. Die nächsten Zahlungen basieren dann auf den Resultaten“. Germann hält diesen „positiven Druck“ für eine gute Möglichkeit, die Effizienz zu steigern.

Informationen zur Veranstaltung

Globale Gesundheit im Wandel – Herausforderungen und neue Ansätze

Datum: 22. Februar 2011
Zeit: 17.00h bis 20.00h
Ort: Großer Saal der Ärztekammer Wien, Weihburggasse 10-12

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2011