Therapierefraktäre Hypertonie: Renale Denervation hilft!

25.05.2011 | Medizin

Wenn mit Medikamenten keine ausreichende Blutdrucksenkung mehr möglich ist, kann etwa die perkutane renale Denervation der Nierenarterien helfen, den Blutdruck und damit langfristig auch das kardiovaskuläre Risiko zu senken.
Von Corina Petschacher

Wenn die medikamentöse Therapie bereits ausgeschöpft ist, das heißt: die Patienten werden mit mindestens drei Antihypertensiva in ausreichender Dosierung erfolglos behandelt, steht heute eine vielversprechende, alternative Möglichkeit zur Verfügung, um den Blutdruck effizient zu senken: die perkutane renale Denervation der Nierenarterien. In Österreich wird dieses Verfahren am AKH Linz bereits mit Erfolg angewandt. „Wir haben in den letzten neun Monaten über 40 Patienten mit dieser Methode behandelt, die vor der Intervention trotz Einnahme von vier oder mehr Medikamenten keine ausreichende Blutdrucksenkung erreicht haben“, erklärt Univ. Doz. Wilhelm Schützenberger von der Abteilung Interne 1 am AKH Linz. Weltweit wurden bisher circa 600 Patienten auf diese Weise therapiert. Bei den meisten dieser Patienten liegt ein hoher Blutdruck bereits jahrelang vor und es gelingt nicht, sie adäquat einzustellen. Schützenberger dazu: „Diesen Patienten kann durch diese neue Therapieform geholfen werden.“

Im Bereich der Nierenarterien verlaufen sympathische Nervengeflechte, die auch in die Adventitia der Nierenarterien eindringen. Eine verstärkte Aktivität dieses sympathischen Systems der Niere stellt eine der Hauptursachen für die Entstehung und Aufrechterhaltung des Bluthochdrucks dar. Hier setzt die Methode der perkutanen renalen Denervation zur Blutdrucksenkung an. Die Femoralarterie wird in der Leiste punktiert und ein Führungskatheter über die Beckenarterien und die Aorta in die Nierenarterien vorgeschoben. Der Behandlungskatheter wird in den Nierenarterien platziert und über diesen an vier bis sechs spiralförmig angeordneten Stellen ein Hochfrequenzstrom abgegeben, wodurch die sympathischen Nerven, die im Bereich der Nierenarterien und der Nierenarterienwand ziehen, inaktiviert werden (siehe Abb. 1). Die durchschnittliche Dauer des Eingriffs, der unter Sedoanalgesie durchgeführt wird, beträgt rund 40 bis 50 Minuten.

© Quelle: Univ. Doz. Wilhelm Schützenberger

Im Durchschnitt kann eine Senkung des Blutdrucks um rund 30 mmHg systolisch und 10 mmHg diastolisch in einem Zeitraum von sechs Monaten nach der Intervention beobachtet werden. Die Ergebnisse im AKH Linz entsprechen bei den 35 Patienten, die bisher zumindest die Ein-Monatskontrolle durchlaufen haben, sehr genau den bisherigen internationalen Erfahrungen (siehe Abb. 2).

© Quelle: Univ. Doz. Wilhelm Schützenberger

Die Wirkung tritt allerdings meist nicht unmittelbar nach der Behandlung ein, sondern mit einer Verzögerung, die sich auf ein bis sechs Monate belaufen kann. Um den Blutdruck bestmöglich auf den entsprechenden Zielwert zu senken, werden die Patienten auch nach der Behandlung weiter mit oralen Antihypertensiva behandelt. Eine Verringerung der notwendigen Tabletten ist jedoch in Einzelfällen möglich, manchmal wegen der ausgeprägten Blutdrucksenkung sogar erforderlich. Betrachtet man den Therapieerfolg auf der Basis der einzelnen Patienten, so zeigt sich, dass bei circa 85 Prozent der Behandelten eine substantielle Blutdrucksenkung von 10 mmHg systolisch oder mehr erzielt wird; bei den übrigen 15 Prozent gelingt dies nicht, das heißt: sie sprechen auf die renale Denervation nicht an. Zeigt die Therapie Wirkung, hält die Blutdrucksenkung nach bisherigen Erfahrungsberichten allerdings auch zwei Jahre später noch an. So deutet momentan alles darauf hin, dass eine langfristige Blutdrucksenkung durch den Eingriff erreicht werden kann.

Wenig Komplikationen

Das Komplikationsrisiko sei bei einer perkutanen renalen Denervation nicht höher als bei einer Katheterbehandlung in anderen Blutgefäßen. Durch das Abgeben der Energie selbst seien bisher keinerlei Komplikationen bekannt: „Die Komplikationen beschränken sich auf diejenigen, die auftreten, wenn man einen transfemoralen, arteriellen Zugang braucht wie das beispielsweise auch bei einer Herzkatheteruntersuchung der Fall ist“, erklärt Schützenberger. Dies können Nachblutungen, Embolien, Hämatome oder Gefäßeinrisse sein. „Durch die Denervation selbst sind bisher keine schädlichen Nebenwirkungen bekannt“, betont Schützenberger.

Vor dem Eingriff müssen sich die Patienten einigen Voruntersuchungen unterziehen, um sicher zu gehen, dass keine Kontraindikationen vorliegen. Die Patienten werden vor der Durchführung stationär aufgenommen und genau untersucht: Dazu gehört ein 24-Stunden-Blutdruckmonitoring. Neben der Bestimmung der Nierenfunktion mittels glomerulärer Filtrationsrate muss auch die Anatomie der Nierenarterien abgeklärt werden. Bei Patienten mit höhergradiger Nierenfunktionseinschränkung oder Nierenarterienstenose darf diese Methode der Blutdrucksenkung nicht angewandt werden. Auch das Vorliegen einer sekundären Hypteronie wie sie beispielsweise im Rahmen eines Hyperaldosteronismus oder einer Hyperthyreose sowie bei einem Phäochromozytom auftreten kann, muss ausgeschlossen werden. Diese Formen können durch die Behandlung der Grundkrankheit beseitigt werden und bedürfen keiner anderen Blutdruck-senkenden Therapiemaßnahme. Auch die Patienten-Compliance muss überprüft werden, um festzustellen ob der Patient die entsprechenden Antihypertensiva überhaupt ordnungsgemäß eingenommen hat und es trotzdem zu keiner Blutdrucksenkung gekommen ist.

„Mit dieser Methode gelingt eine gute und lang anhaltende Blutdrucksenkung ohne unerwünschte Nebenwirkungen“, betont Schützenberger. Seiner Meinung stelle sie eine „wirklich vielversprechende neue Therapiemöglichkeit für den hohen Blutdruck dar“. Vorerst ist die perkutane renale Denervation nur für Patienten mit massiv erhöhten Blutdruckwerten zugelassen. Der Experte ist jedoch davon überzeugt, dass diese Methode in Zukunft auch bei Patienten mit mäßig erhöhtem Blutdruck zum Einsatz kommen wird, die dann vielleicht sogar keine Medikamente einnehmen müssen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2011