Menopause/Andropause/Anti Aging-Kongress: Die Genetik macht’s

25.11.2011 | Medizin


Die Genetik macht’s


In bis zu 40 Prozent der Fälle werden Depressionen vererbt, wie Studien zeigen konnten. Aber auch bis zu 40 Prozent des Alterns und der Gesundheit sind genetisch bedingt. Mit diesen und anderen Themen beschäftigt sich der Menopause-Kongress Anfang Dezember in Wien.

Von Birgit Oswald

Welche Rolle Genetik und Epigenetik für den Alterungsprozess und die Gesundheit spielen, wird eines der Hauptthemen des diesjährigen Menopause/Andropause/Anti Aging-Kongresses Anfang Dezember in Wien sein. „30 bis 40 Prozent unseres Alterns und der entsprechenden Gesundheit sind genetisch vorgegeben. Die restlichen 60 bis 70 Prozent haben wir in der Hand“, erklärt einer der Organisatoren des Kongresses, Univ. Prof. Markus Metka.

So wird sich etwa Susanne Lucae vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München in ihrem Vortrag mit dem Titel „Genetik der Depression“ mit den genetischen Ursachen der Depression beschäftigen. Zwillings- und Adoptionsstudien sprechen der Expertin zufolge seit Längerem dafür, dass neben äußeren Einflüssen auch die Gene an der Entstehung von Depressionen beteiligt sind. „In den letzten Jahren konnten wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen, was die Identifizierung von Krankheits-relevanten Genen betrifft. Studien zeigen, dass eine Depression zu 35 bis 40 Prozent vererbt wird“, erklärt Lucae. Solche Erkenntnisse sind der Expertin zufolge grundlegend, um die Entwicklung von neuen und speziellen Medikamenten voranzutreiben. Die Entwicklung optimierter Psychopharmaka liege aber noch in der Zukunft; in einem ersten Schritt gehe es darum, die Pathophysiologie der Depression zu erforschen. Im Rahmen von Genom-weiten Assoziationsstudien ist es Lucae zusammen mit ihrer Arbeitsgruppe bereits gelungen, ein neues Kandidaten-Gen zu ermitteln: „Es kodiert für einen neuronalen Aminosäuretransporter, der mit der Vulnerabilität für Stress in Verbindung stehen könnte.“

Neben genetischen Aspekten wird beim Kongress aber auch der Epigenetik großer Stellenwert beigemessen. Ein großer Teil der Vorträge wird der „bedeutendsten epigenetischen Beeinflussung“ (Metka) – dem Thema Ernährung – gewidmet sein. Metka weiter: „Endlich ist wissenschaftlich belegt, wie schädlich raffinierter Zucker ist. Das Übermaß an falschen Kohlehydraten ist eine der Hauptursachen für die Zivilisationskrankheiten. Bisher hat man geglaubt, dass die Sexualhormone in der Gynäkologie die größte Rolle spielen. Aber wahrscheinlich spielen die Hormone der Schilddrüse – also Insulin und Glukagon – eine weitaus wichtigere Rolle.“

Demnach ist gesundes, langsames Altern mit einem gesunden, ungestörten Glucosestoffwechsel verbunden; fünf Mal am Tag zu essen, sei überholt und belaste den Blutzuckerspiegel. „Auf diesem Prinzip der fünfstündigen Nahrungskarenz zwischen drei ausgewogenen Hauptmahlzeiten basieren Ernst zu nehmende Ernährungskonzepte wie etwa jenes von Wolfgang Funfack, worüber er am Kongress sprechen wird. Dasselbe Prinzip finden wir auch in der ayurvedischen Medizin“, erklärt Metka. Dabei soll es auch zu einem Dialog zwischen westlicher und traditionell östlicher Medizin wie etwa Ayurveda und der Traditionellen Chinesischen Medizin – beruhend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen – kommen. Aber auch Univ. Prof. Alois Jungbauer von der Universität für Bodenkultur Wien, der mit den heutigen wissenschaftlichen Möglichkeiten die Bedeutung von sekundären Pflanzenstoffen bestätigt, wird anwesend sein. „Hier werden wissenschaftliche Fakten geboten. Vieles wurde schon vor 2.000 Jahren erkannt und ist nun bestätigt. Das betrifft etwa die positive Wirkung der Ellagsäure aus dem Granatapfel oder auch Hydroxytyrosol aus der Olive. Diese Substanzen sind 100-mal stärker antioxidativ und antiinflammatorisch als Vitamin C“, erklärt Metka.

Stress erhöht Mortalität

Unter dem Titel „Lebe langsam – stirb alt: geschlechterspezifische Mortalitätsforschung mit der Klosterstudie“ wird Marc Luy von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften die Erkenntnisse seiner langjährigen Studie an katholischen Ordensmitgliedern präsentieren. Im Rahmen der Klosterstudie werden seit 15 Jahren die Determinanten der Lebenserwartung von Männern und Frauen erforscht. Dabei wurden Daten von 11.980 Ordensmitgliedern aus zwölf Klöstern ausgewertet. „Es zeigte sich eine konstant höhere Lebenserwartung der Ordensmänner verglichen mit der Lebenserwartung von Männern der Allgemeinbevölkerung. Die Mortalitätsunterschiede manifestierten sich in allen Altersstufen und bei allen wichtigen Todesursachen. Daraus schließen wird, dass der Lebensstil der Mönche und vermutlich auch die geringere Stressbelastung Gründe für das längere Leben sind“, erklärt Luy. Bei Nonnen hingegen zeichnete sich dieser Effekt nicht im gleichen Ausmaß ab. Allerdings steigt die Lebenserwartung bei den Ordensschwestern stärker als bei allen anderen beobachteten Bevölkerungsgruppen. Den Aussagen von Luy zufolge entwickelt sich die Lebenserwartung der Nonnen langsam von einem früheren Nachteil zu einem immer größer werdenden Vorteil im Vergleich zu den Frauen der Gesamtbevölkerung. „Es scheint hier einen Kohorten-Effekt zu geben, der sich – verglichen mit den Frauen der Allgemeinbevölkerung – in einer geringeren Sterblichkeit jüngerer und einer höheren Sterblichkeit älterer Ordensfrauen niederschlägt. Gründe für die hohe Sterblichkeit der älteren Generation könnten Stress und Selektionseffekte sein“, folgert Luy.

Wie sehr das Ausmaß von Stress von Bedeutung ist, scheint sich immer stärker bei der Allgemeinbevölkerung abzuzeichnen. Deshalb wird auch Burn out beim Kongress ein Thema sein. „Kaum bekannt ist etwa, dass Burn out mit einer Reduktion und einem Funktionsdefizit der Mitochondrien einhergeht. Schon 30- bis 40-Jährige sind mittlerweile von Burn out betroffen. Großzügig Psychopharmaka zu verteilen, ist nicht die Lösung. Im Zuge des Kongresses sollen vielfältige und wirksame Therapieoptionen diskutiert werden“, erklärt Metka.

Menopause/Andropause/Anti Aging-Kongress 2011

Organisation:
Univ. Prof. Markus Metka,
Univ. Prof. Johannes Huber,
Univ. Prof. Wolfgang Clementi

Termin:
8. bis 10. Dezember 2011

Veranstaltungsort:
Hotel Hilton Vienna

Weitere Informationen:

http://menopausekongress.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2011