neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

25.03.2011 | Medizin


Medikamente: Dosismessung aus Atemluft

Abbauprodukte der Valproinsäure können mit einem speziellen Apparat im Atem von Epileptikern gemessen werden. Dabei zeigt sich, wie rasch der Körper das Medikament aus dem Blut entfernt. Erstmals kann damit die richtige Dosierung des Medikaments durch die Atemluft – und nicht wie bisher durch einen Bluttest – bestimmt werden.
APA/Chemical Communications

Verbindung Gehirn – Immunsystem geklärt

Der Tumornekrosefaktor (TNF) alpha trägt dazu bei, dass Nervenzellen mit Astrozyten im Hippocampus kommunizieren können, wie Forscher der Universität Lausanne herausgefunden haben. Damit wurde erstmals eine direkte Verbindung zwischen dem Immunsystem und Hirnfunktionen entdeckt, was hilfreich bei der Erforschung von verschiedensten Gehirnerkrankungen sein könnte.
APA

Erfolg für künstliche Harnröhren

Selbst sechs Jahre nach der Implantation von künstlichen Harnröhren aus körpereigenem Gewebe erweisen sich diese als voll funktionsfähig. Zwischen 2004 und 2007 wurden fünf Buben zwischen zehn und 14 Jahren auf diese Weise behandelt. Körpereigene Zellen wurden dafür in einer Zellkultur röhrenartig gezüchtet und zwischen Penis und Prostata eingesetzt.
APA/The Lancet

Männer überwiegen in China und Indien

Wegen der selektiven Abtreibung von Mädchen wird es in 20 Jahren in weiten Teilen Chinas und Indiens zwischen zehn und 20 Prozent mehr Männer als Frauen geben. Während normalerweise 105 Buben auf 100 Mädchen zur Welt kommen, werden in verschiedenen chinesischen Städten mehr als 130 Buben geboren; 2008 lag in China insgesamt das Verhältnis bei 119:100.
APA/Canadian Medical Association Journal

Schlafmangel bewirkt übertriebenen Optimismus

Im übermüdeten Zustand ist jene Hirnregion aktiver, die für positive Wahrnehmung zuständig ist, wie Forscher der Duke University (USA/Singapur) ermittelt haben. Sie ließen 29 Erwachsene im Durchschnittsalter von 22 Jahren wirtschaftliche Entscheidungen im ausgeschlafenen und im übernächtigten Zustand treffen. Während der Befragung wurden die Hirnfunktionen der Probanden mittels Magnetresonanztomographie überwacht. Bei den unausgeschlafenen Testpersonen war die Aktivität in den für negative Wahrnehmungen zuständigen Hirnarealen schwächer als bei den ausgeruhten. „Schlafentzug bewirkt offenbar eine Verzerrung zum Optimismus“, erklären die Forscher. Die übernächtigten Probanden verhielten sich so, als ob positive Konsequenzen wahrscheinlicher und negative Konsequenzen unwahrscheinlicher seien.
APA/Neuroscience


Hörschäden bei Orchestermusikern nehmen zu

Nach zehn Jahren Berufstätigkeit weist fast jeder dritte Orchestermusiker Einbußen im Hörvermögen auf. Davon besonders betroffen sind Streicher und Bläser, wie Edeltraut Emmerich vom Hörlabor am Universitätsinstitut für Physiologie in Jena herausgefunden hat: „Die Flötistin an der Piccoloflöte ist einem Lärmpegel ausgesetzt, der dem einer Kreis- oder Motorsäge entspricht“. Der Expertin zufolge schützen sich Orchestermusiker im Gegensatz zu Popmusikern nicht durch einen Gehörschutz, da dieser sie beeinträchtige. Durch Lärm am Arbeitsplatz bedingte Schwerhörigkeit ist eine der häufigsten Berufskrankheiten. Lärm beginnt ab einem Lautstärkepegel von etwa 85 Dezibel; vor allem die Lärmdauer ist für gesundheitliche Auswirkungen entscheidend.
APA


Rezeptorblockade verhindert Koma-Trinken

Die genetische Disposition von Ratten zum Komatrinken haben sich Forscher der University of Maryland School of Medicine (USA) zunutze gemacht. Sie haben im Tierversuch einen Vektor mit RNA-Stückchen, die selektiv den GABAA-alpha-2-Rezeptor unterdrückten, an der Amygdala der Ratten eingeführt. Dies führte zu einer geringeren Dichte des Rezeptors und auch zur Hemmung des für das Immunsystem wichtigen Toll-like Rezeptors 4 (TLR 4). Ergebnis: Die Infusion in die Amygdala reduzierte den Alkoholkonsum der Ratten deutlich; am stärksten am dritten und sechsten Tag nach dem Eingriff. Die Wirkung endete nach 14 Tagen; dann zeigten die Ratten wieder dieselbe Vorliebe für Alkohol wie zuvor. Werner Sieghart vom Hirnforschungszentrum der Medizinischen Universität, der an der Studie mitgearbeitet hat, betont weiters: „Erstmals ist ein Zusammenhang zwischen Suchtverhalten und dem Immunsystem entdeckt worden, der auch für Alkohol-bedingte Hirnschäden verantwortlich sein könnte“.
APA/PNAS


Ibuprofen senkt Parkinson-Risiko

Ibuprofen wirkt deutlich besser gegen Parkinson als andere Medikamente der gleichen Kategorie. Das zeigt eine Studie der Harvard-Universität, im Zuge derer die Daten von 98.892 Krankenschwestern und 37.305 Pflegern, die regelmäßig Entzündungshemmer einnahmen, ausgewertet wurden. Durch die Einnahme von Ibuprofen – mindestens zweimal wöchentlich – sei das Parkinson-Risiko rund 38 Prozent geringer als durch die regelmäßige Einnahme von Aspirin, Acetaminophen und anderen Medikamenten. „Es gibt kein Heilmittel bei Parkinson, also ist die Möglichkeit fesselnd, dass Ibuprofen, ein bereits existierendes und relativ ungiftiges Medikament, gegen die Krankheit helfen könnte“, so Mitautor Alberto Ascherio. Die Wirkungsweise ist noch unklar; möglicherweise verringert Ibuprofen die Entzündungsprozesse im Gehirn, die zu Parkinson führen können.
APA/Neurology


Hirnstimulation hilft bei Zwangsneurosen

Mit einem chirurgischen Eingriff können Zwangsneurosen gelindert werden. Das ergab eine Studie der Brown Universität an 26 Personen, die besonders schwere Zwangsneurotiker sind. Dabei implantierten Chirurgen hauchdünne Elektroden tief ins Gehirn, wo elektrische Impulse den Schaltkreis, der mit Depressionen, Neurosen und anderen psychiatrischen Krankheiten in Verbindung gebracht wird, stimulieren. Je länger die Elektroden das Gehirn reizten, desto stabiler wurden die Patienten. Nach Angaben des Psychiaters Benjamin Greenberg führt der Eingriff bei jeweils drei von vier Patienten zu einer 25prozentigen Verbesserung; dies reicht aus, um wieder eine Behandlung mit Medikamenten und Verhaltenstherapie durchzuführen. In den USA wurden bereits 50 Zwangsneurotiker dem riskanten Eingriff unterzogen.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 6 / 25.03.2011