neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

15.07.2011 | Medizin


Atom-Mikroskop zur Tumorklassifizierung

Mit einem Atomkraft-Mikroskop, das eine Auflösung kleiner als 40 Nanometer aufweist, sollen Veränderungen von Gehirntumoren frühzeitig erkannt werden. Zum Vergleich: In der Lichtmikroskopie ist der Wert größer als 200 Nanometer. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Bei knapp 85 Prozent der Aufnahmen konnten die Tumore richtig klassifiziert werden.
APA

Keine Sandstrahltechnik bei Jeans

Nach Protesten der Clean Clothes Kampagne (CCK) verzichten zwei Anbieter von Billigmarken (New Yorker und Orsay) künftig auf die Verwendung der Sandstrahltechnik, die Jeans ein gebrauchtes Aussehen verleiht. Der dabei verwendete quarzhaltige Sand kann bei unzureichenden Schutzvorkehrungen in die Lungen der Arbeiter gelangen und die tödliche Silikose verursachen.
APA

Schlangengift: Salbe verzögert Wirkung

Eine Salbe mit dem Inhaltsstoff Glyceroltrinitrat (Nitroglycerin) soll den Transport des Schlangengiftes durch das Lymphsystem verlangsamen. In Versuchen an Ratten konnte damit die Transportdauer der Lymphe um sechs Minuten verlangsamt werden; der Atemstillstand durch das Gift trat 31 Minuten später auf. Nitroglycerin hemmt bestimmte Pumpmechanismen im Lymphsystem.
APA/Nature Medicine

Eiweiß-Schlaufen schützen HI-Virus

Spezielle Virenteile, die molekulare Schutzschilde besitzen und so das Virus vor Antikörpern abschirmen, haben Forscher der Universität Zürich beim HI-Virus entdeckt. Diese Schilde bestehen aus zwei Eiweißteilen, die sich wie Schlaufen um die Viren-Stacheln winden. Fehlen diese Schlaufen, kann das Immunsystem das HI-Virus problemlos hemmen.
APA/Journal of Experimental Medicine

Schlankheitsmittel: problematische Abgabepraxis

Wie ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) ergeben hat, wurde das Apotheken-pflichtige Schlankheitsmittel ALLI® an zwei Personen mit Kontraindikationen in den meisten der 16 getesteten Wiener Apotheken abgegeben: eine schlaksige 15-Jährige und eine stillende Mutter. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat 2008 das Rezept-pflichtige Präparat Xenical® (Orlistat) in einer geringeren Wirkstoffdosis als Rezept-freies Lifestyle-Präparate zugelassen. Abgesehen von Nebenwirkungen wie Durchfall oder unkontrolliertem Fettstuhl birgt ALLI® auch Missbrauchsgefahr: Schon zwei Tabletten davon entsprechen der vollen Dosis des rezeptpflichtigen Xenical®. Hält man sich an die Ernährungs- und Sportempfehlungen des Herstellers, kann man 60 bis 80 Gramm pro Woche mehr abnehmen. „Das entspricht 131 Kilokalorien pro Tag und somit einer trockenen Semmel“, so VKI-Geschäftsführer Franz Floss. Eine Umfrage unter rund 900 minderjährigen Patienten mit Essstörungen ergab, dass 45 Prozent Medikamentenmissbrauch betrieben haben, davon 15 Prozent mit ALLI®.

Übergewicht durch zu viele Snacks

Zwischenmahlzeiten sind einer Studie der US-amerikanischen Universität von North Carolina die größte Gefahr für Übergewicht. Die Wissenschafter verglichen dabei die Zahl und Quelle der täglich konsumierten Kalorien in den vergangenen 30 Jahren. In der ersten Phase der Untersuchung (1977 bis 1978 sowie 1989 bis 1991) waren noch die wachsenden Portionen Ausschlag gebend für Gewichtszunahmen: 15 kcal mehr im täglichen Durchschnitt pro Jahr. In der letzten Untersuchungsphase (1994 bis 1998 und 2003 bis 2006) waren die vielen Snacks der entscheidende Faktor: Pro Jahr erhöhte sich die tägliche Kalorienzufuhr um 39 kcal, die Portionsgröße nahm sogar ab: rechnerisch um eine kcal im Jahr. Somit konsumierte ein US-Amerikaner zwischen 2003 und 2006 durchschnittlich 2.374 kcal am Tag, das sind 570 kcal mehr als etwa 1977.
APA/PLoS Medicine

Rauchfrei durch SMS

Wenn Menschen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, per SMS dazu ermutigt werden, verdoppeln sich die Erfolgschancen. Britische Ärzte der London School of Hygiene and Tropical Medicine teilten dazu 5.800 Probanden in zwei Gruppen ein. Die erste Gruppe erhielt in den ersten fünf Wochen täglich fünf aufmunternde SMS-Botschaften, in den folgenden sechs Monaten drei pro Woche. Bei akuten Entzugs- oder Rückfallerscheinungen gab es spezielle SMS-Mitteilungen. Die zweite Gruppe erhielt nur alle zwei Wochen langweilige SMS-Benachrichtigungen. Alle Teilnehmer reichten während des Experiments per Post Speichelproben ein, die auf Kotinin, ein Abbauprodukts des Nikotins, untersucht wurden. Nach sechs Monaten waren 10,7 Prozent der Mitglieder der ersten Gruppe ununterbrochen abstinent, in der zweiten Gruppe waren es nur 4,9 Prozent.
APA/The Lancet

Fruchtsäfte: acht Stück Würfelzucker pro Glas

Die Dosis an Vitamin C in Multivitamin-Säften ist bis zu dreimal so hoch wie auf der Packung angegeben und überschreitet pro Viertelliter-Glas die pro Tag empfohlene Menge deutlich, wie ein Test des Magazins „Konsument“ zeigt. Die Säfte werden vor der Abfüllung mit einer zu großen Menge an Vitamin C angereichert, um den Vitamingehalt bis Haltbarkeitsende garantieren zu können. Nur elf der 18 untersuchten Erzeugnisse bestanden zu 100 Prozent aus Obst und waren somit echte Fruchtsäfte. Nektar hingegen besteht meist aus 50 Prozent Fruchtanteil sowie Wasser und Zucker; jedoch war kein Saft – auf der Verpackung ersichtlich – als Nektar deklariert. Die meisten Nektare sind aufgezuckert: Auf ein Viertel Saft kommen zwischen elf und 30 Gramm Zucker, das entspricht bis zu acht Stück Würfelzucker pro Glas. Nur zwei der untersuchten Multivitaminsäfte gehen als „akzeptable“ Durstlöscher durch; die Mehrheit wird als „wenig akzeptabel“ eingestuft.
APA

Warnung vor Antibabypille neuer Generation

Vor den Risiken durch neuartige Hormone bei der dritten Generation der Antibabypille warnen deutsche Gesundheitsexperten. Bei fast der Hälfte der 20 Absatz-stärksten Antibabypillen des vergangenen Jahres wäre das Embolie-Risiko doppelt so hoch wie bei älteren Präparaten. „Erprobte Pillen der zweiten Generation bleiben die Mittel der Wahl, bei allen anderen Pillen sind die Risiken höher oder schwer abschätzbar“, erklärt Studienautor Pharmakologe Gerd Glaeske von der Universität Bremen. Auch die Verordnung von starken Schlafmitteln für Alkoholabhängige und von starken Beruhigungsmitteln für Demenzkranke wurde im Arzneimittel-Report als fragwürdig bezeichnet.
APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2011