Hämoptyse: Hinschauen notwendig

25.09.2011 | Medizin


Die Begutachtung des Sputums, das Blutbeimengungen aufweist, kann Hinweise auf die Ätiologie geben. Menge, Farbe, Zusammensetzung und pH-Wert des Sputums bestimmen die weitere Diagnostik.

Von Irene Mlekusch

Das Aushusten von Blut oder Blut-haltigem Sekret stellt ein ernst zu nehmendes Symptom dar, dass je nach Ausprägung nicht nur auf den Patienten sondern auch auf den Arzt bedrohlich wirken kann. Die Erkrankungen, die zu einer Hämoptyse führen können, sind vielfältig. Univ. Prof. Christian M. Kähler von der Universitätsklinik für Innere Medizin I in Innsbruck unterstreicht, dass jede Blutbeimengung im Sputum und selbstverständlich auch der Bluthusten (Hämoptoe) abgeklärt werden muss.

Eine sorgfältige Anamnese und klinische Untersuchung können erste Hinweise auf die Ursache liefern. Wesentlich ist die Tatsache, ob das bluthaltige Sekret wirklich abgehustet oder eher ausgespuckt wurde. Epistaxis, Übelkeit, Erbrechen, ein Brennen in der Herzgegend oder Schmerzen im Abdomen weisen eher auf eine Blutung im nasopharyngealen Raum beziehungsweise aus dem Gastrointestinaltrakt hin. Sogenannte Pseudo-Hämoptysen müssen eindeutig von echten Hämoptysen und Hämoptoen differenziert werden. Univ. Doz. Arnulf Ferlitsch von der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie an der Medizinischen Universitätsklinik in Wien empfiehlt, zunächst nach einer bereits bekannten Grunderkrankung zu fragen. „Hinweise auf eine Alkoholanamnese oder eine Lebererkrankung sprechen ebenso wie ein positiver Hämocculttest oder Melaena für eine Pseudohämoptyse“, so Ferlitsch.

Die Quantifizierung der Blutmenge erweist sich anamnestisch oft schwierig. Viele Patienten neigen dazu, den Blutverlust zu überschätzen. Ein Blutbild mit Bestimmung des Hämatokrits kann einerseits zur Objektivierung des Blutverlustes dienen und andererseits mögliche ätiologische Hinweise liefern, wenn zusätzlich die Blutgerinnung und der nephrologische Status erhoben werden. „Auch bei einer Hämoptyse kann ein Bronchialkarzinom vorliegen und eine Hämoptoe nachfolgen“, erklärt Kähler. „Eine genaue Inspektion des Sputums ist bei der Diagnose hilfreich“, weiß Ferlitsch, der dazu einen einfachen pH-Streifentest verwendet. Während eine kaffeesatzartige, schwarze Konsistenz auf eine Pseudohämoptyse mit dem Magen als Ursprung hinweist, finden sich bei Erbrochenem eher auch Speisereste. Das Blut einer echten Hämoptyse ist hellrot bei leicht alkalischem pH-Wert. Im Gegensatz dazu weist eine Blutung aus dem Magen mit Hämatemisis eher einen sauren pH-Wert auf. Hustet der Patient größere Mengen Blut und sind diese mit Koagel durchsetzt, spricht das am ehesten für ein Karzinom, Tuberkulose oder eine Pulmonalembolie. Eine Blut-durchzogenes Sputum wiederum findet sich bei Bronchitis, Bronchiektasen oder Lungenentzündung. Ein blutiges Sputum mit üblem Geruch wiederum kann auf einen anaeroben Lungenabszess hinweisen und sollte mikrobiologisch untersucht werden. Bei den bakteriellen Pneumonien treten Hämoptysen vorwiegend bei Infektionen mit Streptococcus pneumoniae, Pseudomonas aeruginosa oder Staphylococcus aureus auf. Ein rot gefärbtes Sputum ohne Blutbeimengungen findet sich bei der eher seltenen Pneumonie mit Serratia marcescens.

Das Alter des Patienten hilft ebenfalls bei der Eingrenzung der Differentialdiagnosen. Die zystische Fibrose steht bei Kindern und Jugendlichen mit erstmaliger Hämoptyse als Diagnose im Vordergrund, während die Ursache bei Erwachsenen mittleren Alters eher Mitralstenosen, Bronchusadenome oder Vaskulitiden inklusive des Goodpasture-Syndroms sind. Ab dem 50. Lebensjahr steigt die Wahrscheinlichkeit für ein Bronchialkarzinom an. „Ein Bronchialkarzinom muss bei jeder Blutbeimengung im Sputum ausgeschlossen werden“, fordert Kähler. Vor allem in der Hämoptoe sieht er raschen Handlungsbedarf, da der Verlust von größeren Blutmengen letal sein kann. Die Mortalität ist bei Bronchitis und Bronchiektasie auch beim Verlust größerer Blutmengen relativ gering; Patienten mit Tuberkulose, Lungenkrebs oder Lungenabszess weisen dagegen ein erhöhtes Risiko auf.

Weitere Ursachen für Bluthusten können arteriovenöse Malformationen sein oder Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes. Im Rahmen des endobronchialen Kaposi-Sarkoms kann es ebenso zu Blutungen kommen wie bei Morbus Wegener, dem Osler-Syndrom, Leukämie, hämorrhagischer Diathese, Pneumokoniose oder einem pulmonalen Myzetom. Auch Traumen, Fremdkörperaspirationen oder Verletzungen in Folge von Bronchoskopien, Biopsien oder Pulmonalis-Katheter können eine Blutungsquelle darstellen. Kähler erinnert an die medikamentös induzierten Hämoptysen, die bei der Einnahme von Cumarinen ebenso auftreten können wie unter Benzodiazepinen und in geringem Ausmaß unter Acetylsalicylsäure.

Andere Blutungsursachen

Als Ursache für gastroenterologische Blutungen, die den Eindruck einer Hämoptyse erwecken können, nennt Ferlitsch Mallory-Weiss-Läsionen, eine schwere Refluxösophagitis bei rezidivierendem Erbrechen, Ulcera im Magen oder Duodenum, Ösophagus- oder Fundusvarizen, Tumore im Ösophagus, vor allem knapp unterhalb des Pharynx oder seltener Angiodysplasien. Zur Abklärung empfiehlt Kähler bei unklarer Ursache ein CT des Thorax und eine Bronchoskopie, bei Verdacht auf eine arteriovenöse Malformation ist eine Bronchialarterien-Angiographie hilfreich. Kann die Blutungsursache nicht festgestellt werden, liegt möglicherweise eine idiopathische pulmonale Hämosiderose vor. „Liegt nach Anamnese und Begutachtung des ausgehusteten Materials der Verdacht auf eine Blutung im Bereich des Gastrointestinaltraktes vor, kann eine Gastroskopie diagnostisch und therapeutisch wertvoll sein“, merkt Ferlitsch an.

Beeinträchtigt der Blutverlust den Kreislauf und Gasaustausch, sollte eine Blutstillung mittels Kathetertamponade, Embolisation oder Koagulation erfolgen. In den meisten Fällen ist allerdings die diagnostische Abklärung vorrangig.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2011