Ärztetage Grado 2011: Diabetiker: Krisensituationen im Focus

10.05.2011 | Medizin

Bei Patienten mit Diabetes mellitus muss ThromboAss präoperativ in vielen Fällen nicht mehr abgesetzt werden – das ist eine der neuesten Empfehlungen bei der Operationsvorbereitung. Die diesjährigen Ärztetage in Grado bieten daher mit dem Themenblock „Krisensituationen im Focus“ kompakte Information zur ganzheitlichen Betreuung von Diabetikern.
Von Birgit Oswald

Ein spezieller Teil der Veranstaltung in Grado widmet sich der präoperativen Vorbereitung von Patienten mit Diabetes im niedergelassenen Bereich. Denn längst sind es nicht mehr nur die Folgen des Diabetes, die Operationen bei Diabetikern notwendig machen. Vielmals sind es orthopädische Eingriffe wie Hüftoperationen oder Operationen an der Wirbelsäule, die aufgrund von Abnützungserscheinungen notwendig sind. Diabetikerinnen weisen mittlerweile sogar ähnlich hohe Hysterektomie-Raten wie Nicht-Diabetikerinnen auf.

Was niedergelassene Ärzte in punkto Operationsvorbereitung wissen sollten, erklärt Heidemarie Abrahamian, Leiterin der Internen Abteilung des Otto Wagner-Spitals in Wien, folgendermaßen: „Es geht darum, bei der Operationsvorbereitung von Personen mit Diabetes besonderes Augenmerk auf die Evaluierung des Operationsrisikos zu legen, damit weder zu viel noch zu wenig untersucht wird. Das richtige Maß an Untersuchungen muss gefunden werden“. Grundsätzlich gilt, zwischen dem Operations- und dem Patientenrisiko zu unterscheiden. Abrahamian definiert hierzu sechs Punkte, die vor einer Operation für die Risikobeurteilung herangezogen werden müssen. „Vor einer Operation muss neben der Qualität der Diabeteseinstellung evaluiert werden, wie das Risiko der geplanten Operation per se ist, ob der Patient eine koronare Herzkrankheit wie St. p. Myokardinfarkt hat, anamnestisch einen Schlaganfall oder eine transistorische ischämische Attacke erlitten hat, eine Niereninsuffizienz besteht, eine signifikante Herzinsuffizienz oder Anzeichen dafür wie Beinödeme oder feuchte Rasselgeräusche in der Lunge festgestellt werden können. An diesen Risikofaktoren erkennt man nicht nur das Operationsrisiko, sondern auch das postoperative kardiale Risiko“, so Abrahamian. Abrahamian zur Beurteilung des Risikos: „Sind mehr als drei der genannten Punkte positiv, besteht ein hohes Operationsrisiko“.

Genaue präoperative Evaluation

Aber selbst bei einem erhöhten Operationsrisiko muss bei entsprechender Notwendigkeit nicht von einer Operation Abstand genommen werden, wie die Expertin betont: „Der Patient muss lediglich sehr gut bezüglich Reduktion des Operationsrisikos evaluiert werden, bevor der Eingriff durchgeführt werden kann“. Ziel ist, den Patienten in einem möglichst guten Zustand zur Operation zu bringen. Dann sehe ich ein akzeptables Risiko, auch bei schwer Kranken. Wir bereiten die Patienten präoperativ so gut vor, dass das Risiko definitiv minimiert ist. Somit ist auch eine Operation bei einem über 80-Jährigen möglich “, führt Abrahamian weiter aus.

Grundsätzlich ist bei einem Patienten mit Diabetes die Operationsvorbereitung nicht aufwändiger als bei einem Nicht-Diabetiker. Die Empfehlung der Expertin: Bei diabetischen Patienten über 55 Jahre soll auf jeden Fall ein Carotis-Doppler gemacht, außerdem muss präoperativ der HbA1c-Wert sowie das Kreatinin bestimmt werden. Abgeklärt werden muss auch, ob eine koronare Herzkrankheit oder eine Herzinsuffizienz besteht. Eine Echokardiographie ist laut Expertin aber bei weitem nicht in allen Fällen notwendig. „Bei Patienten, die zügig ein bis zwei Stockwerke aufwärts gehen können, ohne Beschwerden zu bekommen, muss in der Regel keine Echokardiographie durchgeführt werden“, so Abrahamian.

Ein zentraler Punkt, dem man vor einem geplanten Eingriff jedenfalls Bedeutung schenken muss, ist die Medikation. „Hier sollte überlegt werden, welche Medikamente weiter regelmäßig eingenommen und welche vor der Operation abgesetzt werden müssen“, weiß die Internistin aus der Praxis. Das betrifft vor allem Antidiabetika wie Metformin, das – laut Austria Kodex – 48 Stunden vor einer Operation abgesetzt werden muss. Wieder eingenommen werden soll Metformin binnen 48 Stunden postoperativ – vorausgesetzt die Nierenfunktion ist in Ordnung und der Patient kann bereits essen. Neuerungen gibt es bei Antikoagulantien. Abrahamian dazu: „ThromboAss muss nicht mehr prinzipiell präoperativ abgesetzt werden, lediglich bei Eingriffen mit erhöhtem Blutungsrisiko.

Wir wissen auch, dass Beta-Blocker perioperativ das Risiko für Herzereignisse senken können. Statine können ebenso als Schutz während der Operationsphase dienen, dazu gibt es sehr gute Daten“.

Ärztetage Grado 2011

Dauer: 29. Mai 2011 bis 4. Juni 2011

Veranstaltungsort: Grado, Kongresshaus

Veranstalter:
österreichische akademie der ärzte

Information und Anmeldung:
Kuoni Destination Management,
Mag. (FH) Julia Koller
Telefon: 01/319 76 90/57
E-Mail: grado2011@at.kuoni.com
Internet: www.arztakademie.at/grado

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2011