Stand­punkt – Vize-Präs. Harald Mayer: Zukunfts­per­spek­ti­ven für SpitalsärztInnen

25.04.2010 | Standpunkt

(c) Zeitler

Man muss kein Pro­phet sein, um fol­gen­des Sze­na­rio vor­aus­zu­sa­gen: Wenn sich die Arbeits­be­din­gun­gen für Öster­reichs Spi­tals­ärz­tin­nen und Spi­tals­ärzte nicht rasch zum Bes­se­ren ver­än­dern, wird bald kei­ner unse­rer jun­gen Kol­le­gen bereit sein, nach dem Ende sei­ner Aus­bil­dung auch nur einen Tag län­ger im Spi­tal zu arbeiten.

Die Zukunft der Spi­tal­ärzte war daher das zen­trale Thema beim letz­ten rou­ti­ne­mä­ßi­gen Ter­min, den Spit­zen­ver­tre­ter der ÖÄK bei Bun­des­kanz­ler Fay­mann hat­ten. Lei­der war der Kanz­ler kurz­fris­tig ver­hin­dert – was jedoch nichts daran geän­dert hat, dass wir sei­nem Ver­tre­ter, Staats­se­kre­tär Oster­mayer, deut­lich gemacht haben, dass in punkto Arbeits­be­las­tung von Spi­tals­ärz­ten der sprich­wört­li­che Pla­fond längst erreicht ist, und sich die Situa­tion ins­ge­samt wei­ter ver­schlech­tert: die Pati­en­ten­ströme in die Spi­tä­ler rei­ßen nicht ab, die Ambu­lan­zen gehen über, es gibt immer mehr Auf­nah­men und Ent­las­sun­gen – und das bei gleich­blei­ben­den Ärz­te­zah­len. In man­chen Kran­ken­häu­sern müs­sen sich die Ärzte schon fast die Hälfte ihrer Arbeits­zeit mit Doku­men­ta­tion und Admi­nis­tra­tion her­um­schla­gen. Hier könnte man sofort Abhilfe schaf­fen, denn ein Groß­teil die­ser Arbeit wäre delegierbar!

In die­sen Tagen hat das IFES-Insti­tut im Auf­trag der Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte seine tele­fo­ni­sche Befra­gung unter Öster­reichs Spi­tals­ärz­tin­nen und Spi­tals­ärz­ten über ihre aktu­el­len Arbeits­be­din­gun­gen abge­schlos­sen. Die ent­schei­dende Frage für mich dabei ist: Hat sich die Arbeits­si­tua­tion seit der letz­ten Erhe­bung im Jahr 2006 ver­bes­sert? Oder ist sie – wie ich es in zahl­rei­chen Gesprä­chen mit Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen zumeist höre – gleich geblie­ben, wenn nicht sogar schlim­mer gewor­den? Sobald die Inter­views aus­ge­wer­tet sind, wer­den wir die Ergeb­nisse im Rah­men einer Pres­se­kon­fe­renz umge­hend der Öffent­lich­keit prä­sen­tie­ren – und auch die erfor­der­li­chen Maß­nah­men set­zen.

Nicht nur der Druck von außen auf Spi­tals­ärzte nimmt zu, das Arbei­ten im Schicht­dienst selbst stellt auch eine Belas­tung dar: Eine aktu­elle Stu­die der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Inns­bruck hat bestä­tigt, was wir ohne­hin schon lange ver­mu­tet haben: der Schicht­be­trieb, in dem wir Spi­tals­ärz­tin­nen und Spi­tals­ärzte arbei­ten, hat erheb­li­che nega­tive gesund­heit­li­che Aus­wir­kun­gen. Nach vie­len Jah­ren Schicht­dienst ist das Risiko für einen Herz­in­farkt deut­li­che höher.

Hinzu kommt, dass in den nächs­ten zehn Jah­ren von den der­zeit rund 16.400 in Kran­ken­häu­sern täti­gen zur selbst­stän­di­gen Berufs­aus­übung berech­tig­ten Ärz­tin­nen und Ärz­ten rund 20 Pro­zent in Pen­sion gehen wer­den.

Sie sehen also: Gründe genug, wieso wir 2010 zum Jahr der Spi­tals­ärzte erklärt haben; damit die Zahl der Burn­out-Fälle unter Ärz­ten nicht wei­ter zunimmt, damit die Kol­le­gen nicht in die Nach­bar­län­der abwan­dern, damit der Beruf Spi­tals­arzt wie­der attrak­tiv wird, wer­den wir von Sei­ten der Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte alles daran set­zen, die­ser Ent­wick­lung ent­ge­gen­zu­ar­bei­ten, und auch Modelle ent­wi­ckeln, wie Spi­tals­ärzte im Spi­tal alt wer­den können.

Einen wesent­li­chen Bei­trag dazu wer­den die Ergeb­nisse aus der IFES-Stu­die leis­ten. Denn damit, sehr geehrte Frau Kol­le­gin, sehr geehr­ter Herr Kol­lege, ist es der Bun­des­ku­rie mög­lich, mit Nach­druck alle unsere For­de­run­gen der Poli­tik zu prä­sen­tie­ren – und so dazu bei­zu­tra­gen, Ihre per­sön­li­che Arbeits­si­tua­tion zu ver­bes­sern.


Harald Mayer

2. Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 8 /​25.04.2010