Standpunkt – Vize-Präs. Günther Wawrowsky: Ärztinnen und Ärzte …

25.09.2010 | Standpunkt

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… aktiv oder im Ruhestand, mit und ohne ius practicandi, ob angestellt in Ausbildung zum Allgemeinmediziner oder zum Facharzt, Oberarzt oder vielleicht bereits Primarius. Dann wieder freiberuflich Tätige, ob als Wahlarzt oder Kassenvertragsarzt mit allen oder nur manchen Verträgen, ob Allgemeinmediziner mit oder ohne Hausapotheke, Landärzte oder Stadtärzte, dann all die Fachärzte aus den zahlreichen klinischen Sonderfächern, ob Notärzte oder Gemeindeärzte, Schulärzte, Kurärzte, Sportärzte, Betriebsärzte, Wohnsitzärzte, Lehrpraktikanten oder Lehrpraxisinhaber.

Diese Liste lässt sich noch beliebig verlängern. Dass es angesichts dieser Heterogenität eines Berufsstandes vielfach zur Überschneidung der Interessenslagen kommt, ist leicht erkennbar. Als ärztlicher Standesvertreter erlebe ich diese Schnitt-, Naht- oder Reibungsflächen auf allen Ebenen. Man könnte meinen, dass diese so zahlreichen Partikularinteressen einen Sprengsatz für die standespolitische Einheit darstellen – das mag durchaus sein. Aber dennoch wirken wir alle, die wir akademisch gebildet sind, mit, um eine breite medizinische Versorgung anzubieten und sind interessiert daran, die medizinische Versorgung im Lande hoch zu halten.

In der Funktion des Bundeskurienobmannes habe ich – als Vertreter nach außen hin – Kontakt mit Politikern, den Vertretern der Sozialversicherungen sowie der Medien. Hier erlebe ich weniger Anerkennung als Arzt, eher betretenen Respekt; oft aber sind es Vorbehalte, wenn nicht sogar Misstrauen gegenüber einer Standesvertretung, die sich als standhaft und wehrhaft erwiesen hat. Und alle – Politiker, Sozialversicherung und Journalisten – wissen um die hohe Akzeptanz und außerordentliche Beliebtheit der Ärzteschaft in der Bevölkerung. Das ist für die, die an der Macht sind, eine höchst unbequeme Gruppe – müssen sie sich selbst in regelmäßigen Abständen einer Wiederwahl stellen, und zwar genau durch jene Bürger, die uns Ärztinnen und Ärzten mehr vertrauen als den Politikern.

Wir müssen wachsam bleiben und uns weiter einhellig und erfolgreich gegen politische Willkür stemmen. Die Partialinteressen der Ärzte dürfen uns nicht schwächen in der Konfrontation, auch wenn sie auf den ersten Blick unvereinbar scheinen. In der Konfrontation – sollte es dazu kommen – braucht es geschlossene Reihen und einen gut organisierten und funktionierenden Rückhalt.

Bei aller Kritik an der jeweils anderen politischen Position muss ein respektvoller Umgang miteinander jedoch erhalten bleiben. Es gibt sie, die Standesehre, und es gibt unser ärztliches Ethos, anderen zu helfen. Damit meine ich Hilfe für unsere Patienten, aber auch jene für Kolleginnen und Kollegen.

Den Rückhalt hat die ärztliche Standesvertretung dann in den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesärztekammern und der ÖÄK, in jenen, die das Präsidium betreuen, den Kurien, den Pressestellen und der Ärztezeitung, den Wohlfahrtsfonds, durch die fachliche Unterstützung in den jeweiligen Kommissionen und Referaten, in der ÖQMed und der akademie der ärzte. Sie alle wirken an einer respektierten Ärztevertretung mit. Wir brauchen deren Fähigkeiten und deren Einsatzbereitschaft.

In der Welt der Umverteilung, in der wir leben, wird nur allzu gerne im Sozialbereich eingegriffen. Das Gegenteil sollte der Fall sein: Wir sollten unsere Einheit wahren, uns weiterhin schützen und uns diesen Schutz auch leisten wollen. Unsere Neider schlafen nicht.

Günther Wawrowsky
3. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2010