Standpunkt – Präs. Walter Dorner: Rauchverbot auf österreichisch

15.07.2010 | Standpunkt

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Bayern ist anders: ab 1. August gilt in Lokalen ein vollständiges Rauchverbot – ohne Ausnahmen. Die Bevölkerung war es, die in einem Volksentscheid dafür votiert hat, nachdem die Politik mehrere Jahre heftig um eine Lösung gerungen hatte. Einem strikten Rauchverbot im Jahr 2007 folgten – nach herben Wahlverlusten – schrittweise Aufweichungen der Bestimmungen.

Für mich ist es ein Zeichen von politischer Entscheidungsschwäche der verantwortlichen Volksvertreter, dass einmal der Schwenk hin und einmal der Schwenk her gemacht wird. In Österreich hat man gleich von vorneherein einen anderen Weg gewählt, nämlich den des geringsten Widerstandes. Der „freiwilligen Selbstverpflichtung“ der Gastronomen zur Einrichtung von rauchfreien Zonen 2004 war kein Erfolg beschieden, weswegen 2008 eine gesetzliche Regelung zur verpflichtenden Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen in Lokalen mit entsprechenden Übergangsfristen in Kraft trat.

Seit 1. Juli gilt nun in Österreich das neue Tabakgesetz. Das Gesundheitsministerium hat hier die Verantwortung auf die Länder und nicht zuletzt auf die Bevölkerung abgewälzt: Nun liegt es an den Bürgern, die Nichteinhaltung des Rauchverbotes anzuzeigen. Die Exekution wiederum wurde den Bezirken und Landesregierungen überlassen. Unsere deutschen Nachbarn haben die Entscheidung der Bevölkerung übertragen. Ob Österreich bei einem Volksentscheid die gleiche politische Reife mit sich bringt und auch über ein solches Gesundheitsbewusstsein verfügt wie unsere bayrischen Nachbarn, ist fraglich. Wenn zwei das Gleiche tun, heißt das noch lange nicht, dass sie auch dasselbe tun …

Wir haben ja bereits Erfahrungen mit einer Gesundheitsministerin machen dürfen, der das gesundheitliche Wohl der Österreicher und Österreicherinnen nicht soviel bedeutet hat wie ihr persönliches Bedürfnis, rauchen zu können.

Ich bin davon überzeugt, dass das jetzige Tabakgesetz nicht ausreichend klar formuliert ist. Offensichtlich ist es noch nicht überall durchgedrungen, dass Rauchen schädlich und der Hauptverursacher von Krebs ist. Und mittlerweile ist auch wissenschaftlich nachgewiesen, dass auch Passiv-Rauchen massive gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich zieht. Wenn sich jemand trotz allem zu Hause niederqualmt, so ist das seine Privatsache – das möchte ich nicht weiter kommentieren.

Österreich sollte sich nicht nur an Bayern ein Beispiel nehmen, sondern an fast allen anderen europäischen Staaten; hier gelten etwa auch die Türkei und selbst Russland als Vorbild. In Deutschland soll nun eine bundesweite Aktion für ein generelles Rauchverbot folgen. Und auch in Österreich formieren sich die Befürworter eines solchen Vorhabens: Auf Facebook haben sich bereits mehr als 100.000 Unterstützer der Gruppe „Rauchverbot in Lokalen“ angeschlossen. Über den Sommer sollen Unterstützungserklärungen für ein Volksbegehren gesammelt werden, das im Herbst stattfinden soll. Schon jetzt gibt es in Österreich insgesamt mehr als 150 Restaurants und Lokale, die von der Österreichischen Ärztekammer als Nichtraucher-Lokale ausgezeichnet worden sind. Ebenso sind auch alle 241 Schutzhütten des Alpenvereins rauchfrei.

Auf EU-Ebene wird die Entscheidung der bayrischen Bevölkerung zwar begrüßt; ein EU-weites totales Rauchverbot in Gaststätten soll es nicht geben. Geplant ist lediglich, Bemühungen auf nationaler Ebene zu unterstützen.

Ein Grund mehr für uns Ärztinnen und Ärzte, uns weiterhin für den Schutz der Nichtraucher einzusetzen und ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie zu fordern. Ich ersuche Sie, sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege, uns bei diesem so wichtigen Anliegen zu unterstützen!


Walter Dorner

Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2010