Standpunkt – Präs. Walter Dorner: Auf dem richtigen Weg!?

10.04.2010 | Standpunkt

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Selbst die größten Optimisten haben phasenweise nicht mehr geglaubt, dass die Realisierung dieses Vorhabens doch noch gelingen könnte: Nun scheint es so, als ob das Projekt E-Medikation tatsächlich in die Zielgerade eingebogen ist.

Was mich optimistisch stimmt? Ein mit den Apothekern auf höchster Ebene ausgehandelter tragfähiger Kompromiss, der vorsieht, dass nun auch 87 Wirkstoffe und diejenigen 355 OTC-Präparate, in denen sie enthalten sind, in die E-Medikations-Liste aufgenommen werden. Das macht Sinn, um allfällige Interaktionen – die bekanntlich durch zahlreiche OTC-Produkte verursacht werden – rechtzeitig aufdecken zu können. Diese zusätzliche Möglichkeit, dem Patienten bei der Verschreibung von Medikamenten noch mehr Sicherheit in der Behandlung bieten zu können, ist als gewaltiger Fortschritt zu bezeichnen. Dass sich damit auch das Thema Doppelverschreibungen von selbst erledigt, muss nicht ausdrücklich betont werden.

Wien, Oberösterreich und Tirol sind bekanntlich die drei Regionen, in denen ab Herbst die Pilotprojekte zur E-Medikation laufen sollen. Bei einem Roll-out auf ganz Österreich sollte die Teilnahme verpflichtend sein, nur dann macht ein solches Projekt auch wirklich Sinn; jedoch ist die Möglichkeit für ein opting out vorgesehen.

Die größte Hürde – und einzige Gefahr, woran das Projekt trotzdem noch scheitern könnte – ist der Datenschutz. Da ja die datenschutzrechtliche Bewilligung nur für das Pilotprojekt in Salzburg, also den sogenannten Arzneimittelgurt, erteilt wurde, muss nun alles neu beantragt werden; eine bundesweite Ausschreibung ist erforderlich. Wo viele Daten gesammelt werden, ist unweigerlich die Gefahr von Missbrauch gegeben. Und hier muss der Gesetzgeber rigorose Strafen vorsehen. Daten über die Gesundheit jedes einzelnen Mitbürgers müssen der höchstmöglichen Sicherheitsstufe unterliegen.

Ich bin überzeugt, dass diese erste ELGA-Anwendung sich gut in das „Gerüst“ des ELGA-Gesetzes einpasst, das spätestens zu Beginn des neues Jahres in Kraft treten soll. Die Vorarbeiten dazu hat ja die ARGE ELGA geleistet, nun bemühen sich die Experten der ELGA GmbH mit Susanne Herbek an der Spitze um einen pragmatischen Weg. Fakt ist jedoch auch, dass nach wie vor das Wissen der Mitglieder aus der Bundesgesundheitskommission nicht in der Breite und auch Tiefe vorhanden ist, die für das Funktionieren erforderlich ist. Hier ist sicherlich noch viel zu tun. Denn eines darf es ganz sicher nicht werden: eine Husch-Pfusch-Aktion. Und man muss auch nicht alle Fehler selbst machen. In Finnland, wo man bereits knapp zehn Jahre Erfahrung mit der elektronischen Gesundheitsakte hat, kann man beispielsweise nicht von einem Bezirk in einen anderen wechseln und seine Gesundheitsdaten „mitnehmen“, weil die Systeme nicht miteinander kompatibel sind.

Obwohl der Ziel-Einlauf in Sicht ist, gibt es einen Punkt, über den sich sogar Insider uneinig sind: der dafür notwendige finanzielle Aufwand. Niemand kann derzeit mit Sicherheit sagen, was es wirklich kostet.

Walter Dorner
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2010