Vorsteuerabzug: Ordinationsgebäude inklusive Hausapotheke

10.09.2010 | Service

Mit der Vorsteueraufteilung bei der Errichtung eines neuen Ordinationsgebäudes inklusive Hausapotheke hat sich der Verwaltungsgerichtshof nun in einer konkreten Entscheidung befasst.
Von Herbert Emberger*

Die Umsätze aus der Tätigkeit als Ärztin/Arzt sind nach dem österreichischen Umsatzsteuerrecht bekanntlich unecht umsatzsteuerbefreit, das heißt es besteht zwar keine Umsatzsteuerpflicht für diese Umsätze, andererseits entfällt aber somit das Recht auf Abzug der Vorsteuern, die auf den für den Betrieb der ärztlichen Praxis liegenden Ausgaben lasten. Vorsteuern sind also nur insoweit abzugsfähig, als sie im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen stehen.

Da die Umsätze aus der Hausapotheke mit zehn Prozent umsatzsteuerpflichtig, die Umsätze aus der ärztlichen Tätigkeit hingegen unecht umsatzsteuerbefreit sind, bedeutet das, dass nur die Vorsteuern, die im Zusammenhang mit den Hausapothekenumsätzen stehen, abzugsfähig sind. Nun sind die Hausapothekenräumlichkeiten, Ausstattung usw. immer Teil der ärztlichen Praxis, sodass es bei der Aufteilung der anfallenden Vorsteuern auf abzugsfähige (also auf die Hausapothekenumsätze entfallende) und nicht abzugsfähige (also auf die Umsätze als Arzt entfallende) zu Schwierigkeiten kommt. Das Umsatzsteuergesetz sieht dort, wo eine genaue Zuordnung der Vorsteuern zu den steuerpflichtigen Umsätzen nicht möglich ist, eine gänzliche pauschalierte Aufteilung nach dem Umsatzverhältnis oder die Ermittlung der zuordenbaren Vorsteuern und nur der Aufteilung der nicht zuordenbaren Vorsteuern ebenfalls nach dem Umsatzverhältnis vor. Zulässig ist eine solche Aufteilung allerdings nur dann, wenn zugunsten der/des Steuerpflichtigen die Abweichung von den realen Vorsteuern gewisse im Gesetz genannte Grenzen nicht überschreitet.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich nun in einer konkreten Entscheidung (vom 23.2.2010, 2007/15/0289) mit dieser Vorsteueraufteilung bei der Errichtung eines neuen Ordinationsgebäudes inklusive Hausapotheke befasst.

Der steuerpflichtige Arzt für Allgemeinmedizin hat die Aufteilung der Vorsteuern auf den Errichtungskosten des Gebäudes im Umsatzverhältnis durchgeführt und somit 50 Prozent der gesamten Vorsteuern geltend gemacht. Das Finanzamt hingegen hat im Gegenzug die reine Hausapothekenfläche zur Gänze dem Vorsteuerabzug zugrunde gelegt, die gemischt genutzten Flächen mit 50 Prozent, wobei die Feststellung der gemischt genutzten Flächen selektiv war, das heißt die nicht unmittelbar dem Hausapothekenbetrieb dienenden Flächen sind ebenfalls auseinandergelegt worden in reine Praxisflächen und in solche, die für beide Zwecke, nämlich Praxis und Hausapotheke gemeinsam genutzt werden. Es hat sich somit eine beträchtlich geringere Vorsteuersumme ergeben als nach dem Umsatzverteilungsschlüssel.

Der Verwaltungsgerichtshof führt zunächst aus, dass grundsätzlich bei der Zurechenbarkeit der Vorsteuer darauf abzustellen ist, ob und inwieweit der Unternehmer, dem eine Lieferung oder sonstige Leistung mit Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt wird, diese Lieferung oder sonstige Leistung des Rechnungs-ausstellenden Unternehmers zur Ausführung steuerpflichtiger oder unecht steuerbefreiter Umsätze in Anspruch nimmt. Das Gesetz verlangt grundsätzlich eine Zuordnung nach Maßgabe des Zusammenhangs der Vorsteuern mit den Umsätzen. Entscheidend ist dabei der objektive wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den für das Unternehmen erworbenen Gegenständen oder sonstigen Leistungen und den eigenen unternehmerischen Leistungen. Bei Vorsteuerbeträgen, die sowohl mit unecht steuerfreien als auch mit anderen Umsätzen in Zusammenhang stehen, muss ein Aufteilungsmaßstab gewählt werden, der im Einzelfall zu einem möglichst sachgerechten Ergebnis führt. Eine bestimmte Vorgangsweise schreibt das Gesetz hiefür nicht vor. Zulässig ist jede Methode, die eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet. Fehlen die Grundlagen für eine sachgerechte, exakte Zuordnung der gemischten Vorsteuerbeträge, so ist zu schätzen. Dabei ist jede im Gesetz vorgesehene Methode zulässig, die im Einzelfall eine wirtschaftlich zutreffende Zuordnung der Vorsteuerbeträge gewährleistet.

Die Aufteilung der Vorsteuern aus der Errichtung des Ordinationsgebäudes nach dem Flächenschlüssel, wie sie das Finanzamt vorgenommen hat, kann als sachgerechter Aufteilungsmaßstab angesehen werden und ist somit nicht rechtswidrig. Dabei kommt es nur auf die Flächen an, die unmittelbar dem Erbringen der Umsätze der Hausapotheke dienen. Für diese finden sich im Bauplan mit „Apotheke“ bezeichnete Räume, die zur Gänze beim Vorsteuerabzug berücksichtigt worden sind. Teilweise sind die gemeinsam genutzten Räume, wie Windfang, Empfangsraum, zu berücksichtigen. Die Argumentation, dass die anderen der Ordination dienenden Räumlichkeiten Auswirkungen auf den Hausapothekenumsatz insofern haben, weil die in den Ordinationsräumlichkeiten gestellte Diagnose und die Therapie regelmäßig zu einem Medikamentenumsatz führen, also die gesamte Tätigkeit des Arztes inklusive Verschreibung und Abgabe der Medikamente eine einheitliche ist, bedeutet nicht, dass auf diesen Flächen auch Hausapothekenumsätze bewirkt werden. Von einer unteilbaren ärztlichen Gesamtleistung zu sprechen, ist auch deswegen verfehlt, weil die Abgabe beziehungsweise der Verkauf von Medikamenten – so der Verwaltungsgerichtshof weiter – nicht als ärztliche Leistung zu beurteilen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat somit die vom Finanzamt gewählte Methode der Aufteilung der Vorsteuern nach den konkret zuordenbaren Flächen und die Schätzung der Vorsteueranteile nur der für Praxis und Hausapotheke gemeinsam genutzten Flächen bestätigt; damit wurde das meiner Meinung nach schlüssige Argument der Einheitlichkeit der ärztlichen Leistungen, die im gesamten Praxisbereich erbracht werden (Diagnose, Therapie, Medikamentenverschreibung und -abgabe) bedauerlicherweise verworfen.

*) HR Dr. Herbert Emberger ist Steuerkonsulent der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2010