Club Mobil: Fahr­taug­lich­keit auf dem Prüfstand

25.02.2010 | Service

Für Men­schen mit einem Han­di­cap – etwa nach einem Schä­del-Hirn-Trauma – bie­tet der Club Mobil Fahr­si­cher­heits­kurse an. Dar­über hin­aus kön­nen Betrof­fene nach einem neu­ro­lo­gi­schen Ereig­nis ver­trau­lich eine Über­prü­fung der Fahr­eig­nung vor­neh­men las­sen. Von Sabine Fisch 

Rund 40.000 Men­schen in Öster­reich erkran­ken jedes Jahr an M. Par­kin­son und Mul­ti­pler Skle­rose oder erlei­den einen Schlag­an­fall oder ein Schä­del-Hirn-Trauma. Nach der Reha­bi­li­ta­tion wol­len die meis­ten der Betrof­fe­nen auch wie­der Auto fah­ren. Nicht sel­ten aller­dings erlaubt die Rest­sym­pto­ma­tik das gefahr­lose Len­ken eines Fahr­zeugs nicht mehr. Die Über­prü­fun­gen des Club Mobil aus dem Vor­jahr zeig­ten Besorg­nis erre­gende Ergeb­nisse: Von den 208 Per­so­nen, die sich nach einem Akut­ereig­nis ver­trau­lich auf ihre Fahr­taug­lich­keit tes­ten lie­ßen, waren 92 Pro­zent regel­mä­ßig im Stra­ßen­ver­kehr unter­wegs, obwohl ledig­lich 29 Pro­zent auch tat­säch­lich in der Lage waren, ein Fahr­zeug sicher im Ver­kehr zu len­ken. „Diese Men­schen haben Angst davor, zur Behörde zu gehen, um die Ände­rung ihres Gesund­heits­zu­stan­des bekannt zu geben“, weiß Grünseis-Pacher. 

Der Club Mobil wurde auf Pri­vat­in­itia­tive von Edith Grüns­eis-Pacher gegrün­det, die 1989 einen schwe­ren Auto­un­fall erlit­ten hatte. Seit­her im Roll­stuhl, war auch für sie – nach einem drei­jäh­ri­gen Kran­ken­haus­auf­ent­halt – die Wie­der­errei­chung der Mobi­li­tät mit dem Auto eines der wich­tigs­ten Kri­te­rien. Sie begann mit Unter­stüt­zung des Auto­fah­rer­klubs ÖAMTC Fahr­si­cher­heits­kurse für Men­schen mit Han­di­cap anzu­bie­ten: „Das war ein Rie­sen­er­folg“, sagt Edith Grüns­eis- Pacher heute. Und wei­ter: „Über 1.000 Men­schen haben das Fahr­si­cher­heits- Trai­ning allein im ers­ten Jahr absolviert.“ 

Dar­über hin­aus bie­tet die Grün­de­rin des Club Mobil seit meh­re­ren Jah­ren ver­trau­li­che Über­prü­fun­gen der Fahr­eig­nung nach einem neu­ro­lo­gi­schen Ereig­nis an. Gemein­sam mit Exper­ten zweier Fir­men erar­bei­tete sie ein Über­prü­fungs­kon­zept, das sämt­li­che Vor­aus­set­zun­gen, die gesetz­lich vor­ge­schrie­ben sind, um ein Fahr­zeug len­ken zu dür­fen, abdeckt. Dazu gehö­ren etwa die Über­prü­fung von Sehund Hör­fä­hig­keit, Reak­tion, Kon­zen­tra­tion, Über­blicks­ge­win­nung aber auch die Ermitt­lung von not­wen­di­gen Fahr­hil­fen, die vor­han­dene Defi­zite aus­glei­chen kön­nen. Finan­ziert wird das Pro­jekt mit Hilfe von Spon­so­ren. Ein sol­ches Gut­ach­ten kos­tet 255 Euro; wer­den Tests über die Ver­kehrs­be­hörde absol­viert, betra­gen die Kos­ten 863 Euro. 

Im Rah­men der Fahr­taug­lich­keits­prü­fung, die der­zeit an zwei Stand­or­ten in Öster­reich (ÖAMTC-Fahr­si­cher­heits­zen­tren Tees­dorf und March­trenk) durch­ge­führt wer­den, erfolgt zuerst ein Ein­füh­rungs­ge­spräch zwi­schen den Betrof­fe­nen, deren Ange­hö­ri­gen und Edith Grüns­eis-Pacher, in dem der Ablauf der Prü­fung erläu­tert und die aktu­elle Befind­lich­keit der Betrof­fe­nen fest­ge­stellt wird. Nur wer sich gut fühlt, sollte am Test teil­neh­men. Wei­ters wird inten­siv dar­auf auf­merk­sam gemacht, dass es not­wen­dig ist, das Ereig­nis bezie­hungs­weise die Erkran­kung bei der Ver­kehrs­be­hörde zu mel­den. Wer dies unter­lässt, hat bei einem Ver­kehrs­un­fall nur sehr ein­ge­schränkte Ansprü­che auf Versicherungsleistungen. 

Es fol­gen vali­dierte ver­kehrs­psy­cho­lo­gi­sche Tests, die Fest­stel­lung der benö­tig­ten Fahr­hil­fen sowie Übun­gen: wie etwa das Auf­schlie­ßen eines Fahr­zeugs, die Ein­stel­lung der Spie­gel, das Ein­stei­gen ins Auto sowie die Durch­füh­rung einer Sla­lom­fahrt. „Anhand die­ser ein­fa­chen Übun­gen kann man sehr leicht sehen, ob ein Pro­band imstande ist, ein Fahr­zeug zu bedie­nen“, hält Grüns­eis- Pacher fest. Der letzte Test, die soge­nannte Wie­ner Fahr­probe, ist eine Fahrt im Stra­ßen­ver­kehr mit einem Fahr­leh­rer und einem Verkehrspsychologen. 

Wer­den alle Übun­gen absol­viert, wird am Ende die­ses Tages fest­ge­stellt, ob der Pro­band wei­ter­hin fahr­taug­lich ist. Danach folgt noch ein Explo­ra­ti­ons­ge­spräch mit dem Ver­kehrs­psy­cho­lo­gen, Grüns­eis-Pacher, dem Pro­ban­den und sei­nen Ange­hö­ri­gen als letz­ter Tages­ord­nungs­punkt. „Die Betrof­fe­nen wer­den noch ein­mal inten­siv auf die Not­wen­dig­keit eines zusätz­li­chen fach­ärzt­li­chen Gut­ach­tens hin­ge­wie­sen, auch dann, wenn der Test posi­tiv absol­viert wurde“, erläu­tert Grüns­eis-Pacher. Was dabei genau geschieht, schil­dert der ärzt­li­che Direk­tor des Neu­ro­lo­gi­schen Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trums Rosen­hü­gel in Wien, Univ. Doz. Josef Spatt: „Der Pati­ent wird noch ein­mal aus­führ­lich unter­sucht, die Kran­ken­ge­schichte stu­diert und die Stel­lung­nahme des Club Mobil her­an­ge­zo­gen. Liegt eine posi­tive Stel­lung­nahme des Club Mobil vor, sind die Chan­cen für den Betrof­fe­nen, wie­der ein Fahr­zeug len­ken zu dür­fen, erfah­rungs­ge­mäß sehr gut.“ 

Der Erfolg des Pro­jekts spricht für sich, wie die Ergeb­nisse der bis­her durch­ge­führ­ten Unter­su­chun­gen zei­gen: Von jenen Pro­ban­den, die im Vor­jahr vom Club Mobil nega­tiv getes­tet wur­den, neh­men nur noch sechs Pro­zent aktiv am Stra­ßen­ver­kehr teil. Vor der Über­prü­fung waren es noch 80 Pro­zent der nicht fahr­taug­li­chen Pro­ban­den. „Diese Ent­schei­dung wurde von den Betrof­fe­nen frei­wil­lig gefällt“, wie Grüns­eis-Pacher betont.  

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