Ver­hand­lun­gen mit der SVA: Sie­dend heiße Stimmung

10.05.2010 | Politik

Nach der jüngs­ten Ver­hand­lungs­runde zwi­schen Ärz­te­kam­mer und SVA, die keine Annä­he­rung der Stand­punkte gebracht hat, erreicht der Unmut unter den Ärz­ten Sie­de­tem­pe­ra­tur, wie eine Umfrage der ÖÄZ in den Bun­des­län­dern zeigt.
Von Kurt Mar­ka­rit­zer

Bekannt­lich ist der Ver­trag zwi­schen ÖÄK und der SVA noch bis 31. Mai in Kraft. Sollte es nicht im letz­ten Augen­blick noch eine Ände­rung geben, beginnt am 1. Juni die ver­trags­freie Zeit. Allem Anschein nach glaubt die Sozi­al­ver­si­che­rung der Gewer­be­trei­ben­den selbst nicht mehr an eine Eini­gung. Dar­auf deu­ten zwei Indi­zien hin: einer­seits Rund­schrei­ben der SVA an nie­der­ge­las­sene Ärzte, in denen Ein­zel­ver­träge vor­ge­schla­gen wer­den, und ande­rer­seits Stel­len­in­se­rate, in denen Per­so­nal für die Ver­rech­nung der Hono­rar­no­ten gesucht wird, wel­che die Pati­en­ten dann selbst bei der SVA ein­rei­chen müssen.

Trotz der erkenn­ba­ren Span­nung ist die end­gül­tige Ent­schei­dung über das Ende des Ver­tra­ges aber noch nicht gefal­len – und daran knüp­fen sich noch – beschei­dene – Hoff­nun­gen. „Ich bin von Natur aus ein gren­zen­lo­ser Opti­mist, also hoffe ich auch in die­ser Situa­tion noch auf eine Eini­gung“, sagt Kuri­en­ob­mann Wal­ter Arn­ber­ger aus Salz­burg und erin­nert daran, dass noch eine Ver­hand­lungs­runde aus­stän­dig ist: „Die Türe ist nicht zuge­fal­len, aber weit offen steht sie natür­lich auch nicht mehr!“ Wobei Arn­ber­ger die Logik der SVA-Stra­te­gie nicht nach­voll­zie­hen kann: „Wenn unser Gegen­über angeb­lich kei­nen Spiel­raum hat, wieso kann die Ver­si­che­rung dann Ärz­ten und Pati­en­ten anbie­ten, den ver­trags­freien Zustand zu umgehen?“

Wobei der Salz­bur­ger Kuri­en­ob­mann allen Kol­le­gen abrät, auf Ein­zel­ver­ein­ba­run­gen ein­zu­stei­gen, wie sie die SVA ange­bo­ten hat: „Sie wür­den bis 2015 ein sehr enges Kor­sett bil­den, in dem man sich kaum bewe­gen kann.“ Für die über­wie­gende Mehr­heit der Ärzte kommt ein Ein­len­ken jeden­falls nicht in Frage. Arn­ber­ger: „Kei­ner sagt uns, dass wir nach­ge­ben sol­len, son­dern alle mei­nen: hart blei­ben, das gibt es nicht, dass die so mit uns umge­hen!“

Auch im Bur­gen­land will man die Hoff­nung noch nicht auf­ge­ben, dass in die Ver­hand­lun­gen noch ein­mal Bewe­gung kommt. Kuri­en­ob­mann Milan Korn­feind: „Wir haben noch ein paar Wochen Zeit, da kann sich noch etwas tun, wenn bei den Gesprächs­part­nern Ver­nunft ein­kehrt. Es kann aber nicht so sein, dass sich die Sozi­al­ver­si­che­rung ein­ze­men­tiert und kei­ner­lei Bereit­schaft zeigt, sich zu bewe­gen.“ Sollte der ver­trags­freie Zustand kom­men, rech­net Korn­feind mit brei­ter Unter­stüt­zung durch die Kol­le­gen­schaft. Und die Lock­an­ge­bote der SVA? Korn­feind lacht: „Das sind Manö­ver, die immer wie­der ver­sucht wer­den, um Unfrie­den und Unei­nig­keit bei den Ärz­ten zu stif­ten. Wer lange in dem Geschäft tätig ist, kennt das schon. Mag sein, dass der eine oder andere Kol­lege aus Unsi­cher­heit dar­über nach­denkt, aber dem sage ich ganz klar: Es soll sich kei­ner zu Tode fürch­ten, wenn es kei­nen Ver­trag gibt. Wir wer­den unsere Pati­en­ten wei­ter nach bes­tem Wis­sen und Gewis­sen behan­deln. Die Schwie­rig­kei­ten wird die Ver­si­che­rung haben. Aber das ist dann ihr Pro­blem, sie hätte es ja in der Hand, die Lage zu ändern.“

In Kärn­ten wur­den bereits zahl­rei­che Bezirks­ärzte-Tage abge­hal­ten und der Tenor der Mei­nun­gen war ein­deu­tig, berich­tet Kuri­en­ob­mann Gert Wie­gele: „Hart zu blei­ben ist die ein­zige Mög­lich­keit, mit den ehe­ma­li­gen Part­nern umzu­ge­hen.“ Die Kärnt­ner wol­len und wer­den sich auch nicht aus­ein­an­der­di­vi­die­ren las­sen, ver­si­chert Wie­gele: „Allen ist klar, dass die Ver­si­che­run­gen leich­tes Spiel haben, wenn wir Ärzte nicht zusam­men­hal­ten. Die Soli­da­ri­tät ist ein­fach ein Gebot der Ver­nunft. Schließ­lich wer­den auch andere Sozi­al­ver­si­che­run­gen die Ent­wick­lung auf­merk­sam ver­fol­gen und wenn sie sehen, dass Ärzte unschlüs­sig und unei­nig sind, wer­den sie das für ihre Zwe­cke nüt­zen.“ Wie­gele hat eine eigene Theo­rie, was hin­ter der stu­ren Hal­tung der SVA steckt: „Ich schließe nicht aus, dass es sich um eine gezielte Pro­vo­ka­tion han­delt. Es gibt Pläne, aus der SVA und der Sozi­al­ver­si­che­rung der Bau­ern eine gemein­same Sozi­al­ver­si­che­rung zu machen und eine der­ar­tige umwäl­zende Reform lässt sich leich­ter rea­li­sie­ren, wenn die SVA nicht durch einen Ver­trag mit den Ärz­ten gebun­den ist.“ Wie auch immer: Die Ärzte in Kärn­ten sind sich einig, dass Nach­ge­ben der fal­sche Weg wäre. Wie­gele: „Die Front in Kärn­ten steht, wenn man das so mar­tia­lisch sagen darf!“

Auch in Tirol domi­niert die Zustim­mung zur Hal­tung der Ärz­te­kam­mer. Bei einer Umfrage unter den Ärz­ten spra­chen 97 Pro­zent derer, die sich daran betei­lig­ten, ihre Unter­stüt­zung für die Hal­tung der Ärz­te­kam­mer aus und die glei­che, über­wie­gende Mehr­heit betonte, sie würde Lock­an­ge­bote der SVA in Form von Ein­zel­ver­trä­gen ableh­nen. Kuri­en­ob­mann Momen Radi: „Wir leis­ten auch inten­sive Auf­klä­rungs­ar­beit bei den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und ver­an­stal­ten im gan­zen Land Bezirks­ärzte-Abende, wo wir die Situa­tion erklä­ren.“ Auch bei die­sen Ver­samm­lun­gen ist die Erbit­te­rung über die Hal­tung der SVA spür­bar, immer wie­der hört man bei den Dis­kus­sio­nen die Fest­stel­lung: „Es reicht, so kann man mit uns nicht umge­hen!“. Zu gege­be­ner Zeit wird man in Tirol auch die bei der SVA ver­si­cher­ten Pati­en­ten anspre­chen und Radi ist über­zeugt, bei ihnen Ver­ständ­nis zu fin­den: „Wir haben es bei der SVA mit Leu­ten zu tun, die wis­sen, dass Dienst­leis­tun­gen Geld kos­ten, schließ­lich wol­len sie selbst als Selbst­stän­dige auch für ihre Arbeit anstän­dig hono­riert werden.“

In Ober­ös­ter­reich ist die Ärz­te­schaft kampf­be­reit, ver­si­chert Kuri­en­ob­mann Oskar Schwe­nin­ger: „Bei uns ist die Stim­mung so, dass die Kol­le­gen sagen: Eine Eini­gung kann es nur geben, wenn die Ver­ein­ba­rung vom Sep­tem­ber des Vor­jah­res gilt und eine Infla­ti­ons­ab­gel­tung für die seit­her ver­gan­gene Zeit dazu­ge­rech­net wird!“ Empö­rung rufen bei dem Kuri­en­ob­mann die Ver­su­che der SVA her­vor, die Ärz­te­schaft zu spal­ten: „Das ist eine Per­fi­die son­der­glei­chen, aber die SVA wird ihr Ziel damit nicht errei­chen.“ Even­tu­ell, so kon­ze­diert Schwe­nin­ger, wer­den „einige wenige ältere Kol­le­gen, die vor der Pen­sion ste­hen und sich ver­un­si­chern las­sen, auf die Lock­an­ge­bote ein­ge­hen. Die über­wie­gende Mehr­zahl aber sieht, dass es sich dabei um ein mehr als durch­sich­ti­ges Manö­ver han­delt, das den Ärz­ten ins­ge­samt scha­den soll“. Wenn die end­gül­tige Ent­schei­dung gefal­len und der ver­trags­freie Zustand nicht mehr abwend­bar ist, wird man in Ober­ös­ter­reich die Pati­en­ten über die Hin­ter­gründe auf­klä­ren. Schwe­nin­ger: „Wir wer­den sie alle gründ­lich und ein­ge­hend infor­mie­ren, schließ­lich sind es ja nicht so viele.“

„Die Ärzte las­sen sich nicht für dumm ver­kau­fen!“, heißt es im Ländle, wo Kuri­en­ob­mann Michael Jonas im Ange­bot der SVA, Ein­zel­ver­träge zu schlie­ßen, einen „glat­ten Rechts­bruch“ sieht: „Da müsste die Auf­sichts­be­hörde ein­schrei­ten!“ Der Unmut in Vor­arl­berg ist, so wie in den ande­ren Bun­des­län­dern, jeden­falls zum Grei­fen. Ver­är­gert sind die Ärzte vor allem über die Dis­kre­panz zwi­schen der Selbst­dar­stel­lung der SVA und der Rea­li­tät, sagt Jonas: „Die Ver­si­che­rung wirbt mit dem Slo­gan ‚Gute Part­ner­schaft ist uns wich­tig’. Aber das ist doch nichts ande­res als eine Ver­höh­nung der Ärz­te­schaft. Von Part­ner­schaft kann man ja wirk­lich nicht reden, wenn wir sie­ben Jahre auf eine Valo­ri­sie­rung der Hono­rare war­ten, dann end­lich eine Eini­gung erzie­len – und die prompt nicht ein­ge­hal­ten wird.“

In Vor­arl­berg ist jeden­falls eine breite Infor­ma­ti­ons- und Auf­klä­rungs­kam­pa­gne bei der Ärz­te­schaft und in wei­te­rer Folge auch bei den Pati­en­ten vor­ge­se­hen. Bei sei­nen Kol­le­gen rech­net der Kuri­en­ob­mann mit einer Welle der Soli­da­ri­tät, an der die Quer­schüsse der SVA wir­kungs­los abpral­len wer­den: „Ich wage die Pro­gnose: Min­des­tens 80 Pro­zent der Ärzte wer­den auf die Schal­mei­en­töne nicht her­ein­fal­len, son­dern kon­se­quent blei­ben.“

Zitate

„Kei­ner sagt uns, dass wir nach­ge­ben sol­len, son­dern alle mei­nen: hart blei­ben!“
Wal­ter Arn­ber­ger, Salzburg

„Es soll sich kei­ner zu Tode fürch­ten, wenn es kei­nen Ver­trag gibt.“
Milan Korn­feind, Burgenland

„Die Front in Kärn­ten steht, wenn man das so mar­tia­lisch sagen darf!“
Gert Wie­gele, Kärn­ten

„Es reicht, so kann man mit uns nicht umge­hen.“

Momen Radi, Tirol

„Die Lock­an­ge­bot sind eine Per­fi­die son­der­glei­chen, aber die SVA wird ihr Ziel damit nicht errei­chen.“
Oskar Schwe­nin­ger, Oberösterreich

„Das Ange­bot der SVA, Ein­zel­ver­träge zu schlie­ßen, ist ein kla­rer Rechts­bruch. Da müsste die Auf­sichts­be­hörde ein­schrei­ten.“
Michael Jonas, Vor­arl­berg

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 9 /​10.05.2010