Spitalsarzt in Vorarlberg: Alles, nur kein Traumberuf?

10.02.2010 | Politik


Alles, nur kein Traumberuf?

Die Vorarlberger Spitalsärzte fühlen sich von der Politik „im Regen stehen gelassen“. Die Situation ist misslich, die dringend notwendigen Strukturreformen zur Behebung der Misere lassen aber nach wie vor auf sich warten. Von Ruth Mayrhofer

Spitalsärzte flüchten aus dem Ländle“ titelte die Tageszeitung „Der Standard“ recht dramatisch am 22. September 2009. Bedauerlicherweise handelt es sich hierbei nicht um journalistische Übertreibung, sondern um eine Realität, die dem Vorarlberger Gesundheitswesen gemeinsam mit anderen strukturellen Problemen schon jetzt wirklich ernsthafte Probleme bereitet. Auch die Patienten könnten in Zukunft merklich davon betroffen sein. Allein: Auf der politischen Agenda rangieren notwendige Maßnahmen zur Kurskorrektur jedoch offenbar nicht gerade im vordersten Teil der Prioritätenliste (siehe dazu auch das Interview mit Landesstatthalter Markus Wallner auf Seite 18)

Vor allem drei Themen sind es, die der Vorarlberger Ärztekammer (und natürlich den betroffenen Ärzten) zu schaffen machen: Erstens geht es um den Fachärztemangel, zweitens um den Fakt, dass offene Stellen kaum nachbesetzt werden können, und drittens darum, dass sich die Arbeitsbedingungen und Strukturen in den Spitälern und für die Spitäler drastisch ändern werden müssen, will man der Attraktivität des Berufes neuerlich Leben einhauchen und eine bestmögliche Versorgung der Bevölkerung sicherstellen.

„Nachwuchs“ bleibt aus

Tatsache ist jedenfalls, dass das Alter der Spitalsärzte in Vorarlberg rund um 50 Jahre liegt. Auf der Hand liegt daher die Frage, wie diese Personen, die in nächster Zeit in den Ruhestand treten werden, ersetzt werden können. Ärzte aus Deutschland, die jahrelang in den Vorarlberger Spitälern „ausgeholfen“ haben, gehen vermehrt in ihre Heimat zurück. Auf Stellenausschreibungen gibt es wenig bis keine Resonanz.

Der Landesrechnungshof wurde schon vor einiger Zeit aufgefordert, die Situation in diesem Bereich in Vorarlberg zu durchleuchten. Damit soll auch versucht werden, die Arbeitssituation der Spitalsärzte im Vergleich zu anderen Beschäftigten zu erfassen und faire Vergleiche österreichweit anzustellen. Ergebnisse stehen noch aus.

Vor den Kopf gestoßen

Mittlerweile wurde im Auftrag von Landesstatthalter Wallner die Krankenhausbetriebsgesellschaft KHBG beauftragt, die Themen „ältere Spitalsärzte“ (ab 50 Jahre) sowie die Anrechnung von Vordienstzeiten in einer Arbeitsgruppe zu bearbeiten. Bessere Arbeitsbedingungen für ältere Spitalsärzte tun dringend not – Stichworte: Arbeitsüberlastung bis hin zum Burnout. Nicht zu trennen sind dabei nicht nur bei der Personengruppe „50+“ natürlich auch Fragen rund ums Salär. Landeshauptmann Herbert Sausgruber hatte erst Ende 2009 viele Spitalsärzte vor den Kopf gestoßen, als er festhielt, dass „aus budgetären Gründen“ auf absehbare Zeit an den derzeitigen Grundgehältern nicht zu rütteln sei.

Aus Statistiken der KHBG ist ersichtlich, dass die Ausgaben im Rechnungsabschluss 2008 gegenüber dem Voranschlag 2009 um 15 Prozent gestiegen sind, die Einnahmensteigerungen aber wesentlich geringer ausfallen. Im selben Zeitraum war bei den Personalkosten ein Plus von 8,1 Prozent zu verzeichnen. Obwohl 38,65 neue Dienstposten und 2,5 Turnus-Stellen geschaffen wurden, leiden die Spitalsärzte nach wie vor unter einer hohen Überstundenbelastung. Diese Überstunden werden häufig zudem erst auf Nachfrage der Ärzte und nicht automatisch – also nicht gesetzeskonform abgerechnet, weil in den meisten Spitälern noch immer moderne Zeiterfassungssysteme fehlen.  

Viele „Reformen“, wenig Wirkung

Bislang eingeleitete Strukturreformen bei Krankenhaus-Standorten und damit einhergehende Übersiedlungen, Zusammenlegungen oder Schließungen von Abteilungen zeigen kaum Wirkung. Damit gerät aber auch die Versorgungssituation der Patienten in eine gewisse Schieflage. Genauso im Fokus der Kritik stehen die Auslastungszahlen einzelner Krankenhäuser: Im LKH Bludenz etwa betrug diese im ersten Halbjahr 2009 lediglich 66 Prozent.

Auf den Punkt gebracht

Diese „Mängelliste“ ließe sich noch fortsetzen. Was bedeutet dies alles aber in letzter Konsequenz? Kurienobmann Walla bringt es auf den Punkt: „Wir kennen diese Entwicklung aus Deutschland. Erst nachdem die Unruhen im Spitalsbereich übergroß wurden, haben die deutschen Politiker dort die Anliegen und Forderungen der Spitalsärzte gehört und reagiert. Es liegt in der Hand der Landespolitik, Vorarlberg einen solchen Weg zu ersparen.“ 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2010