Spi­tals­ärzte in Wien: End­lich kor­rekte Arbeitszeiten

25.02.2010 | Politik

In prak­tisch allen Bun­des­län­dern müs­sen Spi­tals­ärzte über­lange Arbeits­zei­ten in Kauf neh­men, weil sonst die medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung gefähr­det wäre. In der Bun­des­haupt­stadt ist das nicht anders, aber die Situa­tion hat sich etwas gebes­sert. Von Kurt Markaritzer 

Wir kön­nen heute fest­stel­len, dass in Wien die Vor­ga­ben des Kran­ken­an­stal­ten-Arbeits­zeit­ge­set­zes weit­ge­hend ein­ge­hal­ten wer­den“, kon­sta­tiert der Kuri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte in Wien, Univ. Prof. Tho­mas Sze­ke­res. Das war spe­zi­ell an der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien nicht immer der Fall, wo Mitte des Vor­jah­res eine Stu­die für hit­zige Dis­kus­sio­nen sorgte, wonach im Wie­ner AKH 150 Ärz­tin­nen und Ärzte fehl­ten. Die Folge: eine bedenk­li­che zeit­li­che Über­be­an­spru­chung des ärzt­li­chen Per­so­nals. „In den ande­ren Spi­tä­lern des Kran­ken­an­stal­ten­ver­bun­des hat es mit der Ein­hal­tung der gesetz­li­chen Bestim­mun­gen zur Arbeits­zeit wenig Pro­bleme gege­ben, aber am AKH war die Situa­tion unhalt­bar. Wir haben des­halb mit Betriebs­ver­samm­lun­gen und Infor­ma­ti­ons­kam­pa­gnen Druck gemacht, um die Poli­tik zum Han­deln zu bewe­gen“, erin­nert sich Szekeres. 

Die Bemü­hun­gen hat­ten Erfolg. Im Novem­ber des Vor­jah­res wurde zwi­schen der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien und dem Wis­sen­schafts­mi­nis­te­rium eine Leis­tungs­ver­ein­ba­rung für die Jahre 2010 bis 2012 abge­schlos­sen. Damit ist es mög­lich, die Zahl der Ärz­te­stel­len an jenen Kli­ni­ken zu erhö­hen, an denen es Pro­bleme mit der Ein­hal­tung des Kran­ken­an­stal­ten-Arbeits­zeit­ge­set­zes gege­ben hat. Kurz vor Jah­res­wech­sel wurde dann auch die Arbeits­zeit­ver­ein­ba­rung an der Med­Uni Wien ver­län­gert. Sze­ke­res: „Darin ist fest­ge­hal­ten, dass die wöchent­li­che Höchst­ar­beits­zeit inner­halb eines Durch­rech­nungs­zeit­raums im Durch­schnitt maximal 60 Stun­den betra­gen darf. In ein­zel­nen Wochen des Durch­rech­nungs­zeit­raums ist die maxi­male Dauer mit 72 Stun­den begrenzt.“ 

Mit der Ein­hal­tung der gesetz­li­chen Arbeits­zei­ten wird in Zukunft zumin­dest eine gewisse Erleich­te­rung geschaf­fen, wei­tere Ver­bes­se­run­gen sind aber wegen der stei­gen­den Pati­en­ten­zah­len und der zuneh­men­den Ambu­lanz­be­su­che nötig. Vor allem ältere Ärzte kämp­fen unter die­sen Bedin­gun­gen oft selbst mit gesund­heit­li­chen Pro­ble­men. Für sie sollte man Mög­lich­kei­ten schaf­fen, die Zahl der Dienste zu redu­zie­ren. Sze­ke­res: „Der Kran­ken­an­stal­ten­ver­bund hat das Pro­blem erkannt und wir hof­fen, dass es gemein­sam gelingt, trag­fä­hige Lösun­gen zu erarbeiten.“ 

Eine Ent­las­tung der Ärz­te­schaft ist auch auf einem ande­ren Gebiet das Gebot der Stunde: bei einem Abbau der über­bor­den­den Admi­nis­tra­tion, mit der sich aus­ge­bil­dete Medi­zi­ner her­um­schla­gen müs­sen. Sze­ke­res: „Es ist keine Sel­ten­heit, dass Ärzte am Com­pu­ter sit­zen und ihre Briefe selbst tip­pen. Das könnte eine gute Sekre­tä­rin viel bes­ser – und in der so gewon­ne­nen Zeit kann der Arzt das tun, wofür er da ist, näm­lich sich um die Pati­en­ten kümmern!“ 

Anders als vor allem in den west­li­chen Bun­des­län­dern gibt es in Wien noch kei­nen Man­gel an Spi­tals-Ärz­ten. Die ers­ten Warn­zei­chen sind aber nicht zu über­se­hen, sagt Sze­ke­res: „Wien ist eine attrak­tive Stadt, da arbei­ten Ärzte gerne. Aber in ein­zel­nen Fächern, die weni­ger beliebt sind, merkt man bereits, dass die Zahl der Bewer­ber um eine Stelle deut­lich zurückgeht.“ 

Die Situa­tion wird sich aber in abseh­ba­rer Zeit ver­schär­fen, befürch­tet der Kuri­en­ob­mann. Das hängt mit der Alters­struk­tur der Wie­ner Spi­tals­ärzte zusam­men, bei denen der Anteil der 45- bis 55-jäh­ri­gen Fach­ärzte beson­ders groß ist. Sze­ke­res: „Spä­tes­tens in zehn Jah­ren wird eine große Pen­sio­nie­rungs­welle ein­set­zen und dann wird der Bedarf an neuen Ärz­ten deut­lich stei­gen. Sie zu bekom­men wird aber nicht ein­fach sein: Die Jugend ist mobi­ler gewor­den, viele ten­die­ren ins Aus­land – da muss man recht­zei­tig dar­auf ach­ten, dass genü­gend Medi­zi­ner aus­ge­bil­det wer­den!“ Was heißt recht­zei­tig? Sze­ke­res dar­auf: „Jetzt! Schließ­lich dau­ert die Aus­bil­dung eines Fach­arz­tes zwölf Jahre. Da kann man sich keine Ver­zö­ge­run­gen leisten.“ 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 4 /​25.02.2010