neu & aktu­ell: Poli­ti­sche Kurzmeldungen

25.03.2010 | Politik


Afrika: große Polio-Impfaktion 

Eine groß­an­ge­legte Impf­ak­tion zum Schutz von 85 Mil­lio­nen Kin­dern vor Polio hat im Wes­ten des afri­ka­ni­schen Kon­ti­nents begon­nen. Mehr als 400.000 Frei­wil­lige neh­men an der Aktion in 19 Län­dern teil, die mit rund zwan­zig Mil­lio­nen Euro von der Orga­ni­sa­tion Rotary Inter­na­tio­nal finan­ziert wird. In neun afri­ka­ni­schen Staa­ten gibt es aktu­ell noch Erkran­kun­gen an Polio. 

Deutsch­land: Kon­zern will mehr Genkartoffeln 

Nach der Zustim­mung der EU-Kom­mis­sion zum Anbau der umstrit­te­nen Gen-Kar­tof­fel „Amflora“ will der Che­mie­kon­zern BASF die Zulas­sung für zwei wei­tere Gen-Kar­tof­feln bean­tra­gen. „Amflora“ und ihre Nach­fol­ge­rin bil­den nur Amy­lo­pek­tin-Stärke, die für indus­tri­elle Anwen­dun­gen – etwa bei der Her­stel­lung von Papier – von Vor­teil ist. In Öster­reich soll es ein natio­na­les Anbau­ver­bot für „Amflora“ geben. 

Schwe­den: Ver­seuch­tes Heroin 

Die Poli­zei in Malmö befürch­tet, dass mit Milz­brand-Erre­gern ver­seuch­tes Heroin den Tod von min­des­tens drei Hero­in­süch­ti­gen ver­ur­sacht hat. Das Gift hat in Schott­land schon zehn Todes­op­fer gefor­dert, auch in Deutsch­land dürfte ein Todes­fall mit kon­ta­mi­nier­tem Heroin zusam­men­hän­gen. Die töd­li­chen Erre­ger dürf­ten durch den Trans­port in Tier­kör­pern oder ‑häu­ten in das Heroin gelangt sein. 


Mosam­bik: Cholera-Ausbruch 

In Mosam­bik sind in die­sem Jahr schon 36 Men­schen an der Cho­lera gestor­ben und mehr als 1.000 erkrankt. Betrof­fen von der hoch­an­ste­cken­den bak­te­ri­el­len Infek­tion ist beson­ders der Nor­den und die Mitte des Lan­des. Für dra­ma­ti­sche und gewalt­tä­tige Unru­hen sor­gen Gerüchte, wonach die Mit­ar­bei­ter des Gesund­heits­diens­tes die Cho­lera ver­brei­ten statt sie zu bekämpfen.


HIV-Test im Mut­ter-Kind-Pass

Das Gesund­heits­mi­nis­te­rium hat jetzt in einem Schrei­ben an die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer bestä­tigt, dass die Ein­wil­li­gung in die Durch­füh­rung der Mut­ter-Kind-Pass-Unter­su­chung alle im Unter­su­chungs­pro­gramm vor­ge­se­he­nen Unter­su­chun­gen umfasst. Das bedeu­tet, dass für den HIV-Test im Rah­men der Unter­su­chun­gen keine geson­derte Ein­wil­li­gung benö­tigt wird. Der HIV-Test bei der Erst­un­ter­su­chung im Rah­men der Labor­un­ter­su­chung bis Ende der 16. Schwan­ger­schafts­wo­che wurde heuer neu in das Unter­su­chungs­pro­gramm aufgenommen.

Rauch­ver­bot: Stö­ger schal­tet auf Härte 

Eine inten­si­vere Über­prü­fung der Ein­hal­tung des Rauch­ver­bots in der Gas­tro­no­mie soll laut Gesund­heits­mi­nis­ter Alois Stö­ger mit 1. Juli die­ses Jah­res ein­set­zen, wenn die Über­gangs­frist für Umbau­ten abge­lau­fen ist. Bis dahin müs­sen Rau­cher­räume abge­trennt sein, diese Frist wird trotz Drän­gen der Gas­tro­no­mie nicht ver­län­gert. ÖÄK-Prä­si­dent Wal­ter Dor­ner begrüßte diese Ent­schei­dung des Gesund­heits­mi­nis­ters, der bei Nicht-Ein­hal­tung des Geset­zes ange­kün­digt hatte, ein gene­rel­les Rauch­ver­bot zu ver­hän­gen. Dor­ner: „Ich gra­tu­liere dem Minis­ter zu dem muti­gen Ent­schluss. Es ist Zeit, beim Nicht­rau­cher­schutz rei­nen Tisch zu machen.“ Der Euro­päi­sche Gerichts­hof hat mitt­ler­weile den 2006 beschlos­se­nen Min­dest­preis von der­zeit 3,45 Euro für eine Schach­tel Ziga­ret­ten zu Fall gebracht. Mit den Min­dest­prei­sen sei gegen eine EU-Richt­li­nie für Ver­brauchs­steu­ern auf Tabak­wa­ren ver­sto­ßen wor­den, kri­ti­sierte der EuGH. Frank­reich und Irland wur­den in der­sel­ben Causa ver­ur­teilt. Zu einer Ver­bil­li­gung der Ziga­ret­ten dürfte es den­noch nicht kom­men, weil mit einer Erhö­hung der Tabak­steuer zu rech­nen ist.

Spi­tals­me­di­ka­mente unter der Lupe 

Die Nut­zung und Ver­tei­lung von Arz­nei­mit­teln in den Spi­tä­lern soll jetzt in 35 Staa­ten mit einem Netz­werk-Pro­gramm unter­sucht wer­den, das maß­geb­lich von Exper­ten der Gesund­heit Öster­reich GmbH (GÖG) auf euro­päi­scher Ebene orga­ni­siert wird. Ziel ist die Klä­rung ver­schie­de­ner Fra­gen wie zum Bei­spiel, wel­che Arz­nei­mit­tel zu wel­chem Preis die Kran­ken­häu­ser kau­fen oder wie das Bestell­sys­tem abläuft. Die Unter­schiede von Land zu Land sind jeden­falls enorm, haben Vor­stu­dien gezeigt. So hat Nor­we­gen mit 7,6 Pro­zent den nied­rigs­ten Anteil von Arz­nei­mit­teln an den Gesund­heits­aus­ga­ben in Europa. In den ande­ren west­eu­ro­päi­schen Staa­ten sind es meist um die 15 Pro­zent. In Öster­reich wird seit Jah­ren gefor­dert, dass nach Mög­lich­keit die Ver­schrei­bung von Arz­nei­mit­teln im Spi­tal an die Gege­ben­hei­ten in der nie­der­ge­las­se­nen Pra­xis ange­gli­chen wird. Bis­her ist das nur zu einem gerin­gen Teil geglückt.

Leit­li­nien für Ster­be­hilfe in Großbritannien 

Neue Leit­li­nien für die juris­ti­sche Bewer­tung von Ster­be­hilfe hat Groß­bri­tan­nien ent­wi­ckelt. Nicht das unheil­bar kranke Opfer von Ster­be­hilfe, son­dern die Moti­va­tion des Selbst­mord­hel­fers steht dabei im Mit­tel­punkt. Keine straf­recht­li­chen Kon­se­quen­zen gibt es für Fami­li­en­an­ge­hö­rige, die einem Opfer, das sich deut­lich und frei­wil­lig für einen Selbst­mord ent­schei­det, bei des­sen Aus­füh­rung hel­fen. Eine Ver­fol­gung durch die Jus­tiz ist auch dann unwahr­schein­lich, wenn der Ver­däch­tige nur aus Mit­leid han­delte und die Ster­be­hilfe als Hilfe und Unter­stüt­zung des unheil­bar Kran­ken ange­se­hen wer­den kann. Bei min­der­jäh­ri­gen Opfern oder wenn der Täter von der Ster­be­hilfe pro­fi­tierte oder gar dafür bezahlt wurde, wer­den Gerichts­ver­fah­ren ein­ge­lei­tet, auch gegen hel­fende Ärzte. In Groß­bri­tan­nien ist Ster­be­hilfe ver­bo­ten; viele Tod­kranke rei­sen daher in die Schweiz, wo sie erlaubt ist.


Vor­rats­da­ten­spei­che­rung: in Deutsch­land unzulässig 

Die Mas­sen­spei­che­rung von Tele­fon- und Inter­net­da­ten zur Straf­ver­fol­gung ist in Deutsch­land vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt für ver­fas­sungs­wid­rig erklärt wor­den. Die Höchst­rich­ter ord­ne­ten an, die erho­be­nen Daten seien unver­züg­lich zu löschen. Erfasst wur­den etwa Tele­fon­num­mern von Anru­fer und Ange­ru­fe­nem, Uhr­zeit und Dauer der Gesprä­che, bei Mobil­funk­ge­sprä­chen auch die Orte der jewei­li­gen Gesprächs­teil­neh­mer, die E‑Mail- und IP-Adres­sen von Sen­dern und Emp­fän­gern sowie die Ver­bin­dungs­da­ten bei der Nut­zung des Inter­nets. Am Tag nach der Ent­schei­dung haben die deut­schen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zerne mit der Löschung von rie­si­gen Daten­men­gen begon­nen. Ins­ge­samt müs­sen allein beim größ­ten deut­schen Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zern 19 Tera­byte an Daten ver­nich­tet wer­den. Das ent­spricht 4,85 Mil­li­ar­den DIN-A4-Sei­ten. Die Rege­lun­gen zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung waren seit Jän­ner 2008 in Kraft. Der öster­rei­chi­sche Daten­schutz­rat begrüßt das deut­sche Urteil zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung. Die Beschrän­kung der Daten­ver­wen­dung durch das dor­tige Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zeige, dass der öster­rei­chi­sche Weg der Min­dest­um­set­zung der EU-Richt­li­nie rich­tig gewe­sen sei.

Nie­der­ös­ter­reich: DMP Dia­be­tes wird fortgesetzt 

Dass das Dise­ase Manage­ment Pro­gramm Dia­be­tes in Nie­der­ös­ter­reich nun doch fort­ge­setzt wird, ist allein dem Ver­hand­lungs­ge­schick des nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Kuri­en­ob­manns Hans Jäger zu ver­dan­ken. Das betonte der Kuri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte, Gün­ther Waw­row­sky, ange­sichts der nun doch erfolg­ten Eini­gung. Noch im Sep­tem­ber 2009 hatte sich der Vor­stand der Ärz­te­kam­mer Nie­der­ös­ter­reich gegen eine Fort­füh­rung des Pro­jekts aus­ge­spro­chen. Der Wei­ter­be­stand des Dise­ase Manage­ment Pro­gramms Dia­be­tes in Nie­der­ös­ter­reich sei jeden­falls im Inter­esse der Pati­en­ten­ver­sor­gung und dar­über hin­aus „wer­den auch die Inter­es­sen der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen gewahrt“, betont Jäger abschließend.

Medi­zin-Uni­ver­si­tät in Linz: Land­tag ein­hel­lig dafür 

Eine „gemein­same Erklä­rung aller Frak­tio­nen“ hat erst mal der ober­ös­ter­rei­chi­sche Land­tag Anfang März ver­ab­schie­det. Einig­keit herrscht bei allen darin, dass in Linz eine Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät errich­tet wird. Die Bun­des­re­gie­rung und das Par­la­ment wer­den auf­ge­for­dert, mög­lichst bald eine posi­tive Grund­satz­ent­schei­dung zu tref­fen und ent­spre­chende Maß­nah­men zu set­zen. Als „grob fahr­läs­sig“ bezeich­net der ober­ös­ter­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer­prä­si­dent Peter Nie­der­mo­ser die abwar­tende Posi­tion des Wis­sen­schafts­mi­nis­te­ri­ums bei der Schaf­fung von zusätz­li­chen Medi­zin-Stu­di­en­plät­zen. Die Kos­ten für eine Medi­zi­ni­sche Uni­ver­si­tät wer­den für die ers­ten zehn Jahre auf rund 170 Mil­lio­nen Euro geschätzt.

Hit­zi­ger Dis­put um Kran­ken­haus Wien-Nord 

Die Oppo­si­tion im Wie­ner Rat­haus lässt kein gutes Haar an der Ent­schei­dung des Kran­ken­an­stal­ten­ver­bun­des (KAV), das Grund­stück für die Errich­tung des Kran­ken­hau­ses Nord in Flo­rids­dorf von den ÖBB um ins­ge­samt 33 Mil­lio­nen Euro selbst zu kau­fen. ÖVP-Gesund­heits­spre­che­rin Ingrid Koro­sec spricht von „Pla­nungs­chaos“: Bei einem der größ­ten Inves­ti­ti­ons­pro­jekte Wiens schaffe es die Stadt nicht, Kos­ten und Zeit­plan in den Griff zu bekom­men. Die Gesund­heits­spre­che­rin der Grü­nen, Sig­rid Pilz, for­derte eine sofor­tige Neu­aus­schrei­bung der Bau­leis­tung für das Spi­tal. Nach Ansicht der FPÖ wird das Chaos um das Kran­ken­haus Nord immer grö­ßer. Gesund­heits­spre­cher Gerald Ebin­ger: „Anschei­nend kann in die­ser Causa nicht ein­mal annä­hernd jemand abschät­zen, wie kos­ten­in­ten­siv der Bau des Kran­ken­hau­ses tat­säch­lich aus­fal­len wird.“ Laut KAV-Chef Wil­helm Mar­hold sol­len die ers­ten Arbei­ten für das neue Kran­ken­haus noch heuer beginnen.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2010