Leser­brief

25.03.2010 | Politik

Zum Stand­punkt von Vize­prä­si­dent Harald Mayer, der in der ÖÄZ vom 25. Jän­ner 2010 erschie­nen ist, haben wir fol­gende Reak­tion erhalten:

Sehr geehr­ter Herr Dr. Mayer! 

Ich danke Ihnen für Ihren Leit­ar­ti­kel in der „Öster­rei­chi­schen Ärz­te­zei­tung“ vom 25. Jän­ner 2010, denn Sie spre­chen mir aus der Seele. Es ist hoch an der Zeit, dass sich an der Situa­tion der Nacht­dienst­be­las­tung der Spi­tals­ärzte etwas Ent­schei­den­des ändert. Ich weiß, wovon ich spre­che. Ich bin 57 Jahre alt und seit 1976 als Spi­tals­arzt fast aus­schließ­lich im Akut­be­reich tätig. Seit einem Jahr habe ich ein ande­res Arbeits­zeit­mo­dell, das mir ermög­licht, die Zahl der Nacht­dienste deut­lich zu redu­zie­ren – zuguns­ten einer län­ge­ren Tagespräsenz. 

Es sind Spi­tals­er­hal­ter und Ärzte glei­cher­ma­ßen gefor­dert, alter­na­tive Dienst­zeit­mo­delle zu ent­wi­ckeln, die bei­den Part­nern zugute kom­men: – Den Spi­tals­er­hal­tern, weil eine erwei­terte Vor­mit­tags­prä­senz der Ärzte ein­fach nicht mehr zeit­ge­mäß ist und viele Berei­che nicht mehr abge­deckt wer­den kön­nen. – Den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, denen es ermög­licht wird, gesund und mit Freude am Beruf auch im Spi­tal alt zu werden. 

Wider­stände kom­men von bei­den Sei­ten: – Die Kran­ken­haus­trä­ger fürch­ten eine Ver­teue­rung des Sys­tems, weil es der­zeit noch immer ein­fa­cher ist, eine Aus­wei­tung des Regel­be­trie­bes auf dem Rücken der jewei­li­gen Dienst­mann­schaf­ten zu errei­chen. – Die Ärz­tin­nen und Ärzte, weil man sich an den Betrieb und an die gele­gent­li­che Tages­frei­zeit gewöhnt hat und weil Ängste vor einem Ein­kom­mens­ver­lust bestehen, da die Gehalts­sys­teme nach wie vor auf der Ableis­tung einer gewis­sen Anzahl von Nacht­diens­ten auf­ge­baut sind. 

Wir Ärzte kön­nen uns aber nicht vor der Rea­li­tät ver­schlie­ßen. Die berufs­le­bens­lange Nacht­dienst­be­las­tung hin­ter­lässt ihre Spu­ren und kann auf man­chen Abtei­lun­gen eine Nega­tiv­spi­rale in Gang set­zen: Mehr Aus­fälle bedeu­ten mehr Belas­tung für die ver­blei­ben­den Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen und füh­ren wie­der zu neuen Ausfällen. 

Wol­len wir auf einen Zusam­men­bruch des Sys­tems warten? 

Dr. Man­fred Ber­ger
Oberarzt/​SMZ Ost-Wien 

Die Redak­tion behält sich Kür­zun­gen von Leser­brie­fen vor.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2010