Kommentar – Dr. Gert Wiegele: Der Hausarzt ohne Zukunft

10.11.2010 | Politik


Der Hausarzt der Zukunft

Der Hausarzt als Partner und als erste Ansprechperson, zu der der Patient geht, wenn er ein medizinisches Problem hat – das ist der Grundgedanke des von der Bundeskurie niedergelassene Ärzte entwickelten Hausarztmodells.

Der eine oder andere wird – berechtigterweise – die Frage stellen, ob ein solches Modell wirklich notwendig ist: Schließlich würde doch jeder Patient zuerst seinen Hausarzt aufsuchen, so die Meinung von vielen. Ein Blick in den Alltag unseres Gesundheitssystems zeigt uns, dass die Realität eine völlig andere ist: Da gibt es Patienten, die sich selbst von einem Facharzt zum nächsten zuweisen und sich letztendlich wundern, dass es doch einige Zeit dauert, bis die richtige Diagnose gestellt wird und nicht immer eine kontinuierliche Betreuung und Behandlung sichergestellt ist. Zurück bleiben frustrierte Patienten, die dann oft als letzten Ausweg die Spitalsambulanz aufsuchen – mit den bekannten Folgen: Völlig überlastete Ärzte und Ambulanzen, die die ständig steigenden Patientenströme nur noch mit Mühe bewältigen können.

Das Hausarztmodell – und vor allem dessen praktische Umsetzung – kann in vielerlei Hinsicht wieder mehr Ordnung ins System bringen: nämlich wenn Patienten bei Beschwerden tatsächlich zuerst ihren Hausarzt kontaktieren; wenn der Hausarzt die Überweisung zum Facharzt als notwendig und sinnvoll erachtet und erst als letzte Stufe in diesem System kommt die Spitalsambulanz.

Bei all diesen Überlegungen war uns ganz wichtig, dass die freie Arztwahl erhalten bleibt: Der Patient kann seinen Hausarzt immer wieder neu wählen; darüber hinaus bleiben dem Patienten auf jeden Fall zwei Fachärzte frei zugänglich.

Die Freiwilligkeit bei diesem Hausarztmodell wäre uns zwar am liebsten. Als gelernter Österreicher weiß ich jedoch, dass es zu wenig ist, sich allein darauf zu verlassen. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es für diejenigen, die einen Hausarzt als Zugang zum Gesundheitssystem wählen, finanzielle Anreize gibt. Dies kann so aussehen, dass es zu einer Reduktion der Selbstbehalte wie zum Beispiel bei der REGO kommt oder aber auch zu einer Verringerung des Sozialversicherungsbeitrags an sich.

Das Hausarztmodell ist medizinisch und auch ökonomisch sinnvoll. Nun ist es an der Politik, die entsprechenden Schritte zu setzen.

*) Dr. Gert Wiegele ist Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer Kärnten und stellvertretender Kurienobmann der Bundeskurie Niedergelassene Ärzte

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2010